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Internationale Sammler-Zeitung
Hummer 9
grolle Rarität war, und daher einzelne federnde Bestand
teile noch nicht aus einfachem Stahldraht gemacht roerden
konnten, sondern meist aus Cisensfäbchen. spiß zulaufend
herausgearbeitet rourden. Hierauf Stundenschlaguhren,
Viertel-und Stundenschlägerinnen, Repetieruhren mit Rechen,
Spindel-Stockuhren, altdeutsche Stockuhren, Holzuhren und
Stockuhren mit Zugschlagroerken, eine Sägeuhr, eine alte
einzeigerige Klosteruhr, bei melcher durch den Stern am
Zeigerrade nicht nur das Schlagwerk zu den einzelnen
Fig. 5.
Stunden ausgelöst wird, sondern je eine halbe Stunde nach
dem Stundenschlage dieselbe Sternradzacke einen Hammer
zu einem einmaligen Schlage an die Glocke bringt.
Alle diese Uhren haben als bewegende Kraft Ge
wichte, die an Schnüren hängen, wobei die Schnüre in
irgend einer Weise auf das Bodenrad wirken.
Bei den Reiseuhren, Tischuhren und Taschenuhren
dient als bewegende Kraft eine Feder, deren Crfinder oiel-
leicht Henlein, ein Schlosser aus Dürnberg, (ca. 1540)
war; um die Wirkung der Federkraft möglichst konstant
zu machen, ist die sogenannte Schnecke in Verwendung.
Rn der Unruhe ist zur Regelung des Ganges eine Spiral
feder angebracht, erfunden oon Huygens 1675 oder oon
Hocke 1658.
Cs sind mehrere Reiseuhrwerke aus der Zeit, in
welcher die alten Wiener ITleister ebenso wie die nürn
berger, Dresdener und Prager einen Weltruf hatten, oer
treten ; darunter eine sehr hübsch graoierte Reiseuhr oon
Pfab aus Dresden, Stundenselbstschlägerin und Zugschlag
werk für Viertel- und Stunden, mit Wecker, Datumzeiger
und ITlonatszeiger; dann ein Albrecht Crb aus Wien (siehe
Fig. 3) dessen Todesjahr 1714 in einem alten ITleister-
buche der Wiener Uhrmachergenossenschaft aus dem fahre
1673 eingetragen ist. Ruch eine einzeigerige, alte Teller
uhr ist zu sehen. Unter der großen menge non Spindel-
Taschenuhren und Werken gibt es prachtuolle, englische
und französische, alte Wienerinnen und auch oiele aus
Oberösferreich z. B. oon Krummhuber. Cine ganze
Sammlung ließe sich aus den oielen Taschenuhren mit
Schlagwerken zusammenstellen. Cs gibt da eine große
lllenge oon oerschiedenartigen Konstruktionen. Alle diese
Uhren sind mit Schlüsseln zum Aufziehen.
Betrachten mir nun nach diesen sogenannten Spindel
uhren, welche schon längst fast oollständig ausgestorben
sind, solche Uhren, die einen neuen Fortschritt in der
Uhrmacherkunst repräsentieren. Cs sind dies jene Zeit
messer, welche die Ankerhemmung oon Clement besten
mit großer Begeisterung wurde im fahre 1680 diese neue
Hemmung aufgenommen. Das Steigrad des Spindelganges
mit dem Zahnkranze und auch die Spindellappen ent
fallen dabei oollständig, indem ein um eine horizontale
Achse drehbares Hemmungsrad mit den spißen, ungefähr
dreieckigen Zähnen in die Ankerarme eingreift, wodurch
die Führungsgabel, und dadurch auch das eigentliche, oer-
schiedenartig aufgehängte Pendel in Bewegung gesetzt wird.
Solche Pendeluhren mit recht oerschieden geformten
Ankern gibt es ebenso in bunter Abwechslung, in allen
denkbaren Ausführungen, wie es bei den Spindeluhren
der Fall war. Darunter befinden sich Holzuhren mit auf
fällig großen Ankerpaletten, Uhren mit eigentümlichem
Schlagmechanismus, eine kleine Wanduhr ohne Führungs
gabel, mehrere Glackenspieluhren, (siehe Fig. 4, Schwarz
wälderinnen) eine FRessing-Standuhr, bei welcher ein ein
ziger Hammer erst die Viertel- und dann nach Verstellung
dieses Hammers auf eine andere Glocke die Stunden
schlägt usw.
Diese besprochene Hemmung oon Clement gehört
ebenso wie die frühere Spindelhemmung zu den soge
nannten rückfallenden Hemmungen und hat trat] einiger
Vorteile manches, was einen gleichmäßigen, genauen Gang
sehr schädigt; sie wurde allmählich oerdrängt durch die
sog. Hemmung oon Graham (1721), welche bei den
meisten Pendel-, Zylinder-, Schwarzwälder- und Stockuhren
noch heute in Anwendung ist.
Cine Abart des G ahamganges ist der sogenannte
Stiftengang, namentlich bei Turmuhren, wobei die Zähne
des Hemmungsrades durch Stifte ersetjt sind. In der
Sammlung Kaftan befinden sich zwei solcher mächtiger
Turmuhren.
Den Berichten Vioianis zufolge hat der berühmte
Galilei bereits im fahre 1641 eine Art ruhende Hem
mung erfunden, um das Pendel zur Zeitmessung in An
wendung bringen zu können und hat, schon erblindet,
genaue Angaben über seine Crfindung gemacht, nach
Fig. 4.
welchen eine Zeichnung entworfen wurde, die. sich in der
Bibliotheka Palatina in Florenz befindet. Galilei scheint
also 1 5 fahre oorHuygens die Pendeluhr ersonnen zu haben;
durch die Ungunst der Verhältnisse blieb aber diese Cr
findung oerborgen und geriet dann ganz in Vergessen
heit, weil sich nach Huygens das Pendel leichter an den
bereits oorhandenen Räderuhren (Wageuhren) anbringen
ließ, als nach Galilei.