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Internationale Sammler- Z e i t u n g. 
Nr. 21 
Verschiedenes. 
(Die Wandteppichsammlung Pierpont 
Morgans) Der amerikanische Sammler und Multimillionär 
Fiel pont Morgan hat der französischen »Societe des 
Amis du Louvre« gestattet, die sämtlichen »gotischen« Tapis 
serien, die er im Laufe der Jahre gesammelt hat, in der neuen 
Oalerie Seligmann auszustellen und den Ertrag der Ausstel 
lung fiir ihre Zwecke zu verwenden. Die Wandteppiche werden 
eii en Monat hindurch ausgestellt bleiben und kommen dann 
an ihren Bestimmungsort, das Metropolitan-Museum in New- 
york. In der Vorrede zum Katalog schreibt Seymour de 
I^icci: »Man weiß, daß es auf der ganzen Welt nur drei 
große Sammlungen von gotischen Tapisserien gibt: die des 
königlichen Hauses von Spanien, die der kaiserlichen Familie 
von Oesterreich und die dritte, den anderen beiden kaum nach 
stehende, des Brüsseler Museums. Nun kommt eine vierte 
Sammlung dazu, die ein Amateur in wenigen Jahren angelegt 
hat und die bald neben den anderen genannt werden kann. Es 
sind Stücke darunter, die man nicht als angenehme Augen 
weide kurze Zeit betrachtet, wie die schönen Wandver 
kleidungen, deren sich noch so viele in alten Schlössern vor 
finden. Diese Tapisserien des 14. und 15. Jahrhunderts, die 
gioße Flächen schmücken und verdecken sollten, behandeln 
ernste geschichtliche Vorgänge, und jedes Detail ist bei ihnen 
von Wichtigkeit. Bei manchen ist die Darstellung des Vor 
ganges, der Menschen, der Symbols von so großer Wichtig 
keit, daß man darüber die meisterhafte Technik vergißt, welche 
das Gewebe, die Seide und Wolle, die Farben und das einge 
wobene Metall beherrschte und dein Werke unverwüstliche 
Dauer verlieh. Da ist vor allem ein großes Stück, die »Löwen 
jagd«, von der man glaubt, sie stelle die von Curtius Quintus 
beschriebene Jagd dar, an der sich Alexander der Große auf 
seiner Expedition nach Indien beteiligte. Seymour de Ricci ist 
nicht dieser Ansicht. Die mythischen Tiere, die neben den 
Löwen dargestellt sind, bringen ihn auf den Gedanken, daß die 
Wandverkleidung eine Illustration des Epos Ramayana ist, und 
er hat alle Einzelheiten des Kampfes des Helden Rarna in dem 
geslaltenreichen Bilde entdeckt. Ein anderer Wandteppich, 
»Das Wunder der beiden Kinder« benannt, gibt die Geschichte 
der beiden vom Bischof von Besancen, dem heiligen Claudius, 
ins Leben zurückgerufenen Kinder, die ein grausamer Onkel 
ertränken ließ. Ein großartiger Wandteppich stellt das »Kredo« 
in der Weise dar, wie es auf heute fast unbezahlbaren kleinen, 
einst vielverbreiteten Holzschnitten des 14. Jahrhunderts zu j 
sehen ist. Weitere bewundernswerte gotische Wandteppiche 
sind; »Ecce Homo«, »Das Urteil Ottos«, »Das Gelübde des 
Ritters«, »Das Turnier«, »Das heilige Antlitz auf dem Wege 
nach Rom«, »Aeneas und Dido«, »Der Kampf zwischen den 
Tugenden und den Lastern«. Letzteren hat Pierpont Morgan 
im Schlosse Kuole in der Grafschaft Kent gekauft, wo einst 
die Erzbischöfe von Canterbury herrschten, Einer der 
schönsten Wandteppiche ist »Die Kreuzigung«, der ganz von 
Goldfäden durchwirkt ist und den Pierpont Morgan im ver 
gangenen Frühjahr bei der Jean Dollfus-Versteigerung erwarb. 
Alle diese gewobenen Bilder sind von entzückenden Bordüren 
umgeben, von einem Farbenreichtum und einer großen Mannig 
faltigkeit. 
Museen. 
(Budapest er N a t i o n a I m u s e u m.) Das National- 
museum in Budapest ist in letzter Zeit in den Besitz wert 
voller ägyptischer Antiquitäten gelangt. Finer der interessantesten 
Gegenstände ist ein Grabdenkmal aus rotem Granit, das König 
Thutmosis II. zu Beginn des XV. Jahrhunderts v. Chr. einem 
seiner Gardisten errichten ließ. Am unteren Teile des Steines be 
findet sich eine Hieroglypheninschrift: »eine Hymne an Gott 
Amon«. Interessant sind ferner: die Porträts eines Königs aus 
der XVII. Dynastie und einer Prinzessin, das erstere aus 
schwarzem Diorit. das zweite aus rötlichem Granit; ferner eine 
Grabtafel aus dem XIX. Jahrhundert v. Chr. Einer der wert 
vollsten Gegenstände der Sammlung ist der mit phantastischen 
Zeichnungen geschmückte Mumiensarg der Prinzessin Nesta- 
nater; zu Füßen des Sarges ist ein kleiner Schrank zu sehen 
der zur Aufbewahrung jener Gefäße diente, in welche die bei 
der Einbalsamierung der Leiche entfernten Weichteile gelegt 
wurden. In dem Sarge fand man auch die Sandalen der Prinzessin, 
ferner eine Papyrusrolle und zahlreiche kleine Statuen aus Holz, 
Stein und Fayence. Eine Sammlung von Amuletten, Bronze 
statuen u. s. w. ist dem Museum vom Botschafter Prokesch- 
Osten geschenkt worden, der diese Gegenstände seinerzeit 
vom Vizekönig von Aegypten, Mehmed Aii, zum Geschenk er 
halten hatte. 
(Ein neuer DonatelTo im Kaiser Friedrich- 
M u s e u m.) Im neuesten Heft des »Jahrbuches der kgl. preuß. 
Kunstsammlungen« sucht Wilhelm Bode eine im Kaiser Fried 
rich-Museum in Berlin befindliche, von ihm 1890 erworbene 
Marmorstatuette einer Maria mit dem Kinde dem Dona- 
tello zuzuweisen. Das keineswegs bedeutende, in Ausdruck 
und Haltung ungeschickte Bildwerk, das sich an der Grenze 
der in den letzten Jahrzehnten des Trecento bereits erstarrten 
Gotik hält, ist bislang unter dem von Bode geprägten Sammel 
namen der »Florentiner Tonbildner« geführt worden. Bode 
kommt zu seiner Vermutung, daß es sich hier um ein Jugend- 
w e r k Donatellos handeln könnte, durch den Vergleich mit den 
beiden nach eigentümlich befangenen Prophetenstatuen an der 
Porta della Mandorla und dem Marmordavid im Bargello, von 
denen er die streng ovale Form des Kopfes, die kleinen mandel 
förmigen, scharf umränderten Augen und die Art. wie die Augen 
sterne eingezeichnet sind, wieder finden will. Und er macht 
weiter aufmerksam auf die großen Hände, deren Knöchel noch 
kaum angedeutet sind, während die Nägel ängstlich eingeritzt 
sind, sowie auf die enge Einhüllung der Figur in reiche, ge 
fütterte Gewänder, die mannigfache große Falten bilden und nach 
gotischer Ueberlieferung noch über die Fiißc auf den Boden 
fallen. Charakteristisch wäre auch die malerische Wirkung, die 
dadurch erzielt wurde, daß der Mantel auf der einen Seite hoch 
genommen und über den Unterarm gezogen ist, während die 
Stoffe mehrfach umgeschlagen sind, so daß die Futterstoffe nach 
außen gekehrt wird. Die plumpe Bildung des Kindes wird mit 
einem Hinweis auf die ähnlich plumpe Kinderfigur an dem 
Lyoner Marmorrelief des Tanzes der Salome und den nicht viel 
belebter erscheinenden Madonnenreliefs der Zwanzigerjahre 
j erklärt. 
Vom Kunstmarkt. 
(Die Samml u n g M a n o s.) Eine Kollektion von 186 Ge 
mälden alter Meister gelangt am 27. November in der Galerie 
H e 1 b i n g in München zur Versteigerung. Es sind hier vereinigt 
die Sammlung des gewesenen griechischen Gesandten in Wien, 
Gregor M a n o s, sowie eine Sammlung aus altem adeligen Be 
sitz in Bologna und Bilder aus anderem Privatbesitz. Am 
stärksten vertreten sind die Italiener und Holländer des 16. und 
17. Jahrhunderts, aber auch vom 18. Jahrhundert und dem Be 
ginn des 19. sind charakteristsische Arbeiten zu sehen. Zwei 
Tafeln mit Heiligen, die von der Hand eines Tiroler Meisters 
stammen, führen uns in das Zeitalter der Gotik zurück. Einige 
andere deutsche Arbeiten gehören schon in den Anfang des 
16, Jahrhunderts. So die koloristisch interessante »Heilige«, die 
einem rheinischen Meister zugeschrieben wird, der »Astronom«, 
der nach Süddeutschland gehört, sowie ein männliches Bildnis 
aus dem Jahre 1504, dessen Ursprung in der Schweiz zu suchen 
ist. Die venezianische Kunst im 16. Jahrhundert repräsentiert 
eine »hl: Katharina« des Bartoiorneo Veneziano und eine 
»Anbetung der hl. Drei Könige«, die durch ihre Beziehungen zu 
Jacopo Bassano und Greeo interessiert. Ferner »Mariä 
Tempelgang« von Schi av o n e, »Christus am Kreuz« von 
S a v o 1 d o und zwei Arbeiten von Battista F a r i n a t i. Von
	        
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