flummer 8
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 119
rtsgi°r>^ri
L-fZzSJ
□ÄD
n^n°n=c7n
o^] u [^a
Blas und Blasmalereien.
Von Cudtuig Diehl.*
on den älteren Stilrichtungen sind nur einzelne
Exemplare oon Gläsern einfachster form und
Verzierung in einzelnen Staatssammlungen oor-
handen. Sie gehören alle der gotischen Zeit
an. Aus der romanischen Zeit haben sich
die berühmten Glasgemälde im Augsburger Dam
erhalten. Sie stammen roahrscheinlich aus dem
Anfang des 11. Jahrhunderts. Die Blütezeit der
Glasmalerei aber fällt in die gotische Zeit, etcoa
in das 15, Jahrhundert, natürlich roaren es
damals nur die Kirchen, die sich den Cuxus
gemalter Glasfenster leisten konnten, und es hat sich bis
auf unsere Zeit nur roenig non letzteren erhalten, so z. B.
in Strasburg und nürnberg,
Dennoch gelang es ooriges Jahr noch einem Samm
ler in Süddeutschland ein kleines bleigefafjtes Glasscheib
chen mit Wappen aus gotischer Zeit aus dem Bauschutt
aufzulesen, roohin es mit Arbeiten an einer Kapelle be
schäftigte Arbeiter als roertlos roeggeroorfen hatten.
Im 16. Jahrhundert murden auch in den meisten
Bürgerhäusern die fenster durch in Blei gefaxte kleine
Glasscheiben, die sogenannten Butzenscheiben, geschlossen,
nachdem man oorher zu diesem Zwecke Hornscheiben,
AJarienglas oder gar nur Bretter oder Tuchstücke oer-
roendet hatte, meist rourde zroischen die einfachen Butjen-
scheiben nur eine farbige, mit dem Wappen des Haus
besitzers, der Zunft, der Triebgesellschaft, kurz und gut
des Eigentümers, der mit dem Fenster oerzierten Stube,
eingesetzt. Bald kamen dazu aber auch andere Darstellun
gen, aus der biblischen Geschichte, aus der Zeitgeschichte
(Tandsknechte, Porträts), Tandschaften u. dgl. Die jüngsten
dieser Bilder sind nicht mehr auf farbiges, sondern auf
geroöhniiches Glas gemalt. Im 18. Jahrhundert hörten
die Butzenscheiben und mit ihnen die ganze Glasmalerei auf.
Wer sich für geroähnliche Butzenscheiben interessiert,
kann daoon noch genügend haben, ln geroissen Gegenden
sind noch heute auf dem Hand fast sämtliche kleinen Cicht-
fenster über der Stalltür, am Dachgiebel und an geroissen
sonstigen oerschroiegenen Örtchen aus alten, roahrscheinlich
früher an oornehmeren Orten angebrachten Butzenscheiben
zusammengesetzt und gegen Anschaffung moderner Scheiben
kann man sie meist bekommen.
Viereckige Glasbilder aus der Barock- und Rakako-
zeit gibt es noch genügend, sie dienten aber meist roie
andere Bilder dem Zimmerschmuck, nicht dem fenster
schmuck. Darunter sind auch auf zroei hintereinander
gestellten Scheiben gemalte aus dem 18. Jahrhundert.
Hierbei kommen ganz nette Tiefen des Bildes, Durchblicke
durch ein Buschroerk in eine sonnige Ebene u. dgl. zum
* Aus des Verfassers empfehlenswertem Werke „Der fliter-
tümer-Sammler. ein Handbuch zum llachschlagen. W. Spemann
in Berlin und Stuttgart“.
Ausdruck, indem in der kulissenartigen Rokokomanier der
Vordergrund auf die oordere und der Hintergrund auf die
hintere Scheibe gemalt ist.
Die Trinkgefäfje aus Glas gelangten ungefähr zur
selben Zeit roie die Sfeingutroaren zu gröfjerer Bedeutung.
Venetianergläser herzustellen gelang den Deutschen
allerdings nicht. Dach rourden diese, namentlich die
flügelgläser, oielfach eingeführt.
Hiefür rourde in Deutschland die Glasmalerei auch
auf die Gläser, Kannen und Humpen übertragen, flache
Becher, Stengelgläser kamen erst gegen Ende des 17. Jahr
hunderts auf, dagegen hafte man zu Anfang des 17. Jahr
hunderts, die sogenannten flöten, schlanke Zylinder, ganz
mit Buckeln besetzt. Die Hauptdarstellung der ITJalereien
bildeten auch hier Wappen. Es kamen aber dieselben Dar
stellungen roie auf den Sfeingutkrügen Dar, also die sieben
Kurfürsten, die Apostel, Jagdstücke u. dgl, Aus dem 17.
Jahrhundert stammen die Schapergläser, oon einem
Glasmaler Schaper in nürnberg, nur in Schroarz gemalt.
Von der ITlitte des 17. Jahrhunderts bis zur Ulitte
des 18. Jahrhunderts kamen die reich geschliffenen und
geschnittenen Böhmischen Gläser und bald graoierte
man auch gewöhnliche Glasgefäije in Böhmen soroohl roie
in Deutschland. Die Graüierungen bestanden in Eandschaften,
fiebes-Jagdszenen, Inschriften mitRankenoerzierung,Ranken-
oerzierung allein u. dgl. Im 17. Jahrhundert kamen auch
die netten Wein- und Cikörfläschchen auf.
Da die Hauptmasse in geschliffenen Glasroaren bald
ganz aus Böhmen kam, nennt man oielfach alle geschliffenen
und graoierten Gläser jener Zeit böhmische. Von ge
malten Glasroaren erhalten sich in das 18. Jahrhundert
nur noch die bemalten Weihroasserfläschchen, die man
noch heute oiel in katholischen Gegenden findet. Ebenso
Apofhekergläser. Grolje Kunst rourde bei beiden nicht
angeroendet.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts kommen die Rubin
gläser mit ihrer feurigen Purpurfarbe neben anderen
minderwertigen Gläsern in UJode und zur selben Zeit die
Alildnergläser, nach ihrem Erfinder ITlildner, einem
Österreicher, benannt. Sie bestehen aus zroei ineinander
geschobenen und miteinander am Rand oerbundenen Gläsern,
zroischen die Bilder in Aletallfalie gelegt sind, roelche
Goldranken, goldene allegorische Szenen oder ein farbiges
Porträt darstellen.
Bis Ende der Biedermeierzeit hatte man dann farbige,
geschliffene Gläser mit Städteansichten und dicht mit Gold
bemalte Gläser, alles absolut ohne Kunst in form und
ITlalerei und meist zu „Geschenk“-zwecken und „Andenken“
gefertigt. Auch die greulichen JAilchglasroaren, die das
Porzellan nachäfften und noch heute oiel in den guten
Stuben der Bauern zu finden sind, kamen zu Anfang der
Biedermeierzeit auf. Es sind Gläser, Vasen, Schalen und
figuren mit greller, dürftiger Bemalung.