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Nr. 12
Internationale
von 1886 bis 1898 und vor allem seine Briefe von 1890 bis
1903. Neben den Handschriften befindet sich in der Samm
lung auch die Feder- und Bleistiftzeichnung eines französi
schen Künstlers, die Tolstoi im_ Profil als Studenten im Jahre
1845 oder 1846 darstellt.
(Das Ende der Glasscheiben im L o u v r c.)
Aus Paris wird eine erfreuliche Neuigkeit gemeldet: Die
Glasscheiben werden von den Gemälden der berühmten
Galerie des Louvres abgenommen. Die Einführung der Glas
scheiben ist vor einigen Jahren erfolgt, weil ein Uebeltäter
sich an einem Bilde vergriffen und es zerkratzt hat. Gegen
solche Angriffe bildet nun freilich auch eine Glasscheibe kein
sicheres Schutzmittel, da der, der einem Gemälde zu Leibe
gehen will, auch die Scheibe zerschlagen wird, mit der es be
deckt ist. Dagegen bildeten die Glasscheiben für das Studium
und den Genuß der Gemälde der Louvre-Sammlung ein sehr
empfindliches Hindernis, und stärker nachgedunkelte Bilder
waren unter dem spiegelnden Glase so gut wie unkenntlich.
Nun hat sich Herr P u j a 1 e t, der nach der Mona Lisa-Affäre
in die Stellung des Herrn Homolle als Leiter, des Louvre
eingenickt ist, ein Verdienst erworben, indem er über die
Glasscheiben das Todesurteil gesprochen hat.
Die Auktion Doucet in Paris.
Man schreibt uns aus Paris:
Ganz exorbitante Preise wurden in der Galerie Petit
bei der Versteigerung'der D o u c e t sehen Sammlung bezahlt.
Das Hauptstück bildete ein Porträt von D u v a 1 de l’Epinoy,
in Pastell gemalt von Quentin de L a Ton r. Das sehr fein ge
malte Bild war auf 300.000 Franken geschätzt; es erreichte
in einer rapiden Steigerung, in welcher sich die Mehrbote um
30.000, 50.000, 100.000 bewegten, die . Summe von
6 0 0.0 0 0 Franke n, mit Kosten 660.000 Franken, um welchen
Preis Dr. med. Baron Henri Rothschild das Bild erstan
den hat, um das sich bei der Auktion Herr Veil-Picard und
Madame Vermaut-Vernon lebhaft stritten. In wenigen Minuten
wurde dieser enorme Preis erreicht — eine ganz unerhörte
Schätzung des Pasteiibildes ausdrückend. Im Jahre 1903 war
dieses Bild bei einer Vesteigerung in einem Schlosse der
Provinz in Beaumont-le-Ronee von Herrn Helft um 5210
Franken erstanden worden. Nachdem es mehrere Male die Be
sitzer gewechselt hatte, kaufte es Doucet um 120.000 Franken,
innerhalb weniger Jahre hat dieses Bild an Wert so stark zu
genommen, so daß. es den höchsten Preis erzielt hat, welcher
bei Bilderversteigerungen in Paris überhaupt jemals für ein
Bild gezahlt wurde. Das Pastell von de La Tour hat die höch
sten Preise aller vorhergehenden Auktionen überschritten,
namentlich den »Angelus« von Millet, welcher mit 553.000
Franken von Chauchard bezahlt wurde, die »Mariä Emp
fängnis« von M u r i! 1 o, welche mit 586.000 Franken in einer
Versteigerung gekauft wurde, und ein Porträt, von Rembrandt,
für welches Kleinberger vor einigen Wochen 450.000
Franken zahlte. Von den anderen Stücken des ersten Verkaufs
tages der Vente Doucet sind noch andere Pastelle von de L a
Tour zu erwähnen, welche Preise zwischen 100.000 und
120.000 Franken erzielt haben. Auch für die Zeichnungen von
Fragonard und Watteau wurden sehr große Preise
bezahlt. Die Ueberraschung dieser Verkäufe bildete eine Zeich
nung von Portail mit farbigem Beistift »Die Musikerin«,
welche von Baron Wladimir Günsburg um 88.000 Franken
erstanden wurde. Portails Werke: sind schwer ! erreichbar, da
sie nur selten auf Auktionen gefunden werden. Diese Seltenheit
verschaffte der einfachen Bleistiftzeichnung den exorbitanten
Preis. Ein Sammler glaubt einen Portail haben zu müssen, weil
ihn der Nachbar nicht hat. Die öffentlichen Versteigerungen
der letzten Zeit sind sehr bemerkenswerte Symptome unserer
Epoche: man will nicht mehr billig kaufen, sondern man glaubt
an Ansehen und Bedeutung zu gewinnen, wenn man Kunst-
Sa mm ler-Zeitun g.
werke teuer ankauft. Die Liebe für die Kunst erscheint um
so größer und inniger, je größer die Opfer sind, welche dafür
gebracht werden. Die Zeit ist längst entschwunden, da
Fürstinnen und Millionärsfrauen in dürftiger Verkleidung die
Trödler in den entlegensten Straßen absuchten, um zu billigen
Preisen Kunstwerke zu entdecken, und in diesem Sport Be
friedigung fanden. Heute hat ein Kunstwerk den Wert, welchen
ein reicher, phantasievoller Käufer ihm gibt, indem er den
liehen Kaufpreis auf den Tisch des Auktionators legt.
Die anderen Preise, welche bei der Auktion Doucet für
Bilder und Skulpturen gezahlt wurden, übertreffen noch mehr
alle Voraussagungen und Schätzungen. Den höchsten Preis er
hielte eine kleine Marmorbüste von Houdon, das elf Monate
alte Töchterchen des Meisters darstellend, über 500.000 Franken.
Enorm hoch wurde ein Werk des Bildhauers Clodion be
zahlt, für dessen kleine Gruppe »Der Rausch des Kusses« von
Madame Vermaut fast 300.000 Franken gezahlt wurden.
Das Werk ist in Terre cuite ausgeführt.
Unter den Bildern erreichte den höchsten Preis das
Porträt der Prinzessin Talleyrand von Vigee Lebrun,
nahezu 500.000 Franken, für Chardins »Seifenbläser« gab
Kunsthändler David W e i 11 370.00C- Franken und für das
Werk Fragen ards »Das Opfer des Minotauren« zahlte
Madame Wa t e 1 - D e h a y n i n 360.000 Franken. Remon
kaufte für 95.000 Franken Bau d o u i n s »Lecture«, G ui rau d
für 71000 Franken Fragonards »Reverence«, Founes
für den gleichen Preis desselben »Traum des Bettlers«, Wil
denstein für 110.000 Franken La Tours »Chevalier de
Jais«, Deutsch de la Meurthe für 105.000 Franken des
selben, »Marguerite Le Comte«, Graat für 95.000 Franken
desselben »Mme. de la Reyniere«, Guiraud für 116,000
Franken Perronneaus Porträt »Conto de Bastard«, Hänt-
sehet fiir 75.000 Franken desselben »Kinderporträt«, der
L o u v r e für 87.000 Franken desselben »Abraham van Robais«.
Für Lawrences »Junges Mädchen« wurden 200.000 Franken,
für Nattiers »Junge Frau« 100.000 Franken gegeben.
Von Werken der Goldschmiedekunst erzielten: ein Paar
silberne Leuchter, graviert und ziseliert, aus der Zeit Lud
wig XV., 3200 Fr.; ein Paar silberne Leuchter, Ende der Re
gierungszeit Ludwig XV., graviert und ziseliert, 3300 Fr.
Von mathematischen Instrumenten: ein großer Reduk
tionskompaß, graviert aus Kupfer, vergoldet, Ende des 17. Jahr
hunderts, 2200 Fr.; ein großer Reduktionskompaß in ziseliertem
Kupfer, graviert und vergoldet, Ende des 17. Jahrhunderts,
2300 Fr.; ein Dichtenkompaß in ziseliertem Eisen, graviert,
17. Jahrhundert, 700 Er.; eine Bussole in gravierter und ver
goldeter Bronze, aus dem Ende des 17. Jahrhunderts, 900 Fr.;
eine Windrose aus dem 17. Jahrhundert, graviert und ver
goldet, 900 Fr.; ein großes Mikroskop aus ziselierter und ver
goldeter Bronze, aus dem 18. Jahrhundert, 6720- Fr.
Von Kunstbronzen: ein Stier aus Bronze, mit brauner
Patina, Oberitalien, 16. Jahrhundert, 60.000 Fr.; Eber aus
Bronze, 16. Jahrhundert, mit brauner Patina, Oberitalien.
19.000 Fr.; zwei Briefbeschwerer aus ziselierter Bronze,
Louis XVI., patiniert und vergoldet, 20.520 Fr.
Von Bronzemöbeln: zwei vierarmige Leuchter aus zise
lierter und vergoldeter Bronze, Ludwig XIV., 14.100 Fr.; zwei
ziselierte und vergoldete Kandelaber aus der gleichen Epoche,
4300 Er.; Kerzenhälter, ziselierte Bronze und vergoldet, Lud
wig XV., 3250 Er.; Räucherpfanne aus Bronze und ver
goldetem Holz, Epoche Ludwig XVI., 80.000 Fr.; zwei Wand
leuchter in ziselierter und vergoldeter Bronze, aus der Zelt
Ludwig XVL, 13.500 Er.; Stehuhr mit vergoldeter Bronze,
mit brauner Patina, Ludwig XVL, 29.000 Fr.; Bronzeuhr,
ziseliert und vergoldet, mit weißem Marmor, 29.100 Fr.; zwei
Fackeln aus ziselierter und vergoldeter Bronze, mit weißem
Marmor, Ludwig XVI., 14.000 Fr.; zwei kleine quadratische
Sockel in vergoldeter Bronze, deren Fläche in schlangenför-
rnigen Linien diamantiert ist, 4100 Fr.