MAK
Seite 106 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 7 
Preise der Kunstwerke einst und jetzt. 
Berlin war in diesen Tagen der Schauplatz einer jener 
großen Auktionsschlachten, in denen mit Hunderttausenden von 
Mark um die Gemälde alter Meister gekämpft wird: wohl die 
großartigste Privatsammlung alter Bilder, die Deutschland besaß, 
die Hamburger Sammlung Webe r, wurde versteigert, und 
Mantegnas »Maria mit dem Kinde« hat mit fast 600.000 Mark 
einen ganz außerordentlichen Preis erzielt, dem ähnliche Ueber- 
laschungen folgten. Da mag es interessieren, einiges über den 
ungeheueren Aufschwung zu erfahren, den die Preise für Kunst 
werke in den letzten 50 Jahren erfahren haben. 
Gerade vor einem halben Jahrhundert, so erzählt Stephan 
B e i s s e 1 in seinem interessanten Buche über gefälschte Kunst 
werke. wurde in Köln die Sammlung Weyer verkauft, und man 
staunte über die »ungewöhnlich hohen Preise«, die damals er 
zielt wurden. Sieht man sich diese Preise näher an, so stehen 
an der Spitze 4600 Taler für eine Madonna von Memling, 
die die Londoner Nationalgalerie erwarb; 1000 Taler wurden für 
die Veronika des Meisters Wilhelm von Köln bezahlt, 
900 und 1020 Taler für zwei Bilder des Jan van Eyck, je 
260 Taler für zwei treffliche Bilder des Roger van der 
Wey den. Alle diese Werke würden heute für mehr als das 
Zehnfache nicht zu haben sein. Die Berliner Galerie hat für 
Dürers Holzschuher-Bildnis schon 400.000 Mark ausgeben 
müssen; heute würde ein solches Werk von einem amerika 
nischen Millionär mit Millionen aufgewogen werden. 
W'ie Werke bestimmter Meister eine Steigerung ihres 
Wertes bis ins kaum Glaubliche erleben, dafür ist Frans Hals 
der Beweis. Seine Bilder, diese im 18. Jahrhundert gering ge 
schätzten »Sudeleien«, brachten kaum ein paar Mark. Auf einer 
Leydener Auktion wurde 1772 das Porträt des »Peter van der 
Mersch« für 25 Mark, auf einer Berliner 1786 der »Johannes 
Acronius« für 5 Mark, 1800 das berühmte herrliche Bildnis des 
Wilhelm van Heythuysen für 85, Mark verkauft. 1870 brachte in 
Paris ein Porträt schon 15.000 Franken und nicht ganz 30 Jahre 
später kaufte Pierpont Morgan ganz dasselbe Bild für 
650.000 Franken. 
In allerjüngster Zeit ist von einem Amerikaner für ein 
Gruppenbildnis des Hals eine Million Mark angelegt worden. 
Aehnlich verhält es sich mit den Preisen bei Rembrandt 
wenngleich sie nie so tief gesunken sind, wie die für Hals. Im 
Jahre 1790 war der Rekordpreis, der für ein Werk von Rem 
brandt gezahlt wurde, 17.120 Livres; etwa 100 Jahre später, 
1883, wurde das herrliche Bild »Josef und Potiphar«, das jetzt 
das Kaiser Friedrich-Museum schmückt, für 200.000 Franken er 
worben. Heute werden gute Gemälde von Rembrandt. die in der 
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts etwa den Preis von 40.000 
Gulden hatten, mit einer halben Million und mehr Mark bezahlt. 
Rubens, der schon bei Lebzeiten mit seinen Werken 
viel verdiente, erhielt Preise von 1000 bis 1200 Gulden pro Bild. 
1776 wurden die großen Altarbilder in Antwerpen mit 12.000 bis 
14.000 Gulden geschätzt. Dagegen brachten bei der Versteige 
rung der Blenheim-Sammlung in London zwei kleinere Arbeiten 
von Rubens eine Million Mark. Die Bilder der italienischen Blüte 
zeit hatten schon früher angemessene Preise erzielt und die 
Steigerung ist daher nicht so bedeutend. Trotzdem wird man die 
völlige Veränderung in den Wertungen des Kunstmarktes daran 
erkennen, daß 1883 für ein hervorragendes Werk von 
M a n t c g n a, seinen »Samson und Dalila«, 47.240 Mark ge 
zahlt wurden, also nicht noch einmal ein Zehntel von dern, was 
für den Mantegna der Sammlung Weber erzielt wurde. 
Ausgezeichnete Werke haben es allerdings schon früher zu 
märchenhaften Preisen gebracht. So stand 1884 die Londoner 
Nationalgalerie mit dem Herzog von Marlborough in Unterhand 
lung wegen Raffaels »Madonna dei Ansidei«, und van 
Dycks Reiterporträt Karls I. Ein Taxator schätzte den Raffael 
auf 2.310.000 Mark, den van Dyck auf 630.000 Mark; die 
Nationalgalerie erlangte den Raffael für 1,400.000 Mark, den van 
Dyck für 437.500 Mark. Der kostbare Raffael aber war infolge 
der im Museum herrschenden trockenen Hitze nach einem Jahre 
so verunstaltet, daß eine seinen Wert sehr vermindernde Restau 
ration vorgenommen werden mußte. 
Auch der Patriotismus spielt bei Bilderpreisen eine Rolle; 
1905 kaufte der Louvre ein dem großen französischen primitiven 
Meister Jean Fouquet zugeschriebenes Männerporträt, das 
ein österreichischer Sammler fünfzehn Jahre vorher für 
160 Franken erworben hatte, für 200.000 Franken. Auf einen be 
sonderen Nationalstolz der Engländer sind sodann die ungeheueren 
Preise für die britischen Meister des 18. Jahrhunderts zuriiekzu- 
fiihren. Gainsboroughts Bildnis seiner Tochter, das 1864 für 2410 
Franken verkauft wurde, brachte 1902 mehr als das Fünfzigfache 
(120.400 Franken) und würde heute wohl das Hundertfache 
kosten. 1877 wurden 49 Porträts von Raeburn für 120.000 
Mark losgeschlagen; 1905 brachte ein einziges die gleiche 
Summe. 
Das gleiche Bild eines stets steigenden Wertes zeigt sich 
auch bei den Werken des Kunstgewerbes. »Wahrhaft er 
schreckend« hat man die Preise genannt, die in den letzten Jahr 
zehnten für Renaissancebronzen angelegt wurden. Dabei mag 
mitgewirkt haben, daß der größte Vertreter der »amerikanischen 
Gefahr« auf dem Kunstmarkte. Pierpont Morgan, diese köst 
lichen Kleinplastiken besonders liebt. Er kaufte einen flüchtigen 
Rohguß, dessen italienische Abstammung sehr bestritten war, 
fiir 34.500 Mark. Der Rohguß einer Herkulesstatuette, für den ein 
Kenner 2500 Mark geboten hatte, wurde von einem Händler für 
124.000 Mark erstanden und für 150.000 Mark weiterverkauft. 
Neben den italienischen Bronzen sind seit kurzem die italie 
nischen Majoliken das Entzücken der Sammler. Bode hat 
erst vor kurzem in seinem großen Werke über Majoliken er 
zählt, in wie geringem Ansehen diese »Scherben« früher standen, 
wie mau sie »für ein Butterbrot« erwerben konnte. Heute zahlt 
man für Schüsseln aus dem 16. Jahrhundert 5000 Mark, und eine 
TJrbinosehale brachte den Preis von 19.000 Mark. Für eine Folge, 
von acht Gobelins aus dein Schlosse Moritzburg in Sachsen, für 
die Lord Amherst 60.000 Mark bezahlt hatte, wurden 1908 
242.000 Mark erzielt. Um die Beauvais-Tapisserien der Samm 
lung Rann entspann sich ein wahrer Kampf zwischen Pierpont 
Morgan und der französischen Regierung, der natürlich mit dem 
Siege des Millionärs endete, ihm aber ein großes Vermögen 
kostete. Die neueste Mode der Sammler, die goldene Früchte 
trägt, ist die Liebe zu gotischen Holzskuipturen, die heute 
hundertfach so hoch als vor 50 Jahren bezahlt werden. 
Chronik. 
Bilder. 
(Ein Correggio in Preßburg.) Die »Preßburger 
Ztg.« berichtet in ihrer Nummer vom 24. März d. J.: Der be 
kannte hiesige Bildersammler Geza v. Ozmits hat ein Ge 
mälde erworben, welches er als Correggio anspricht. Herr 
v. Ozmits ließ dieses Bild in Wien durch den subtilen, ver 
sierten und berühmten Gemäldekenner und Galeriedirektor Dr. 
Theodor v. Frimmel genau überprüfen. Dieser hervor 
ragende Kunstsachverständige bestätigte das von Ozmits er 
worbene Bild als Original von Correggio. Zur Zeit be 
findet es sich im Wiener kunsthistorischen Museum und wird,
	        
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