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Hummer 17 
Internationale 5ummIer-1eitunej. 
Seite 259 
Die 5ammlungen des fDalers Ludwig Hans Fisrher. 
Von niorcell Zappler (Wien). 
k7)ur wenige non den oielen Hunderten, die täglich 
da draufjen in Reuwaldegg ihren Spaziergang 
machen, beachten nielleicht dasTar aus Schmiede 
eisen, das zu dem Hause in der Reuwaldegger- 
strafje Rr. 24 führt. IRan merkt es dem Bogen, 
in dem es eingebaut ist und dem Kronenschmuck 
mit den bronzenen Quasten an, daß es einmal 
einem anderen Zweck gedient habe. Es war 
das Tor der Kapelle, die am Glacis stand, an 
der Stelle, an der sich heute die Votiokirche 
erhebt. Gin schönes Werk Wiener Schmiedekunst 
aus dem XVII. Jahrhundert. Dieses Einlaßfar führt in das 
Villenhäuschen des IRalers Eudwig Hans fisch er, eines 
leidenschaftlichen Sammlers auf den oerschiedensten Ge 
bieten, oornehmlich aber auf prähistorischem Gebiete. 
Gin Zufall hat dem IRaler den Besiß dieses Ältmiener 
Denkmals oerschafft. Gr kaufte das Häuschen nach dem 
gewesenen Stadtrat Kranes, der dieses Baustück mit 
mehreren anderen erwarb, als das alte Zeughaus aufge 
lassen und die in ihm untergebrachten Sammlungen zum 
großen Teil in das neue städtische ERuseum hinüber 
genommen wurden. Wenn man unter der mit dichtem 
Grün behängten Terrasse und durch den Hausflur nach 
rückwärts in den Garten tritt, steht man oor einem mäch 
tigen, dunkelgrünen Eaternenpfahl, auf den eine große Gas 
laterne aufgesetzt ist. Gr stand einst auf dem Hof gegen 
über dem Kriegsministerium, und an ihn wurde am 
6. Oktober 1848 Kriegsminister Eatan r gehängt, nachdem 
das ITlinisteriitm oon den Reoolutionären gestürmt und 
der minister ermordet worden war. Damals saß eine kleine 
Öllampe auf dem Pfahl, die abends hinter fahlgelben Gläsern 
brannte, die aber wurden oon den Soldaten des Bruders des 
ermordeten Kriegsministers zerschlagen und in ihren ein 
zelnen Stücken und Splittern zum Andenken mitgenommen. 
Seither wollte man diesen Eaternenpfahl an den oer- 
schiedensten Orten miedergefunden haben, und erst kürz 
lich tauchte die Rachricht auf, dal] er sich in Eaibach 
befinden soll. Rleisterfischer aber glaubt an die historische 
Echtheit seines Pfahls, wenngleich dafür keine schriftliche, 
sondern nur die mündliche Überlieferung unter den Ein 
wohnern Reuwaldeggs zeugt. 
Im Garten ist eine RJadonna aufgestellt, die lange 
im Zeughaus behütet wurde und oon der die Sage geht, 
daß sie das einzige Heiligenstandbild auf freiem Platte 
war, das in den Tagen der Wiener Reoolution im Jahre 
1848 oom Kugelregen oerschont blieb. Steigt man zum 
Wald hinauf, dann stöfjt man auf ein Eusthaus, das im 
alten Wien als JTUisikpaoillon im „Paradiesgartl“ stand. 
Als bischer in den Besilg des Häuschens gelangte, übernahm 
er mit diesen historischen Denkmälern auch die alte 
St. Johannes oon Repomuk-Kapelle, die früher auf der 
hohen Brücke stand, die über den tiefen Graben durch die 
Wipplingersfraße führte. Christian August, Herzog zu 
Sachsen-feiß, Bischof oon Raab, lief) sie im Jahre 1732 
hier errichten. Als im Jahre 1858 die baufällig gewordene 
Brücke umgebaut werden sollte, entfernte man die längst zum 
Verkehrshindernis gewordene Kapelle, ohne für sie einen 
anderen geeigneten Sfandplaß zu suchen. Damals nahm 
sie Stadtraf Kranes an sich und stellte sie in seinem Garten 
auf. Dort fand sie lllaler fischer bei der Hausübernahme, 
oon Schlingpflanzen dicht umwachsen. Da der neue Haus 
herr für sie keine Verwendung wußte, trat er sie bald 
nachher an den Erzherzog Eugen ab, der sie als Brunnen 
haus auf dem Hofe eines seiner Schlösser in malerischer 
Umrahmung aufstellen ließ. 
Die prähistorischen Sammlungen, in Vitrinen und in 
kleinen Schubfächern sorgfältig untergebracht, hat Ascher 
teils auf seinen zahlreichen Reisen auf klassischem Boden 
erworben, teils durch eigene Ausgrabungen erlangt, mit 
Vielen feilt Ascher die Ansicht, dafj das für den Sammler 
oon größtem Werte ist, was er selbst an Ort und 
Stelle gefunden hat; was durch Händler und Auktionen 
oon einer Hand in die andere gelangt, wird manchmal 
schon dadurch wertlos, daß dessen Prooenienz nicht mehr 
nachzuweisen ist. So kann eine primitioe Keramik an 
und für sich sehr interessant erscheinen, wenn man aber 
ihren Ursprung nicht kennt, bleibt sie wertlos, für die 
Wissenschaft ist natürlich immer das das Wertoollste, was 
durch systematische Ausgrabungen gewonnen wurde. 
Auf dem Gebiete der Prähistorik hat Ascher nicht 
nur an Ausgrabungen teilgenommen, sondern solche auch 
selbständig durchgeführt. Er hatte auch die Genugtuung, 
fundsteilen, wie z. B. eine paläolitische in Aggsbach 
(Riederösterreich) und eine neolitische innerhalb der Grenzen 
oon Wien selbst zu entdecken, die oon besonderer Be 
deutung wurden. Die fundobjekte aus diesen Ausgrabungen 
wurden dem Hofmuseum einoerleibt. 
Was der Künstler in seinem Besitj uerwahrt, sind 
hauptsächlich zwei Sammlungen: Die eine umfafjt glasierte 
Gefäße aus der späteren Römer- und aus der Völker 
wanderungszeit; die andere Emails aus diesen Zeiten. 
Die übrigen Objekte sind, aufjer einer ziemlich reichhaltigen 
ägyptischen Sammlung, Ginzelstücke, welche sich teils 
durch besonderen wissenschaftlichen Wert, teils durch 
Schönheit auszeichnen. Es sind griechische und römische 
Bronzen, ITlarmorstücke und Terrakotten. Da ist unter 
anderem eine griechische Bronzestatuette, die Karikatur 
eines alten ITlannes aus fajoum, und aus demselben 
fundort eine Klithia, eine weibliche Büste, aus Blättern 
herauswachsend. Aus der Donau bei Prefjburg wurde 
ein ITlerkur ausgebaggert, der aus einem Schafferklumpen 
mühsam herausgearbeifet werden mußte. Er dürfte durch 
die Donau oom Karnuntum bis Preßburg getrieben worden 
sein. Aus Komorn stammt eine Pallas Athene, eine an 
dere griechische Büste aus Ägypten, eine dritte aus der 
Umgebung oon Rom (etruskisch). Unter den RJarmorsfücken 
befindet sich ein schöner, kleiner, römischer Torso, ein 
Teil eines Sarkophages, der eine flufjgöttin darsfellt, 
JRanche schöne Stücke, wie ein Relief mit Seetieren, sind 
im Garten aufgestellt und geschickt oerwendet, eines als 
Einfassung eines Bassins; andere größere Plastiken stehen 
in der Wohnung als Zierde: darunter ein schöner ITlädchen- 
kopf, den Rleister fischer in Rom durch Zufall um acht 
Eire erwarb. 
Unter den Terrakotten fallen einige Tanagrafigürchen 
und eine Kollektion kleiner Köpfchen oon besonderer Schön 
heit mit oft ganz eigentümlicher frisur auf. Geradezu 
meisterhaft in der Charakteristik ist der Kopf eines Reger 
knaben. Gin große Zahl oon griechischen und etruskischen 
Vasen sind da, eine darunter eine Pallas-Athene zu Pferde, 
eine außerordentlich seltene Darstellung,
	        
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