sein. Es handelt sich um Wesenszüge, die aus dem Persönlichkeitsgrund des
Künstlers wachsen. Heiterkeit gehört zu ihm, wie das Sehaudern, die Angst
vor der Unfaßbarkeit des Geschehens. Und immer wieder begibt er sich un-
mittelbar vor die Natur, um sie in seinen Gesichtcn zu verwandeln.
Das Thema der Versteinerungen tritt zum erstenmal 1944 auf („Versteinerter
Wald"). Noch ist der Krieg nicht zu Ende. Eis und Versteinerung können den
Schrecken, die Angst bedeuten. In einer Wüstenei mit Mondgebirgslandschaft
am Horizont stehen zersplitterte und gleichsam fossil gewordene Bäume, aus
denen Gliedmaßen ragen - Marterpfähle menschlicher Existenz. Ein Wesen
im Vordergrund, halb Frau, halb Frucht, ist vereist und verdorrt. Ein riesen-
hafter „Ruinenv0gel" (1945) lastet auf der zerstückten Stadt. Aus-
geglüht ist eine „Landschaft nach dem großen Brand" (1946). Die Gebirge
selber haben sich, wie die Figur im Vordergrund, in Fossilien verwan-
delt. Die rauschenden und dabei einfachen Rhythmen von „Im schwebenden
Gestein der Welle" leiten bereits zu dem monumentalen Lyrismus einer
späteren Periode über.
,.Lassct uns schwören im Schlaf" (1947), diese Darstellung einer steinernen
geballten Faust, die ein Gesicht wird, eine „AugenfausW (Paul Celan), diese
Schwurfingerszene von allergrößtem Ausmaß, welche sich denkmalhaft em-
porreckt inmitten der Gebirgsdandschaft, ist ein Traummonument, eine
Verheißung und Verklärung des Siegers der irrationalen Seelenkräfte, denen
jene, wie die Surrealisten alle, sich im besonderen verbunden fühlt. Hekate,
die Unterweltsgöttin, Göttin des Dunkcls, Tochter des Tartaros und
der Nacht, regiert. Der „Trinitat" Kunst-Liebe-Freiheit wird ein Mahn-
blatt gezeichnet (1946).
Lyrisch war der Charakter der Malerei jenes von allem Anfang an. „Diese
lyrischen, lächelnden, paradoxen, manchmal auch bedrückenden, immer aber
ganz und gar unirdischen Dinger, Halluzinationen, Erhebungen, Überlegungen
in Grau-Blau-Perlmutter-Weiß" (und Ocker-Erdhraun-Indischrot) preist Otto
Basil, zu dessen Gedichtband „Freund des Orients" (Wien 1940) Edgar jene
vier lichte, klare Holzschnitte beigesteuert hat. Der blendende Zeichner jene
tritt unter andern mit der Folge von acht Originallithographien in Paul Celans
„Edgar jene - Der Traum vom Traume" in Erscheinung (Wien 1948).
Einen „ganz und gar malerischen Maler" hat Paul Westheim den Künstler bei
allen seinen zeichnerischen Gaben genannt. Seit 1950 ist jenes Form sehr viel
großzügiger, einfacher geworden. Die malerische Sprache wurde dichter,
eindringlicher und zugleich geheimnisreicher. Die Poesie der Bilder hat
eine Tiefe erreicht, die sie nie vorher hatte, die schöpferische Methode eine
Konzentration und Unmittelbarkeit, ganz frei von jeglicher „literarischen"
Überlegung.
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