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fig. 7. Singlton: „Rurfure“.
Bilder.
(Die Odyssee eines Rleisterwer kes.) für den Künstler
endet die Geschichte eines Werkes gewöhnlich, wenn es uollendet
und — nerkciuft ist. für das Bild selbst beginnt aber oft erst
sein mechseloolles Heben. Die Geschicke mancher IReistermerke
sind so eigenartig, dal) man beinahe oan einem Abenteuerroman,
den sie erlebt, uon einer Odyssee, die sie überstanden haben,
reden kann. Ein uorzügliches Beispiel hiefiir bietet die Geschichte
der Danae des Correggio, die Casimir Strygiensky in der
„Bibliothegue Unioerselle“ darstellt. Das Bild wurde im Jahre 1552
für Herzog friedrich uon Hlantua gemalt, der es zu einem Geschenk
für Kaiser Karl V, bestimmte. Als der alte Herrscher sich später
entsagungsooll uon der Welt zurückgezogen hatte, schenkte er das
prachfuolle Bild dem bekannten Bildhauer Ceone feoni. Unter
Kaiser Rudolf II. taucht die Danae plötjlich im Hradschin auf.
Von hier führte sie Graf Königsmark nach seiner Crstünnung
Prags im Jahre 1648 mit anderen Schäden zusammen nach
Schweden hinüber, Als Eigentum der Königin Christine hing
nun das Bild im Palast zu Stockholm; freilich auch nicht für lange
Zeit. Als die Königin dem schwedischen Throne entsagte und
nach Süden ging, nahm sie die Danae mit sich. So kam das Bild
nach den Riederlanden und darauf zum ersten lllale nach Rom.
Von dem Kardinale Azzolino, der das Bild aus dem Rachlasse
der uersforbenen Herrscherin erworben hatte, erstand es später
liuio Odescalchi, der Herzog uon Bracciano. Dessen Rachkommen
wiederum uerkauften die Danae mit anderen meistermerken zu
sammen im Jahre 1721 an den Herzog uon Orleans, der sie im
Palais Royale in Paris aufbewahrte. Der Ausbruch der Reuolution
bedeutete einen neuen Wechsel für das uielgewandcrte Bild. An
englische Händler uerkauft, wurde es zur Versteigerung nach
Condon gebracht, wo es sonderbarerweise keinen Hiebhaber fand;
man brachte es nach Paris zurück. Im Jahre 1825 kaufie dann
fürst Borghese die Danae und brachte sie nach Rom, wo sie sich
endlich uon ihren langen Irrfahrten ausruhen konnte.
(Cin neuer Dürerfund.) hu Britischen IRuseum hat
jebt ein Berliner Dürerforscher, Dr. Harry Dauid, einen bedeut
samen fund gemacht. Cr entdeckte in einem der sieben foliobände
der Sammlung Sloane, die kostbare IRanuskripte und oor allem
einen Schatj uon Zeichnungen unseres grol3en deutschen Kleisters
bergen, zwei bisher unbeachtete Tierstudien Dürers. Dr. Dauid
führte die Blätter dieser Tage in der Berliner Kunstgeschichtlichen
Gesellschaft den fachleuten oor. Die eine Zeichnung, die obendrein
durch Dürers Unterschrift „Heilent“ beglaubigt ist, stellt einen Elch,
ein Elentier dar. Dürer hat die Zeichnung auf seinem berühmten
Adam- und Eoastich uon 1504 benutjt, indem er das Tier grauitä-
tisch aus dem Dunkel des Waldes heruorireten bei). (Es sei daran
erinnert, dafs eine Studie zu diesem Stich kürzlich auf der Canna-
Aukiion 65.000 IRk. brachte.) Dr. Dauid mies nach, dal) diese so
lide und tüchtige, aber etwas trockene, des rechten sprühenden
Eebens entbehrende Elch-Zeichnung nicht oor der Ratur entstanden
ist, sondern in dem Kopf ein ausgestopftes Exemplar des Elches
benufjte, und dal) sie früher entstanden ist als der Elch, wahr
scheinlich um 1500. Zu Dürers Zeil kamen die Elche noch in bay
rischen und sächsischen Wäldern oor. Während aber Dürer sich
für den Kopf nicht an die Ratur hielt, scheint er uon dem Körper,
der ganz ähnlich bei dem Hirsch seines Eustachiusstiches uor-
kommf, nur ein Erinnerungsbild gehabt zu haben. Das Blatt er
hält nach eine besondere Bedeutung durch die künstlerisch weit
höher stehende kleinere Tierzeichnung, die Dürer auf der Rückseite
zeichnete, und die Dr. Dauid beim Ablösen des Blattes aus dem
Sloane-Album fand. Es ist das Bild eines Wisent, des fast schon
sagenhaften Riesen des germanischen Waldes. Hier hat der IReister
in wenigen federstrichen ein Denkmal tierischer Kreatur geschaffen,
wie cs die deutsche Kunstgeschichte nicht oft bieiet. Er stellte den
gewaltigen Körper in der ganzen finionpracht seines Konturs uor
uns hin. Das hart herumgewandte Haupt blickt uns mit so hilflos
blöden Augen an, dat) allein in diesem Blick das tragische Geschick
des herrlichen Wildes besiegelt erscheint. Der Körper steht wie an
gemauert; äußerlich tiefste Ruhe und Bewegungslosigkeit, aber
fig. 8, Baudoin: Les amours champetres,