MAK
Nr. 8 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Seite 115 
Bei der Vorführung der Sammlungen gestattete der be 
schränkte Raum immer nur einen Teil, einen kleinen Aus 
schnitt der reichen Fülle zu geben. Aber eben dieser Teil ließ 
auf das Ganze schließen und regte zu weiteren Studien an. 
Viele Sammlerinnen reizte der Orient mit seiner alten Kunst 
und Kultur, mit den Mysterien seiner Weltanschauung. So 
Stellte die Krbprinzessin Leopold von Anhalt chinesische 
und japanische Netsukes aus, Frau Lilli So beruhe im eine 
Sammlung von Buddhafiguren, Frau Olga Julia Wegen er 
altchinesische Bronzen, Porzellane und Schnitzereien, Frau Dr. 
Frieda Hahn neben altklassischem und orientalischem 
Schmuck babylonische Siegel. Die bekannte Forschungsreisende 
Frau Professor Cäcilie S e 1 e r stellte Proben ihrer reichen 
Sammlungen mexikanischer Kunst aus; ganz besonderes Wohl 
gefallen erregten die zierlichen Gebrauchsgegenstände aus ge 
triebenem Silber aus der Kolonialzeit von Bolivien und Peru. 
Frau Kapitänleutnant Paasche sammelte Schnitzereien aus 
Ebenholz und Elfenbein in Ostafrika und Sansibar und ent 
zückend feine Flechtereien. Aber auch im Deutschen Reiche 
gibt es Vieles und Schönes zu sammeln. Frau Professor 
Luise Knoblauch reizte die textile Kunst in alten Stoffen 
und Meßgewändern, Frau Gisela Koberstein sammelte 
Fächer und Hauben, Frau Baumeister Usbeck altdeutsches 
Spielzeug, darunter prachtvolle originelle Holzschnitzereien. 
Handarbeiten des 16. bis 19. Jahrhunderts sammelt Frau Ge 
neralkonsul Sophie W e d e k i n d, darunter spanische und 
italienische Perlstickereien, spanische Fächer Frau Mathilde 
Kocherthaler, Spitzen Fräulein Bertha Pappenheim; 
besonders herrliche Spitzen entstammten der Rosenkranz 
sammlung der Baronin v. Pilgrim-Baltazzi. 
Die Vorliebe mancher Sammlerinnen erstreckt sich auf 
originelle Gegenstände. So erregte die Fingerhutsammlung der 
Baronin Lilli v. Schey mit ihren Hunderten von Fingerhüten 
aus Silber, Gold, Elfenbein, Knochen und bemaltem Porzellan 
stets das Interesse des großen Publikums. Originell war auch 
die Sammlung von Tierplastiken von Frau Olga v. Wasser 
mann, die Porzellantiere der verschiedenen Epochen, beson 
ders Katzen und Hunde aus den Manufakturen von Meißen, 
Ludwigsburg und anderen enthielt. Sehr wertvoll war die 
Sammlung von Miniaturen und Uhren des Fräulein Tilly 
Waldegg. Ganz besonders interessierten die alten Taschen 
uhren (Nürnberger Eier), viele mit Emailledeckeln, mit Por 
zellanmalereien, mit goldenen, edelsteingeschmiiekten Gehäusen; 
Uhren so groß wie eine Faust und Uhren als Anhänger in 
kleinen Kapseln zu tragen, ja sogar eine Uhr in einem Siegel 
ring. Auch die reichhaltige Tassensammlung von Frau Jenny 
Stürikow erweckte vieles Interesse. Vielleicht am reich 
sten wendet sich der Sammeleifer den Gegenständen zu, die 
bestimmt sind, trotz ihrer leichten Vergänglichkeit, den Geist 
und die Umrisse der Persönlichkeiten vergangener Jahrhunderte 
festzuhalten. Medaillen, Plaketten, Exlibris sammelt Frau Kom 
merzienrat Margarete Strauß, Fräulein Aenni Löwen 
stein graphische Kunstblätter, unter denen besonders sehr 
interessante französische Typen aus dem 18. Jahrhundert sind. 
Frau Wanda Frischen wendet ihre Aufmerksamkeit alten 
Büchern und Bucheinbänden zu, Frau Ida Scho e ler deut 
schen Holzschnittwerken des 15. und 16. Jahrhunderts. Unter 
ihren Schätzen finden sich die erste Ausgabe des Theuerdank 
auf Pergament gedruckt, erschienen bei Hans Schönberger in 
Augsburg um 1517, mit 118 Holzschnitten von Schäuffelein unu 
anderen Schülern Dürers, ferner Johannes v. Montevilla, Ritter, 
Reise nach Jerusalem. Straßburg, Priiß 1488, mit 144 Holz 
schnitten originellster Art; Ars moriendi, Leipzig, Kachelofen, 
1498, mit 14 blattgroßen Holzschnitten; Der Schatzbehalter, 
Nürnberg, Koberger. 1491, mit 95 blattgroßen Holzschnitten von 
Mich. Wohlgemuth, dem Lehrer Dürers; Hrosvita, Nürnberg, 
Peypus, 1501, erste Ausgabe mit den herrlichen zwei Titel 
blättern von Duser, und sechs Holzschnitten von Wolf Traut; 
Vita christi, Augsburg, Grimm u. Wirsung, 1520, mit 38 Holz 
schnitten in entzückenden Umrahmungen von Hans Weiditz; 
Sündenfall und Erlösung, Regensburg, zirka 1520, mit 40 Holz 
schnitten von Albrecht Altdorfer; Der Totentanz, Leones 
mortis, Lyon, Trellönius, 1547, mit 53 Holzschnitten von Hans 
Holbein dem Jüngeren; Bilder zum Alten Testament, Leones 
historiarum veteris testamenti, Lyon, Trellönius, 1547, mit 
94 Holzschnitten und 4 Medaillons von Hans Holbein dem 
Jüngeren; Der Weißkunig (wie der Theuerdank von Maxi 
milian I. veranlaßt und beaufsichtigt), Drucklegung durch seinen 
Tod unterbrochen, daher erste Ausgabe Wien 1775 mit 237 Holz 
schnitten von Burgkmair u. a.; Cicero, Officia, Augsburg, 
Steyner, 1531, erste Ausgabe, mit 103 Holzschnitten von Hans 
Weiditz; Vogtherr, Kunstbüchlein, von Heinrich Vogtherr, 
Straßburg, Frölich, 1543; Wapen des heyligen Römischen 
Reichs Teutscher nation, Frankfurt, Cyr. Jakob, 1545, mit 
144 Fahnenträgern des Meisters J. K., erste Ausgabe, u. s. w. 
Auch drei eigene Ex Libris von großer Schönheit von Walter 
Leistikow, Hans Kohlschein und Josef Sattler für sie gefertigt, 
stellte Frau Ida S c h o e 1 e r aus. Köstliche Schätze waren auch 
in der Autographensammlung von Frau Geheimrat Auguste 
Pattsberg, Briefe von Goethe, Schiller, Bettina, Grillparzer, 
Malvida v. Meysenbug, Bismarck, Böcklin u. s. w. 
Sehr reichhaltig war die Sammlung von Almanachen, 
Kalendern und Taschenbüchern, die Frau Helene Krauß, 
Berlin, ausstellte. Ihre Sammlung umfaßt etwa 600 Bändchen 
aus der Zeit von 1770 bis 1850. Diese Kalender wurden vor 
wiegend als Neujahrsgeschenk für die Frau geschaffen und 
hatten zahlreiche Frauen als Mitarbeiterinnen. Gemalte, ge 
preßte und gedruckte Einbände gaben das zierliche äußerliche 
Kleid, den Inhalt bildeten Frauenmoden von Chodowiecki, Meil 
und Riepenhausen, Dichtungen, der Frau gewidmet oder von 
ihr verfaßt. Wir finden in diesen Kalendern Beiträge von 
Goethe, Schiller, Jean Paul, Chamisso, von der Karschin, Giin- 
derode, Elisa v. d. Recke, Ida Gräfin Hahn-Hahn, Johanna 
Schopenhauer (Mutter des Philosophen), Bettina v. Arnim, 
Annette v. Droste-Htilshoff, Sophie Merau, Amalie Hellwig ge 
borene Imhoff u. s. w. 
Diese Jahrbücher, die auch im Format nach und nach 
immer größer werden, bilden die Vorläufer unserer heutigen 
Modezeitungen und Frauenzeitschriften. Die von Fräulein 
Gunda Be eg geordnete retrospektive Ausstellung der Presse 
gruppe führte solche Proben aus der Sammlung der genannten 
Frau Krauß und anderer vor. In der Vorrede zum ersten Band 
des »Toilettengeschenk«, eines Jahrbuches für Damen von 1S05 
bis 1808, Leipzig bei Georg Voß, verheißt der Herausgeber, 
daß nicht nur wie früher Literatur, die durchgesprochen, be 
weint, persifliert, gebracht werden soll, sondern auch anderes«. 
»Was hatten Sie,« redet der Herausgeber die Leserinnen au, 
»für Ihren Lebensberuf, für Ihren Umgang, Ihren Drang zu 
stiller Erhebung, zu häuslicher Beschäftigung in den schönen 
Künsten, der Musik und Malerei zum Beispiel, fiir Ihre Lieb 
haberei am Näh- und Stickrahmen, was für die Gesellschaft 
und den Tanzsaal u. s. w. gewonnen?« Offenbar soll nun das 
lahrbuch auf all diesen Gebieten, einen Gewinn bringen. »Das 
Toilettengeschenk«, das bald Almanach, bald Taschenbuch ge 
nannt wird, gibt denn auch für den zweiten Band (1806) einen 
reichen Inhalt an: 
1. Bildung zur Kunst und zum schöneren weiblichen 
Leben. (Ueber das ehelose Leben eines Frauenzimmers von 
Sl. Schütze.) Toilettenszene zwischen einer geistreichen Dame 
und ihrem Kammermädchen von L. (Luise) Brachmann. 
2. Zeichenkunst und Mahler^y von H. Schnorr. (Zube 
reitung der Farben.) Malüerey auf Seide u. s. w. 
3. Tanzkunst. Ueber die körperliche Bildung zur Tanz 
kunst (mit Kupfern) von Roller. Nutzen der ehemals ge 
tragenen Stelzenschuhe von demselben. Etwas über gymnasti 
sche Uebungen der Griechinnen. 
4. Musik.
	        
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