Nr. 15/16
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 249
(Vandalismus.) Im Pariser Louvre wurde in der
vorigen Woche von einer 23jährigen beschäftigungslosen bre-
tonischen Näherin namens Delarue ein Frauenbildnis von
Fran?ois Boucher mit roter Tinte besudelt. Das Gemälde
wurde von den Aufsehern herabgenommen und sofort sorg
faltig abgewaschen. Da die rote Tinte noch ganz frisch war,
konnte das Bild ohne Schwierigkeit vollständig gereinigt
werden.
(W e r t v o 11 e Indianer-Bildnisse.) Das ameri
kanische Museum für Naturgeschichte hat jetzt eine große
Sammlung von Gemälden und Skizzen erworben, die aus der
Hinterlassenschaft von George C a 11 i n stammen, der den
größten Teil seines Lebens unter den Indianern Nordamerikas
verbracht hat, und von seinem ursprünglichen juristischen
Beruf zur Malerei überging, um diese bei seinen Indianer
studien zu verwerten. Auf seiner ersten Reise in den Dreißiger
jahren des vorigen Jahrhunderts verweilte er im ganzen acht
Jahre bei 48 verschiedenen Indianerstämmen, unablässig
malend und zeichnend. Die Frucht dieser Arbeiten ist ein be
rühmtes Werk über die nordamerikanischen Indianer, das mit
300 Abbildungen nach Originalen von Catlin ausgestattet
wurde. Schon früher ist ein Teil dieser Indianergemälde des
Malers in einer besonderen Galerie in Washington vereinigt
worden, erst jetzt aber ist der Hauptstamm der Originale in
mehr als 350 Oelbildern, die bis dahin im Besitz der Tochter
Catlins geblieben waren, gleichfalls in den Staatsbesitz ge
langt. Die Gemälde stellen namentlich die Indianerstämme
zwischen dem Mississippi und dem Felsengebirge dar und
rühren von der eisten Reise Catlins her. Dadurch erhalten
sie noch einen besonderen historischen Wert, da sie überhaupt
die frühesten zuverlässigen Abbildungen der Trachten, Zere
monien, Wohnungen u. s. w. dieser Stämme aus einer Zeit
darsteüen, in der diese von den Einflüssen der europäischen
Kultur fast gänzlich unberührt waren. Von diesen Indianer
stämmen der Ebene gibt es überhaupt nur noch von zwei
anderen Künstlern einige Zeichnungen und Gemälde, die sich
aber weder ati Zahl noch an Bedeutung mit der Sammlung
Catlins messen können. Auch ihr malerischer Wert wird
wegen der Großzügigkeit des Entwurfes und der seltenen
Harmonie der Farben sehr hoch veranschlagt. Außerdem ist
noch eine Gruppe südamenikaniseher Skizzen vorhanden von .
einer Reise, die auf Anregung des für Catlin begeisterten
Alexander von Humboldt 1852 unternommen wurde, volle |
sechs Jahre dauerte und zürn Besuch einer großen Zahl von
Stämmen in allen Teilen Südamerikas führte.
Numismatik.
(Münzauktionen.) Für den Herbst sind bereits
zwei Miinzauktionen angekündigt, und zwar ist es Otto Hel
bings Nachf. in München, der für den 14. Oktober und
die folgenden Tage die Versteigerung von Münzen und Me
daillen des Mittelalters und der Neuzeit und für den
23. Oktober von griechischen und römischen Münzen anbe
raumt.
(Die lg lau er Schützenmünze.) Der Medailleur
Hans S c h a e f e r, der durch seine zahlreichen guten Arbeiten
schon einen hervorragenden Rang unter den jüngeren Wiener
Künstlern seines Faches einnimmt, erfreut die Freunde der
Medailleurkimde jetzt durch seine anläßlich des XII. Mähri
schen Landesschießens in Iglau vom 29. Juni bis 7. Juli d. J.
geschaffene Gedenkrnedaille. Das kleine (Durchmesser 40 Milli
meter), aber reizend ausgeführte Werk zeigt im Avers in j
gut bewegter Gruppe die Huldigung der Schützen vor Erz
herzog Raine r. Der kaiserliche Prinz ist stehend als
Monumentalfigur, angetan mit Mantel und Kappe, dargestellt
und dank der dem Künstler gewährten Sitzungen, mit ausge
zeichneter Porträttreue, sowohl was Profil als auch charakteri
stische Körperhaltung betrifft. Im Hintergründe gewahrt man
das alte Wahrzeichen Iglaus, den Frauenturm, und zu Füßen
der Gruppe die mit Lorbeer geschmückte Schützenscheibe.
Der Revers zeigt uns eine sehr gut gewählte, weil charakteri
stische Ansicht der uralten Bergstadt Iglau, darüber das
mährische und das Stadtwappen, von den Jahreszahlen der
Schützenfeste 1894, 1899 und 1912 im Strahlenkränze um
geben. Unten steht die Legende. Dr. Max W e i n b e r g.
(Eine Weingartner-Medaille.) Das nnch-
stehende Bild (Eig. 12) zeigt eine Medaille Felix Wein
gartners, welche ihm kürzlich von einem seiner Verehrer
überreicht wurde. Sie trägt den interessant idealisierten
Fig. 12. St. Schwartz, Weingartner-Medaille.
Kopf des beliebten Dirigenten und ist in Bronze von der
Künstlerhand des Regierungsrates Professor Stephan
Schwartz in Wien ausgeführt. Das k. k. Hauptmünzamt in
Wien hat die Vervielfältigung der Medaille in verkleinertem
Maßstab zu 75 Millimeter übernommen.
(Nickelgeld in Frankreich.) Aus Paris wird
uns gemeldet: Die Finanzleitung Frankreichs ist zu der Er
kenntnis gelangt, daß es höchste Zeit sei, das Land mit einer
praktischeren, leichteren und — appetitlicheren Scheidemünze
zu beschenken. Es gibt in der Tat kaum ein plumperes und
schwerfälligeres Kleingeld als die französischen »Sous«, jene
10- und 5-Ccntimesstücke, die der Einheimische beim Ein-
wechscln einer Silbermünze nur mit Widerwillen, der
Fremde aber mit gelindem Schrecken entgegennimmt. Frank
reich, dessen Kleingeld aus Kupfer von einer ganzen Reihe
europäischer (Italien, Rumänien, Serbien, Bulgarien, Griechen
land) und südamerikanischer Staaten nachgeahmt wurde, be
sitzt das Kupfergeld in seiner gegenwärtigen Form seit
genau 60 Jahren. Napoleon III. war es, der nach dem
Staatsstreich von 1852 sich beeilte, sein Bildnis auf Scheide
münzen von 10 und 5 Centimes populär zu machen. Insge
samt sind hierzulande im Laufe dieser 60 Jahre Kupfer
münzen im Gesamtbeträge von 77 Millionen geprägt worden.
Bezeichnend aber fiir die Langsamkeit, mit der sich die dritte
Republik trotz 42jährigen Bestandes von den Erinnerungen
! des Empire losschält, ist, daß von den 60 Millionen Kupfergeld,
die heute in Frankreich zirkulieren (man rechnet, daß von
den geprägten 77 Millionen zehn eingezogen und sieben zu
Industriezwecken verwendet wurden), die Hälfte noch
immer das Bildnis des dritten Napoleon und die Jahreszahlen
bis 1870 trägt! Das gilt, wenn auch in geringerem Ausmaße,
ebenfalls für das französische Gold- und Silbergeld. Das