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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 15/16
Terrier vom Malerpinsel bissige Unnahbarkeit empfangen
hat. Der andere Spanier, Alonso Sanchcz Coello,
ist dekorativer, prachtlicberider, darum aber nicht
weniger repräsentativ: Beweis dessen ein stolzes
hrndnis der Kaiserin Maria, Mutter Rudolfs II., ein Bildnis
des Kaisers selbst in jungen Jahren, dann die Ahnenbilder
der Maria Maximiliana von Pernstcin, einer echtblütigen
Grandentochter aus dem Hause Mendoza, und ihrer
Tochter Polyxena von Rosenberg, die schmalwangig-
blaß aus ihrem weißen, über ein tiefrotes Unterkleid ge
zogenen Staatsgewand hervorschaut. Aber auch die
Hausmaler der Familie verdienen Beachtung; dem
Namen nach unbekannt, haben sie sich mit der Bezeich
nung Meister der Herren von Rosenberg, der von Loo-
kowics und der von Pcrnstein, des Peter Vok und der
Herzogin von Teschcn abfinden müssen, ohne darum
minder ihre manchmal recht tüchtige und solide Persön
lichkeit in eindrucksvollen Bildnissen darzutun.
Den künstlerisch wertvollsten Beitrag aus privatem
Besitz stellen ohne Zweifel die wundervoll goldroten
Bronzen des Niederländers Adriaen de V r i e s, des
berühmten Schülers des Johann von Bologna, dar, die
der regierende Fürst Johann II. von und zu
Liechtenstein sein kostbares Eigen nennt. In den
letzten Tagen der Ausstellung ist zu den beiden lebens
großen Figuren — der betende Heiland in der Wüste
und der heil. Sebastian - noch eine dritte, ein Herkules,
aus dem Besitze der Stadt Prag gekommen. Man steht
vor diesen technisch vollendeten, in der Erfassung der
menschlichen Gestalt imponierenden Kunstwerken voller
Bewunderung. Vom gleichen Meister birgt die Aus
stellung, abgesehen von dem geliehenen Galeriebesitz,
reizvoll impressionistische Güßmodelle zu Pferde
statuetten, die Graf Erwein N o s t i t z zusammen mit
ein paar äußerst kostbaren kunstgewerblichen Arbeiten
der Zeit, in einer eigenen Vitrine ausstellt.
Von dem Vertrauten des Kaisers, dem aus München
nach Prag übersiedelten Maler Hans von Aachen,
Schwiegersohn des großen Musikers Orlando di
Lasso, bringt die Ausstellung natürlich die Werke aus
den Wiener und Prager Sammlungen, dann aber auch
ein schönes Bildnis des Kaisers mit dem Lorbeerkranz
auf dem Haupt aus fürstlich Fürstenbergschem Besitz,
das Selbstbildnis des Künstlers, einen hochmütig blicken
den Blondkopf mit kleinem Schnurrbärtchen aus dem
Besitze des Hofrates Dr. .1 u r i e von L a v a n d a 1 in
Wien, zwei lachende Knaben von frischer Lebendigkeit
aus der fürsterzbischöflichen Galerie in Kremsier, eine
bläßlich-zarte Venus mit Amor von eigenartig perversem,
salomehaftem Ausdruck des schmallippigen, kirschroten
Mundes und der etwas schiefgestellten Augen (Eigentum
des Hofrates Karl J e g 1 i n g e r in Linz), eine schalk
hafte Kuppeleiszene aus dem Besitze des Grafen
Bohuslaw Kolowrat-Krakovsky, die mit Dar
stellungen in Wien und Karlsruhe übereinstimmt, einen
Christus auf dem Oelbcrge (Besitzer Galerieinspektor
B e r g n e r), endlich findet man den Künstler unter den
Ahnenmalern der Herren von Lobkowitz, mit einem
Miniaturbildnis des Oberstlandhofmeisters Christoph
Popel von Lobkowics.
Einer der Ersten, die der Einladung des Kaisers
Rudolf zur Uebersiedlung nach Prag folgten, war
Bartholomäus Spranger aus Antwerpen, späterhin
Prager Bürger und Hausbesitzer, einer der fleißigsten
Kirchen- und Heiligenmaler jener Zeit. Die Mehrzahl
seiner Arbeiten ist jetzt im kaiserlichen Besitze; eine
Wiederholung seines Selbstbildnisses, auf dem der kühne,
energische Kopf des Meisters sympathisch auffällt, be
sitzt Fürst Liechtenstein; die heil. Barbara sagte
dem Maler anscheinend besonders zu, sie findet sich als
Besitz des Budapester Museums und des fürsterzbischöf
lichen Konsistoriums in Prag, und zweimal hat sie noch
Graf Buquoy auf Rosenberg. In der Ausstellung sieht
man auch das große, etwas trüb gewordene Epitaph des
Buchdruckers Michael P e t e r 1 e aus der Aegidiuskirche
in Prag.
Der Stecher S a d e 1 e r, der Kopist Josef H e i n t z
sind natürlich auch vertreten. Interessanter ist aber der
Landschafter Roclant Savery, Holländer von Ge
burt, unter Rudolf und noch unter Matthias wiederholt
in Prag tätig, von dem unter anderen Graf N o s t i t z,
dann Frau Pauline D i e r z e r von T r a u n t a 1 in Linz,
Fürst Liechtenstein und kaiserlicher Rat Nowak
in Prag Bilder ausstellen. Seine Landschaften sind be
lebt von einer oft Leib an Leib gedrängten Wirrnis
| fremdartiger wilder und zahmer Tiere, Vierfüßler und
Vögel der Tropen, viele von großer Treue in der Wieder-
I gäbe, andere phantastisch wie das Einhorn oder die
fliegenden Drachen. Der Liebling Rudolfs, Jan
Brueghel, gen. der Samtbrueghel, bietet auf kleinen
Bildchen, wie dem heiligen Martin aus Raudnitzer Be
sitz, figurenreiche Illustrationen zum holländischen
Bauernleben, auf anderen Kabinettstücke der Blumen
malerei. Die schöne Gruppe »Venus und Amor«, deren
Zuweisung an den Nürnberger Bronzegießer Benedikt
Wurzelbauer dem Prager Museumsdirektor Dr.
Chytil vor einigen Jahren gelungen ist, findet sich aus
dem Besitze des kunstgewerblichen Museums selbstver
ständlich auch auf der Ausstellung. Ein Meister, der mit
Rosa, Grün, Blau und Gelb einen Farbenakkord von
correggioneskem Reiz zusammenstimmt, ist Matthias
Gun delach, von dem neben der »Vermählung der
heil. Katharina« aus der kaiserlichen Gemäldegalerie
eine Anbetung der Hirten aus dem Besitze des Grafen
Karl Georg Buquoy sich vorfindet. Endlich sei
auf die sonderbaren Dürer-Nachahmer, den Nürnberger
Johann Hofraan n, den Augsburger Daniel F r ö s c h e 1
und einen dritten, unbekannten, hingewiesen, die am
Hofe des Dürer-Verehrers Rudolf zu tun fanden.
Die köstliche Ergänzung der Gemälde bilden in der
Prager Ausstellung die kunstgewerblichen
Arbeiten aus rudolfinischer Zeit. Man weiß, welchen
unvergänglichen Ruhm sich rudolfinische Wissenschaft
durch den großen Tyeho de Braha erworben hat, der
in Prag seine bedeutsamen astronomischen Beob
achtungen angestellt hat. Von den Instrumenten, deren
sich der Gelehrte bediente, enthält die Ausstellung nicht
nur den riesigen Sextanten, den E. Habermehl im
Jahre 1660 verfertigte, sondern auch eine ganze Reihe
kleiner, mit bewundernswerter Präzision gearbeiteter
Meßinstrumente, die überdies durch den genannten
Meister mit künstlerischen Gravüren bedeckt wurden
und heute noch Anerkennung wecken müssen. Eine Illu
stration anderer Art zu dem geistigen Leben jener großen
Epoche sind die mächtigen Notenbücher des Hoforga
nisten und Komponisten Rudolfs II., Carolus Luyton,
eines Eigentum der Universitätsbibliothek, das andere
dem Grafen Kolowrat-Krako wsky gehörig. Nur
verwiesen kann auf die prachtvollen Medaillen, die herr
lichen, geschnittenen Gläser, die sauberen Miniaturen
werden, die jene Zeit in großer Zahl hervorgebracht hat,
und in denen auch viele der führenden Persönlichkeiten
jener Epoche im Bilde vor Augen treten. Paulus von
Vianen, A b o n d i o, Valentin Maler und andere sind
die Meister. Autogramme Kaiser Rudolfs, Kaiser
Matthias', Erzherzog Ernst«, des berüchtigten Oberst-