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Internationale S-.a nun 1 e r - Z e i t u n g.
Nr. 3
Faksimiledruck und den Holzschnitt im Lutherischen
Narren, Kürschners Ansgäbe.&■; 83; schließlich ver
gleiche' inan das Blatt Murner und der Luthe
rische Narr (Fig. 6) mit dem Holzschnitt der Mühle
von Schwindelsheim, Hl. 4 v, ein rohen narren fressen,
und mit dem Klapperbenckly aus der Schelmenzunit
1513; ich glaube, diese wenigen Beispiele, denen icn
noch' zahlreiche andere beifügen könnte, beweisen, daß
alle diese Illustrationen von derselben Hand gezeichnet
sind, derselben Hand, die den Sabellieus illustriert hat.
Gehen wir noch weiter in Murners illustrierten
Werken zurück, so kommen wir zu den mnemotechni
schen Spielkarten, die er für die Erlernung der Logik
im Jahre 1507 und für die der Institutionen vor 1502 ge
zeichnet hat. Das logische Kartenspiel kenne
ich aus den Holzschnitten in Murners Logica memora-
tiva, Straßburg, Oriininger 1509, mit Vorrede datiert
Freiburg 1508. Im Exordium erklärt Murner, er habe die
in dem Huche abgebildeten Spielkarten entworfen, nicht
aus widerrechtlichem Vergnügen, nulla me Chartas
effingendi voluptas impulit iniuriosa; und in dem am
Schlüsse abgedruckten Testimonium der Universität
Krakau wird bezeugt, Thomam Murner hanc chartilu-
diorum praxim apud nos finxisse. Im Frankfurter
Bücherfreund VIII, S. 87, war der Holzschnitt von
Bl. H 6 reproduziert; er ist, wie alle übrigen in dem
Buche, im Stile der Grüningerschen Offizin gehalten,
geht aber, wie alle anderen, unzweifelhaft auf Murners
Zeichnungen zurück. Nur die große Abbildung auf RI. 6v
ist Kopie eines Holzschnittes in der Schcttschen Aus
gabe von Ketschs Margarita philosophica. Das ju
ristische Kartenspiel Murners existierte schon
im Jahre 1502, wie wir durch einen von diesem Jahre
datierten Brief Thomas Welfs wissen.’) Das ganze Spiel
bestand ans 121. Blättern. Ein Exemplar, an dem zwei
Blätter fehlen, besitzt die Universitätsbibliothek Basel;
L. Sieber hat es in der erwähnten Arbeit eingehend
beschrieben. Ein zweites Exemplar von 110 Blättern, im
Besitze des Hof m u seu m s in Wi e n, hat neuerdings
A. Weixlgärtncr in knn.stgeschichtlicher Hinsicht
besprochen.'*) Er schreibt darüber: »Das Spiel wurde
schon 1502 vom Thomas Murner publiziert, und zwar
wahrscheinlich in Straßburg .... Die Holzschnitte sind
recht roh und unbeholfen. Mit der Straßburger Tllustra-
torenscbule, besonders dem 1510 bei Hurfuff er
schienenen Tenglerschen Layenspiegel (Kristeller, Ab
bildung nach S. 56) zeigen sie wohl ziemlich nahe stili
stische Verwandtschaft, doch vermag ich in den mir
bekannten Drucken keinen Zeichner zu nennen, dessen
Hand ich sie zimischreiben wagte.« Ich glaube, man kann
sie keinem änderen Zeichner als Thomas Murner selbst
?.us>'hreiben und die stilistische Verwandtschaft mit der
Straßburger Schde ist auf Rechnung des Formschneiders
zu setzen. — Wie das logische Kartenspiel, erschien
auch das juristische als Buch, aber erst 1518: Charti-
ludiutn Institute sümmarie. Argeritine per Joh. Prüss
') Quid non autlet nionuchus iste, schreibt Wolf, qui
sacratissimas Justiniani institutiones ineptissimis depravavit
glossis? Nec ea re satiatus addidit imagunculäs quasdam mai-
ginibus depictas. Prob nefas: ut protinus jam edicta caesarea
appareant chartae hrsoriae. Und Murner antwortete kurz darauf.
Ingenue fatcor me in imperatorias constitutiones quosdam com-
mentarios edidisse, cartiludium institutionum ac pictasmatc
Justinianum, textum ad facilem memorandi viam revocässc
(Sieber L„ Murner und sein Jurist. Kartenspiel, in Beitr. zur
vaterlärid. Gesell. Basels, X, S. 288 bis 189).
u ) A. Wefxlgärtner. Üngedruekte' Stiche, im Jahrb. d.
Kunsthistor. Samml. d. allerhöchst. Kaiserhauses. Bd. XXIX,
Heft 4, 1911,
impensis J. Knoblouch. ) Nach Sieber (1. c. pag. 304)
sind die zwölf Asse mit den Fürstenbildern unzweifel
haft mit denselben Holzstöcken wie das eigentliche
Kartenspiel gedruckt. Bei den übrigen Figuren kommen
Abweichungen vor. Das Blatt mit dem Bild des Kaisers
hat Kristeller S. 66 abgebildet. Die Aehnlichkeit in der
Zeichnung mit den Papstbildern in der Schlettstadter
Handschrift, die zweiunddreißig Jahre später entstanden,
ist groß. Auch dieser Kaiser sitzt in lebendiger Stellung
auf seinem Throne, auch bei ihm sind die Beine ver
zeichnet.
Dagegen sind nicht von Murners Hand die Miniaturen
einer Handschrift des Chartiludium Institute, die die
Stadtbibliothek in Nürnberg besitzt.") Sie ist nicht vor
1515 entstanden, da auf der Rückseite des Titelblattes
Murners »inlimatio 1515 facta in universitatc Trevirensi«
steht. Nach S t i n t z i n g ist die Schrift fest und korrekt,
überhäuft mit Abbreviaturen. Die Figuren sind sorgfältig
ausgeführt und bemalt; jedoch fehlen sie im letzten
Viertel des Buches, wo der Raum zu ihrer Eintragung
freigelassen worden ist . . . Sie sind denen im Drucke
gleich, aber die Reihenfolge ist verschieden, der Text
mehrfach abweichend. 9 ) Auf dem Vorsatzblatte steht die
Notiz: Dono honesti civis Arbogasii Stercker hcrcdi.s
Th. Murncri hie über ad Theobaldum Nigri Picbanum
Petri Senicris Argcnt. pervenit. d. 23. Aug. ao. 37. Ich
kenne diese Handschrift bisher nur durch die Photo
graphie der im Katalog Solger erwähnten Miniatur des
Heroldes, die die Nürnberger Stadtbibliothek die Güte
hatte, für mich hersteilen zu lassen, ich glaube aber auf
Grund dieser Photographie annehmen zu können, daß der
Bildersehmuck dieser Handschrift von keinem Geringeren
als Hans B ar g k m a i r herrührt.
Die Behandlung dieser Frage gehört nicht mehr zu
meinem Thema, cs sei daher vorläufig folgendes nur an
gedeutet: Fr. Dörnhöffer hat einen unbekannten
Holzschnitt des British Museum mit der Jahreszahl 1504,
einen Herold mit Wappen darstellend, Burgkmair zuge
schrieben, 1 ") Weixlgärtncr (I. c. pag. 264) hat die Ueber-
einstimmung dieses Holzschnittes mit dem Herold auf
dem letzten Blatte des Mumerscheii juristischen Karten
spieles des Hofmuseums in Wien nachgewiesen und er
klärt, Burgkmair habe »unzweifelhaft den Herold des
anonymen Straßburger Zeichners kopiert«. Vergleicht
man nun die beiden von Weixlgärtner auf S. 262 und 263
! nebeneinander gestellten Herolde Murners lind Burgk-
mairs mit dem Herold der Nürnberger Handschrift, den
ich in Fig. 7 nach der Photographie wiedergebe, so
; scheint mir klar, daß die Miniatur der Nürnberger Hand-
") Auch in diesem Werke finde ich einen Beweis, dal.!
Murner die Illustrationen seiner Bücher zugleich mit dem
i exte herstellte. Fr sagt darin (nach Liebenau, Murner in
Basel, Basler Jahrbuch, I, S. 96, 12), er habe eine illustrierte
Ausgabe der Instituten vorbereitet (quam typis atque figuris
or jinaviinus), wegen ihrer vielen und sonderbaren Bilder aber
keinen Verleger gefunden (ob sui rnirandas figurarum pro-
tiactioues usque in hanc horatn oxprimi non potuit).
s ) Zuerst beschrieben in Bibliotheca A. R. Solger.
No.rimb. 1760. vol. I. p. 248, Nr. 24: Instituta, vel Justiniani In
stitutiones Juris. Codex chartaceus propria manu Thomae
Murneri. Ao. 1515. scriptus. Cum quanipliirimis paradoxis fi-
gi ris . . Heraklus vel Caduceator Caesareus etiam ferme
sub finem Codieis artificiose pictus cernitur. — Am ausführ
lichsten behandelt von R. Stintzing, Gesell, der populären
I iteratur des römisch-kanonischen Rechtes, Leipzig 1867,
S. 465 ff.
°) Stintzing, I. e.
10 ) Fr. Dörnhöffer, lieber Burgkmair und Dürer, in Bei
träge zur Kunstgeschichte, Franz Wickhoff gewidmet, 1903,
S. 12(1 ff. Vgl. C. Dodgson, Catalogue of German woodeuts in
the British Museum. Vol p, 19H, p . 55. Nr. 2. Die Jahreszahl
1504 faßt Dörnhöffer nicht als Datierung des Holzschnittes
I auf, sondern bezieht sic auf'-den Inhalt der Darstellung.