Internationale
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.
4. Jahrgang.
Wien, 15. September 1912.
Nr. 18.
Kopenhagener Porzellan.
Von .losef Zenker (Stuttgart).
Fig. 1. Pietro Krohn, Reiherservice.
Den Reiz dieses neuen Porzellans, das auf dem i
Kunstmarkt jetzt eine so bedeutende Rolle spielt, und |
zwar mit Recht, da es
gegenüber allem einen
und zwar zeitgemäßen
Fortschritt darstellt, zu
schildern, ist nicht
leicht. Primitiv ausge
drückt, ist es der Reiz
des abstrakten Orna
mentes in einer neuen
Materie. Den glück
lichsten Formen fehlt
jeder gegenständliche
Inhalt. Es sind aus
drucksvolle Linien,
schön in ihrer Ver
wendung, in ihrer
äußerst ökonomischen
oder äußerst raffinier
ten Verteilung, ge
hoben durch ganz
fabelhafte und dabei
wiederum einfache
Farben und ein fürst
liches Material.
In der Keramik steht
Dänemark bei weitem
an der Spitze, Frank
reich nicht ausge
schlossen, hier handelt
cs sich nicht um Lieb
habereien, wenn auch
hier der hohe Preis das
Schöne nur den Rei
chen zugänglich macht,
sondern um bedeu
tende, weit sichtbare
Anregungen, die dem
modernen Geist för
derlich sind.
Ist cs an sich wun
derbar, daß in dem
kleinen Dänemark, und
zwar in einer und derselben Stadt zwei große keramische
Anstalten ersten Ranges, die königliche, im Privatbe
sitz befindliche Manu
faktur und die Firma
Bing &. üröndahl neben
einander sich zu halten
vermögen, so kann es
doch nicht wunder
nehmen, daß, wo Tech
nik und Kunst an Ori
ginalität und echter,
wahrer Schönheit
wetteifern, die Er
zeugnisse überall An
erkennung finden, und
die dänische Porzellan
kunst, in der die ge
nannten Anstalten,
jede völlig selbständig
von der anderen, um
die Palme streiten,
allenthalben in Europa
nicht nur als hervor
ragende Spezialität,
sondern als ein Aus
fluß echten, modernen
und erfolgreichen
Kunststrebens hoch in
Ansehen steht.
Die künstlerische
Entwicklung des Ko
penhagener Porzellans
ging von dem reichbe
gabten Maler A. J u e 1
aus, der zunächst die
Skulpturen Thoi-
waldsens aus dem
dortigen Thorwaldsen-
Museum kopierte und
damit auf der Weltaus
stellung vom Jahre
1862 in London so
großen Erfolg erzielte,
daß fortan Kopenhagen