MAK
Rümmer 19 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Seite 297 
Chronik. 
Rutographen. 
(Von der Condoner flutographenbärse.) ln England 
hat der Autographenhandel einen derartigen Aufschwung genom 
men, daß fast jede Woche Kataloge erscheinen, in denen Briefe 
mehr oder minder berühmter Zeitgenossen ausgeboten meiden. 
Wenn man sich einen solchen Katalog ansieht, so wird man ein 
buchen nachdenklich gestimmt, denn man findet, daß Berühmtheit 
in unseren Tagen nicht allzu hoch bemertet roird. Der Herr, der 
gegenwärtig in England den stolzen Hamen „poeta laureatus“ 
führt, ist auf der flutographenbärse recht wenig wert: für 5 111k. 
und 50 Pf. kann man ein halbes Duzend seiner Briefe haben - 
das macht pro Stück nicht einmal 60 Pf.! Der Theaterkritiker 
Archer steht hoher im Preise; seine brieflichen Crgüsse kosten 
durchschnittlich 1.50 111k. Van dem Philosophen Augustin Birrel 
kann man Briefe zu 2 111k. pro Stück haben; genau so hoch werden 
die Briefe eines bekannten Operettenkomikers geschäht — wenig 
stens in lllark und Scheidemünze, etwas höher bewertet ist Cord 
lllorley; die Briefe des berühmten Biographen des berühmteren 
Gladstone sind nicht unter 5 111k. pro Hummer zu haben. Briefe 
oon Card Rosebery und Cord Curzon kann man für 5.50 Ulk. 
kaufen. Dagegen ist Balfaur im Preise gesunken: der Führer 
der Opposition bringt es auf dem flutographenmarkt höchstens auf 
2 50 Ulk. pro Brief. Zwei lllänner nur, beide Künstler oon Beruf, 
hätten auf den enormen Zuwachs des Wertes ihrer Unterschriften 
stolz sein können, wenn sie nicht beide schon oor einem Weilchen 
gestorben wären. Diese beiden hoch bewerteten Künstler sind die 
lllaler Raeburn und Hoppner. Vor wenigen Jahren noch wurden 
Raeburns Bilder zu recht mäßigen Preisen uerkauft; oor einigen 
lllonaten aber zahlte man für ein oon ihm gemaltes Damenbildnis 
die Kleinigkeit non 468.000 111k. Als das bekannt wurde, tauchten 
plöfjlich an allen tcken und finden Bilder oan Raeburn auf: die 
schottischen Familien, in deren Besiß sich Bilder des llleisters be 
fanden, beeilten sich, ihren ganzen Raeburn-Vorrat auf den Can- 
doner lllarkt zu werfen. Die Überschwemmung mar so groß, daTg 
man beinahe schwören könnte, dafj es jeljt in Schottland über 
haupt keinen Raeburn mehr gibt. Diese Hochflut drückte natürlich 
die Preise; aber elf Bilder des schottischen Jlleisters konnten 
immerhin noch für 1,500.000 111k. an den lllann gebracht werden. 
Als der Künstler starb und die Crben im Jahre 1887 seine Ge 
mälde »erkauften, waren sie froh, dafj sie für fünfzig Bilder fast 
100.000 111k. erhielten, fluch Hoppner ist lllode, und ein Bildnis, 
da 13 seine Unterschrift trägt, wurde dieser Tage mit 120.000 Ulk. 
bezahlt. Die Gleichgültigkeit, die das Publikum früher den beiden 
lllalern gegenüber an den Tag gelegt hatte, hat ganz plötjlich einem 
unerklärlichen Cnthusiasmus PIa 13 gemacht Aber wie das immer 
so zu gehen pflegt, das alles geschah erst, als die beiden Künstler 
selbst die brächte ihrer lllühen nicht mehr einheimsen konnten. 
Der arme Hoppner kannte den Wert seiner Gemälde genau; als 
er einmal hörte, was für einen lächerlich geringen Preis man ihm 
fiii eines seiner Bilder bat, begann er »or Verzweiflung zu weinen. 
„Wenn cs einen fehler hat“, sagte er, „ist es der, dafj es jetjt 
gemalt ist. Wenn ich beweisen könnte, dafj es ein Jahrhundert 
alt ist, würde man mir sofort 50.000 Ulk. bieten.“ Gr war bei 
seiner Prophezeiung sehr uorsichtig: es fehlen noch uiele Jahr 
zehnte an dem Jahrhundert, und seine Bilder sind schon dreimal 
sooiel wert, als er selbst in seinen kühnsten Träumen erwartet hatte. 
Bibliophilie. 
(Die Bibliothek Iwans des Grausamen gefunden?) 
Aus Alaskau wird uns berichtet: ln den Katakomben des Kremls 
wurde eine Bibliothek aufgefunden, über deren Ursprung man sich 
anfangs keine Rechenschaft geben konnte. Schließlich stellte ein 
kaiserlicher Bibliothekar fest, dafj es sich nur um die Bibliothek 
Iwans des Grausamen handeln könne. Bekanntlich besafj Iwan 
der Grausame eine ungewöhnlich kostbare Bibliothek, aus den 
ältesten Handschriften bestehend. Diese Bibliothek sollte beim 
Brande des Kreml im Jahre 1551 uerbrannt sein. Cs scheint aber, 
dafj Iwan der Grausame seine Bibliothek oorzüglich aufbeaiahrt 
hat Die Katakomben, in denen die Bücher gefunden wurden, 
sind feuersicher angelegt. Im ganzen sollen über 5C00 Hand 
schriften aufgefunden worden sein. Die meisten oon ihnen sind 
lateinisch und griechisch abgefafjt. 6s finden sich aber auch uiele 
hebräische Handschriften darunfen. Ulan erzählt, dafj uralte Bibel 
manuskripte hier oufgefunden wurden, die 1000 Jahre alt und noch 
älter sind, falls wirklich die Bücher zur Bibliothek Iwans des 
Grausamen gehören, dann hätte man hier einen Schaf; entdeckt. 
Augenblicklich sollen die Handschriften oon Sachuerständigen ge 
sichtet werden. 
(Heues oon Hietjsches IJachlafj.) Im Herbst werden 
bei Alfred Körner in L'eipzig die Bände 15 und 16 der Gesamt 
ausgabe »on Hietjsches Werken, d. h. die letzten Bände des 
eigentlichen llachlasses erscheinen. 6s steht dann nur noch ein 
Teil der Philologien aus, oon denen der erste Band (Band 17 der 
Gesamtausgabe) bereits uor mehr als Jahresfrist oeröffenflicht 
wurde. Die genannten Bände enthalten: l. „Ecce homo“, das 
jetjt zum erstenmale der Gesamtausgabe beigefügt ist; wie man 
weifj, gab es bisher nur eine kostspielige liebhaberausgabe in 
der oan de Veldeschen Ausstattung. 2. Das gesamte ITlaterial des 
„Willens zur AJacht. Versuch einer Umwertung aller Werte“. 
Weder der Stoff noch die Anordnung des Alaferials sind neu. 
Sie wurden schon 1906 in Band 9 und 10 der Taschenausgabe 
gedruckt und sind »on da unuerändert herübergenommen worden. 
Hur im Anhang wurden noch zwölf „Unsichere Aphorismen und 
Varianten“ beigefügt, die größtenteils bei der früheren Ausgabe 
des „Willens zur AJacht“ im Text selbst mitgedruckt worden 
waren. Dagegen sind neu hinzugekommen: „Pläne, Dispositionen 
und entwürfe zum „Willen zur AJacht“ aus der Zeit oon 1882 bis 
1888“, ein „Verzeichnis der ausgeführten Hauptpunkte, die IJietjsche 
aus den flphorismenaufzeichnungen (1885 86) für sein Hauptwerk 
bestimmte“, und ein „Verzeichnis der Aphorismen dieses Bandes, 
die IJietjsche selbst auf die uier Bücher des Planes 111, 6 (S. 424) 
uerteilt hat“. Das „Kcce homo“ sowohl wie der „Wille zur AJacht“ 
sind mit ausführlichen Vorreden, Hachberichten und Anmerkungen 
des Herausgebers »ersehen worden, die Auskunft geben über Gnt- 
stehungsgeschichte, Chronologie der einzelnen Aphorismen, Ces- 
arten, Varianten usw. fluch ein umfangreiches Hamenregister 
zu den Hachlafjbänden ist hier zum erstenmal beigegeben. Da 
für die Bände 1—8 der Werke lJietjsches bereits ein oon Peter 
Gast angefertigtes Hamenregister existiert, so hat man jetjt ein 
Verzeichnis der Hamen für alle 16 Bände zur Verfügung. Der 
Zukunft bleibt es noch »orbehalfen, daß auch ein Sachregister 
für die Gesamtausgabe »on Hietjsches Werken geschaffen wird. 
Das ist eine ebenso schmierige und mühsame wie dankenswerte 
Aufgabe, denn da sich infolge der aphoristischen Art oon 1J eßsches 
Schaffenstätigkeit Crörterungen über die gleichen Gegenstände fast 
in allen seinen Werken zerstreut finden, ist ein derartiges Sach- 
oerzeichnis mehr als bei einem anderen Schriftsteller ein wirkliches 
Bedürfnis. 
(Die billigste „? a u s t“ - fl u s g a b e.) Der billigste „Saust"» 
der bisher die Presse »erließ, ist unzweifelhaft eine am 15. d. AJ. 
in Brüssel und gleichzeitig in Paris zunächst in einer Auflage 
oon 100.000 Cxemplaren ausgegebene französische Überseßung oon 
Gerard de Heroal, die an sich freilich schon ehrwürdigen Alters 
(1828), dennoch zu den oerständnisoollsten und gefälligsten Wieder 
gaben des ersten Teiles der Tragödie gehört. Sie gibt die „Zueig-
	        
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