MAK
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Internationale Sammler-Zeitung. 
Hummer 24 
schnitt er nicht, sondern sie brennt oder malt er nachträglich ein. 
Solcher Holzschnitjer zählen mir in Deutschland etwa 12.000, die 
auf den Gebirgen zu Hause sind, fluf dem Erzgebirge und auf 
dem Thüringer Walde sehnigen sie ITIenschen und Tiere, auf dem 
Schwarzwalde kleine Häuser und Vögel, auf dem Riesengebirge die 
Rübezahlfiguren und ■ Attrappen. Im Gegensat;e zu dem Sehniger, 
wie sich der industrielle Holzschnitjer kurz nennt, stellt der Holz 
bildhauer oder Stecher immer nur einzelne Stücke aus linden-, 
Eichen-, lTuij-, Buchsbaum- und anderen kostbaren Hölzern her, 
6r spannt sie ein und bearbeitet sie mit den uerschiedensten Werk 
zeugen, mit flach- und Hohleisen, mit Riffeln, ITlessern, teilen usuo. 
In der Holzbildhauerei muij man aber drei Gebiete unterscheiden, 
die uoneinander auch nach Arbeitsweise, künstlerischem Inhalte und 
geschichtlicher Entwicklung getrennt sind. Die größere figurenbild- 
hauerei holt frei aus dem uollen Blocke mit derben breiten Schnitten 
fig, 5. Watsan: „Miss Kitty dresing“. 
die Anlage der figur heraus, ohne sie uorher nach dem Tonmo- 
delle zu punktieren. Dadurch bekommt die Arbeit gleich uon uorn- 
herein etwas ungemein frisches. Diese breiten eckigen flächen der 
ersten Anlage überschneidet der geschickte figurenbildhauer nur 
nach. Dadurch bekommt allerdings das fertige Bildwerk eine nar 
bige Oberfläche. Aber diese schadet dem Gesamteindrucke um so 
weniger, als ein großes figürliches Holzbildmerk doch niemals für 
nahe Befrachtung bestimmt ist. 
Anders das Erzeugnis der zweiten Gruppe, der Kabineft- 
bildhauerei. Sie arbeitet in kleinem niafjstabe, also für nahe Be 
trachtung, allerlei Siguren und Zier- und Oebrauchsgeräfe. Ihre Er 
zeugnisse müssen, schon weil sie meist aus teuren Hölzern gefertigt 
sind, deren schöne färbe und lllaserung recht zur Geltung ge 
bracht werden sollen, mit Riffel und feile geglättet und schließlich 
geschliffen und poliert werden. Sonst würden uiele Kabinettbild 
werke überhaupt nicht wirken. Die dritte Gruppe der kunstgewerb 
lichen Holzbildhauern endlich, die Ornamentstecherei, ist non den 
beiden anderen wieder uöllig oerschieden. Sie ist eine flächenkunsf; 
ihr ziemen nur fließende, lange Tinien, wie sie ein weicher, schwung- 
uoll modellierender, breiter Schnitt zuwege bringt. Dicht durch 
peinliches Dacharbeiten mit kleinen Werkzeugen soll der Ornament 
schnitt zur Vollendung kommen, sondern die führenden Cinien und 
Kanten müssen aus dem sicheren und geschickt geführten Schnitt 
ganz uon selbst heroorgehen. Dadurch wird die Ornamentstecherei 
zur schwierigsten Technik der gesamten kunstgewerblichen Holz- 
nildhauerei. ln früheren Zeiten hat man diese Unterschiede in den 
Techniken der kunstgewerblichen Holzbildhauerei meistens festge 
halten; im neunzehnten Jahrhundert aber, insbesondere in seinem 
letzten Drittel, ist ihr Ansehen gesunken, weil man in der figuren- 
bildhauerei zu glatte süßliche Arbeit geschaffen und namentlich in 
fig. 4. R. Simon: „Oredulors ladv and astrologer“. 
der Ornamentstecherei so ungemein oiel schlechte geschliffene Orna 
mente zum blofjen Aufheffen auf das IDobiliar geliefert hat. 
In neuerer Zeit hebt sich die freude an guten Ornamenten 
und an der derben figürlichen Holzschnitzerei wieder, und damit 
tritt auch die Holzbildhauerei wieder in den Vordergrund. Aber 
das Publikum mui3 sich auch mehr für sie interessieren. Es darf 
uon ihr nicht uerlangen, dafj sic billige Dutzendware liefert, wie 
das der JAetallgufj tun kann, und es darf ihr auch nicht mit dem 
alten Vorurteile enfgegenfreten, sondern es mul] festhalten, dafz es 
sich um ein kunsthandwerkliches Schaffen uon Einzelnwerken 
handelt, das nicht benormundet sein will, das aber, wenn es eine 
liebeoolle Durchbildung und Aufnahme erfährt, sehr wohl einen 
beachtenswerten faktor in unserem nationalen Wohlstände be 
deuten kann.
	        
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