Nr. 11
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 163
Goltzius, mehrere andere Bilder von tüchtiger Qualität
lassen sich keinem der bekannten Meister mit Sicher
heit oder nur Wahrscheinlichkeit zuweisen. Von dem
Deutschen Johann Heinrich Roos (1631 bis 1685) wird
man zwei landschaftliche Gegenstücke mit antiken
Architekturen beachten. Ein stimmungsvolles Kirchen-
interieur stammt von Johann Ludwig Ernst Morgen
stern (1738 bis 1819), der schon zu den Künstlern des
19. Jahrhunderts überleitet. Hier seien erwähnt: August
Piepenhagen (1791 bis 1868) mit einer etwas süß
lichen Mondlandschaft, Eduard Schleich (1812 bis
1874) mit einer Bergschmiede, Karl Hüfner (1814 bis
1875) mit einer Landschaft, der ausgezeichnete Arnold
Meermann mit einem poetischen Blick in einen alten
Hof, endlich Christian Mali, dessen Brunnenplatz in
einem alten Städtchen sympathisch an die Art Schwinds
erinnert.
Zwei österreichische Künstler mögen den
Uebergang zu dem wichtigsten Teil der Sammlung, den
böhmischen Meistern, bilden. Es ist Johann Christof
Brand, der in Wien (1723 bis 1795) wirkte, und der hier
mit einer sehr temperamentvollen Hirschjagd und guten
Landschaftsbildern vertreten ist; ferner Josef Orient
aus Ungarn, der ebenfalls in Wien (1677 bis 1747) ge
arbeitet hat und hier zwei Landschaften italienischen
Stils beisteuert.
Es ergibt sich aus der Ursprungsgeschichte der
Sammlung von selbst, daß in ihr die heimischen Meister
besonders gut vertreten sein müssen. In der Tat finden
sich bei Jahn Arbeiten, die zum Studium gewisser
Meister als unentbehrlich bezeichnet werden müssen.
Dies gilt zwar nicht von H i r s c h e 1 y, dem begabten
Schüler Angermeyers, dessen prächtige kleine Stilleben
und Blumenstücke auch in anderen Prager Sammlungen
zu finden sind, wohl aber schon von dem merkwürdigen
Meister Christof S e c k e 1, von dessen Werken die
Sammlung Waldstein und Graf Clam-Gallas einige be
sitzen, und dem nun durch Bergner auch zwei Land
schaften zugewiesen werden, die einst für Arbeiten
Norbert Grunds galten, in dem alten Inventar der Defour-
schen Galerie dem Ludwig Kohl zugeschrieben wurden,
aber zu keinem der beiden passen wollten. Norbert
Grund selbst ist bei Jahn außer durch die Staffage der
Seckelschen Bilder, die ohne Zweifel von ihm stammt,
durch drei selbständige Landschaften vertreten, die seine
Art vortrefflich erkennen lassen. Josef Platzer (ge
boren zu Prag 1752, gestorben in Wien 1806) gibt in zwei
Gegenstücken Landschaften mit antiken Ruinen. Ludwig
Kohl (Prag 1744 bis 1816) hat Architekturen. Von Josef
Bergler, der im Jahre 1829 in Prag starb, besitzt die
Sammlung eine Himmelfahrt Christi, die Skizze zu dem
Deckengemälde in einer Kirche des Duxer Bezirkes und
einen reizenden, horchenden Cupido, kopiert nach Guido
Reni. Zwei Baumstudien weisen auf Anton Manes (1784
bis 1845), den Vater der beiden berühmten Maler Josef
und Guido. Der Zittauer Richard Z i m m ermann (1820
bis 1875) erinnert in seiner gemütlichen, liebevollen
Landschaftsauffassung und Belebung durch bäuerliche
Staffage sehr an Friedrich Richter, zumal in der »Bauern
hochzeit«. Die Sammlung Jahn besitzt vier Zimmermann;
es sei hiebei erwähnt, daß die meisten Zimmermannscheri
Bilder Baron D obihoff auf Schloß Weikersdorf bei
Bodenbach vereinigt hat.
Aus den letzten Jahrzehnten stammt daim eine
weitere Reihe von Bildern. Max P i r n e r, Professor an
der Prager Malerakademie, zeigt hier ein merkwürdiges
allegorisches Werk, auf dem Tannhäuser, Don Juan und
Don Quixote in einen mystischen Zusammenhang ge
bracht sind. Von Adolf Kosarek, dessen kurzes
Künstlerleben zwischen 1830 und 1859 sich abspielte,
kann die Sammlung dessen erstes und letztes Werk
nebeneinander aufweisen, letzteres eine Studie von der
Insel Rügen. Ueberrascht ist man von einem großen Bilde
Alois K i r n i s s (»Der hohe Goll bei Partenkirchen«), das
den jüngst verstorbenen Meister im besten Lichte zeigt.
Franz Ccrmak, ein tüchtiger Altpragcr Maler, ist hier
durch einen geigenspielenden »Dalibor im Kerker« ver
treten. Max Haushofer, der in den Sechzigerjahren
in Prag Professor war, hat zur Sammlung eine anmutige
Seelandschaft beigesteuert; endlich möge die Aufzählung
mit einem Zenisek, der Oelskizze zu dem bei Ritter
von Daubeck befindlichen Gemälde »Oldrich und
Bozena«, schließen.
Wertvolle Autographen.
Vorn 10. bis 12. Juni findet in dem Antiquariat Karl
Ernst H e n r i c i in Berlin eine Versteigerung von Auto
graphen statt, die weit über den Kreis der Sammler und
Liebhaber hinaus Interesse beanspruchen darf. Handelt
es sich doch um Stücke, die vielfach neu und darnach
angetan sind, auf die eine oder die andere bekannte und
illustre Persönlichkeit oder auf dieses oder jenes bedeut
same Ereignis ein helles und charakteristisches Schlag
licht zu werfen.
An erster Stelle sei auf die außerordentlich reichen
Beiträge zur H e i n e - Literatur hingewiesen. Neben den
erhalten gebliebenen Briefen an Meycrbee r, sowie
dern letzten Schreiben Heines an seine Mutter ist hier
eine Sammlung von seltenen Heine-Bildnissen aus allen
Perioden seines Lebens vorhanden, unter denen die
Radierung von Ludwig Emil Grimm (vermutlich das
einzige Exemplar, das sich im Handel befindet) und sein
letztes authentisches Bildnis, eine Kreidezeichnung von
Ernst Benedikt Kietz (siehe Fig. 1), einer besonderen
Erwähnung wert sind. Das letztere Bild, am 28. Juli 1851
gezeichnet, stammt einer handschriftlichen Bemerkung
zufolge aus dem Nachlasse des Künstlers und wurde, wie
Alfred Meißner in seinen »Erinnerungen« erzählt, auf
Wunsch von AJathilde Heine entworfen, da sie ihren
Gatten mit offenen Augen sehen wollte, während sie das
am Tage vorher gemalte weitverbreitete Bildnis des
Dichters deshalb verwarf, weil er dort, die Augen ge
schlossen und den Kopf in die Hand gestützt, in ihr den
Eindruck eines Erblindeten hervorrief.
Unter den Musikern, die den ersten Teil des Kata-
loges bilden, glänzen vor allem die Namen: Gluck,
Mozart und Be.ethove n. Gluck, dessen Handschrif
ten fast unauffindbar geworden sind, ist in der vorliegen
den Sammlung mit nicht weniger als vier eigenhändigen
Briefen vertreten, die künstlerisch von höchster Be
deutung sind, da sie sich in erster Linie mit seinen beiden