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^ammfer^eifung 
Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde. 
Herausgeber: Norbert Ehrlich. 
4. Jahrgang. Wien, 15. Jänner 1912. Nr. 2. 
Die Sammlung Herzfelder. 
Von Dr. Ludwig W. Abeis (Wien). 
Die Kunstausstellung, von der ich im nachstehenden 
ein Bild geben will, ist in einem kleinen Kreise schon 
lange rühmlich bekannt, ln der großen Oeffentlichkeit 
freilich weiß man gar nichts von ihr, wie ja unsere fein 
sten Kunstschätze, soweit sie nicht in den großen öffent 
lichen Museen sich befinden (und selbst dort oft:), im 
verborgenen blühen. Die Sammlung des Herrn Kommer 
zialrates Hugo Herzfelder gehört zu einer Kategorie, 
welche der Wiener Sittcnschilaerer einmal ausführlicher 
betrachten müßte: nämlich zu jener für unsere neueste 
Zeit ungemein verdienstlichen Art von Kunstsammlungen, 
die nicht aus Spekulation entstanden sind, sondern bei 
denen das reiche, bereits vorhandene Material unter dem 
Eindrücke modernen Kunsteffekts erst entsprechend aus- 
gebaut wurde. 
Dieser Umstand macht es mir besonders angenehm, 
mich mit diesen Kunstschätzen zu beschäftigen. Der Ge- 
mäldespezialist wird heutzutage zumeist in solchen Fällen 
um sein Urteil und seine Schätzungen angegangen, wenn 
ein älterer oder neuerer Bestand aufgelöst werden soll, 
auf dem Wege einer öffentlichen Versteigerung oder 
durch privaten Verkauf. Er wird oft nur — man verzeihe 
das harte Wort — als Reklametrompete benützt, weil die 
geldgierigen Leute auf Grund seines Renommees ihren 
Kunstbesitz möglichst lukrativ verwerten wollen. Man 
bekommt durch solche Tätigkeit gar tiefen Einblick in das 
Seelenleben seiner Zeitgenossen. Der Egoismus und die 
(her ist der vorherrschende Zug, mag es sich nun uni 
Leute handeln, die ihre Sammlung ererbt haben, oder 
solche, die sie unter dem Einflüsse der heutigen Preis 
steigerung spekulativ zusammengestellt haben. 
Anders verhält es sich bei der in Rede stehenden 
Sammlung. Die Familie Herzfelder ist eine schon lange 
in Wien ansässige, und sowohl das Mobiliar des Hauses 
wie der grüßte Teil des Gerätes, der Zierobjekte etc. 
stammen aus der Empire- und Biedermeierzeit, enthalten 
Objekte von schönster und aparter Form. Möbel mit 
Bronzen, Sofas und Fauteuils in »englischem« Wiener 
Stil, Alt-Wiener Porzellangruppen, Uhren, Fächer, Dosen, 
Stickereien, Stiche, Familienporträts und Miniaturen — 
das alles bildete seit vielen Jahren ein anheimelndes ge 
schmackvolles Milieu. Es fehlte in den Räumen nur 
und auch dieser Mangel ist für Wien charakteristisch 
an Gemälden. Ich habe das hier so oft beobachtet: 
wertvolle Meisterwerke findet man in Wien und Oester 
reich fast nur in den paar allgemein bekannten Palast 
sammlungen, wie Liechtenstein, Czernin, Harrach, Schön 
born. Schon im 18. Jahrhundert erlahmte hier das Inter 
esse an Gemälden, während das kostbarste Bric-ä-brac 
zusammengetragen wurde. Und in der Empire- und 
Biedermeierzeit konnten die Maler und Bildhauer schon 
verhungern. Wollten sie das nicht, so mußten sie sich 
auf 1 utzbrirgende Spezialitäten verlegen: aufs Miniatur- 
rualen, Silhouettenschneiden, aufs Stechen und Litho 
graphieren, ja im ärgsten Notfall auch aufs Horndrechsein, 
Pfeifenschneiden und Aehnliches, wie es der brave 
Löschen kohl viele Jahre tun mußte. 
Erst in den letzten fünfzehn Jahren begannen die 
Wiener Patrizier, vor allem aber die reichen Bankiers 
und Großindustriellen wieder zu sammeln, und es ist 
interessant, daß diese Tätigkeit sich hauptsächlich 
auf zwei Epochen und Gebiete erstreckte: auf 
die Niederländer des 17. Jahrhunderts und 
auf die A 11 - W i e n e r von 1780 b i s 1850. Die italieni 
sche Kunst hat — mit Ausnahme von Frühwerken, wie 
sie Graf Lanckoronski, B e n d a, F i g d o r pflegen 
hier keinen Markt. Und die französische Kunst des 
18. Jahrhunderts hat nur in wenigen Persönlichkeiten — 
ich nenne beiläufig den verstorbenen Baron Nathaniel 
Rothschild, Herrn Paul v. S c h ö 11 c r, Herrn Guido 
v. R h o, verständnisvolle Schätzer. 
Aber gute holländische Meister, besonders die Genre 
maler der Richtung Ostade, Teniers, Jan Steen, Klein 
meister wie Terborch und Metsu, dann die Porträtisten, 
Landschafts- und Stilleben-Maler sind hier mit Eifer und 
Verständnis gekauft und zusammengestellt worden. 
Matovansky, Meyer (Karlsbad), Rudolf v. G u i- 
m a n n, Dr. T a f 1 e r, Dr. Kornfeld, Eerd. Spiegel 
und andere haben jede sich bietende Gelegenheit benützt, 
um einen wertvollen Grundstock zu errichten. 
Zu dieser Gruppe gehört auch der Gemäldebestand 
der Sammlung Herzfelder, mit der ich mich hier aus 
führlicher beschäftigen will. Die anderen Bestandteile der 
Kollektion, auch die Wiener Meister, unter denen sich 
Danhauser, Kriehuber etc. befinden, mögen ein anderes 
Mal geschildert werden. 
Am zahlreichsten sind die niederländischen Genre 
maler vertreten. Da ist zunächst ein vorzüglicher Isaac
	        
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