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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 9
wegen Weiterverkaufes in Unterhandlung, als der Schwindel
aufkam. Erauer gestand, daß er das Bild um etwa 100 K ge
kauft habe.
(Zwei fl a u d z e i c h n u n g e n Goethes.) Es. ist
bekannt, daß Goethe sich eigentlich sein Lebenlang zeich
nerisch betätigt hat, ohne doch, wie er schließlich selbst ein
sah und eingestand, ein entschiedenes Talent dazu zu besitzen.
Eine Anzahl seiner Zeichnungen sind ja in guten Reproduk
tionen für jedermann leicht zugänglich, vor allem die »Zwei
undzwanzig Handzeichnungen von Goethe, 1810«, die Karl
R uland herausgegeben hat. In dem soeben erschienenen
»Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts« fügt Prof. Dr. Otto
Hauer zwei neue Handzeichnungeft Goethes hinzu, sauber
reproduziert und sorgfältig beschrieben. Die erste ist eine ge
tuschte Landschaftszeichnung aus seiner letzten Frankfurter
Zeit und gehört zu den größten Seltenheiten. Sie stellt den
»Kühhornshof« dar, einen der in seiner vaterstädtischen Ge
markung liegenden befestigten Gutshöfe des adeligen Patri
ziats. Das Blatt stammt aus dem Besitze der Frau Maximiliane
Brentano, geh. v. Laroche, die Goethe liebte, und von
ihrer Tochter Bettina Hand trägt es den Vermerk »d essin
de Goethe fait dans la Chambre de ma mere, quand il avait
26 ans. Bettine« und war von ihr 1848 dem französischen Ge
sandten Francois A r a g o in Berlin geschenkt worden. Es
fällt also in den August oder September des Jahres 1775.
Goethe mag auf einer Wanderung den Kühhornshof und seine
Umgebung mit dem Kirchtum des Dorfes Eckenheim im Hin
tergründe skizziert und im Brentanoschen Hause ausgetuscht
haben. Die zweite Handzeichnung, die Studie einer Edel
kastanie, trägt von der Hand der Frau Ottilie v. Goethe
die Aufschrift: »Handzeichnung meines Schwiegervaters unter
Leitung von Hackert. Ottilie v. Goethe.« Und diesem guten
Hinweis folgend, hat Hauer zur Vergleichung die Zeichenvor
lage einer Edelkastanie von Hackert selbst zugesetzt, so daß
dem ersten Blicke Goethes Abhängigkeit von Hackerts Manier
klar wird. Im Februar und März 1787 hatte Goethe den
neapolitanischen Hofmaler Philipp Hackert in Neapel und
Caserta besucht. »Bleiben Sie 18 Monate bei mir, so sollten
Sie etwas hervorbr.ingen, was Ihnen und anderen Freude
macht,« hatte der Maler des Dichters zeichnerische Versuche
lobend und tadelnd bemerkt. In der Zeichnung der Edel
kastanie zeigt sich Goethe als Schüler Hackerts, unter dessen
Einfluß er sich zu der für ihn noch wichtigeren Erkenntnis
durchrang, daß er kein Talent zum bildenden Künstler besitze.
(Alte F r e s k o g e rn ä 1 d e im Auerbachs-
Keller.) Aus Leipzig wird uns geschrieben: Bei dem
Abbruche des Auerbachs Hof wurde unter der aus neuerer
Zeit stammenden schmucklosen Decke des großen Zimmers
im ersten Stockwerk eine ungemein elegante, mit reichem
G e m ä 1 d e s c li m u c k ausgestattete Stuckdecke aus der
besten Zeit des Barock entdeckt. Die Gemälde in echter
Freskotechnik sind direkt auf die Putzfläche aufgetragen,
zeigen schwungvoll gezeichnete, sorgfältig modellierte mytho
logische Darstellungen. Der Plafond Wird mit größter Sorg
falt abgenommen und im künftigen Auerbachs-Keller wieder
angebracht werden.
Handschriften.
(Erwerbung von Lanner-Manuskripten.)
Der Wiener Privatier Herr Josef Simon, dessen einzig
artige Johann Strauß-Sammlung in unserer voriger Nummer
geschildert wurde, hat eine außerordentlich wertvolle Er
werbung gemacht. Es ist ihm nämlich gefangen, 50 Walzer-
manuskripte in Original-Partitur (Orchester-Partitur) von
Josef Lanner an sich zu bringen, die sich bisher in aus
ländischem Privatbesitz befanden.
(Eine Ausstellung von Hände Ischen Hand
schriften.) Der König von England hat eine kostbare
Sammlung von Handschriften Handels dem Britischen
Museum Übermacht. Man zögerte nicht lange, einige dieser
Manuskripte auszustellen, allerdings weniger um das minutiöse
Interesse der Fachleute als die Neugier des größeren Publi
kums zu befriedigen. Daher wurden nur die Originale der
vertrautesten und berühmtesten Sachen, die Händel komponiert
hat, der Oeffentlichkeit vorgelegt, wie die Partituren des
»Messias«, des »Saul«, des »Judas Maccabäus«, des »Jephtha«.
Handels Schrift ist sehr verschieden von der kalligraphisch
schönen Schrift etwa Mendelssohns oder Wagners. Seine
Partituren sind mit Hast geschrieben; die Hand des Meisters
hat offenbar die größte Mühe gehabt, dem Flug seiner Ge
danken zu folgen. Die Ausführung der Reinschrift überließ ei
sernem getreuen Job. Christ. Schmidt. Man kann sich
Händel bei der Arbeit sehr gut nach Merciers Porträt (Eigen
tum des Earl of Malmesbury) vorstellen: die Perücke beiseite
gelegt, das Hemd aufgeknöpft. Dem gewöhnlichen Auge nahe
zu unleserlich ist die Schrift der aufgeschlagenen Seite aus
dem »Saul«. Händel, in seiner gewaltigen Eile, machte oft Ge
brauch von einer Art Kurzschrift, einer Notenstenographie, die
wohl seinem Kopisten Schmidt vertraut gewesen sein mochte,
allein sonst selbst dem Eingeweihten einige kleine Rätsel
aufgibt. Dem Fachmann indessen werden die Verbesserungen
interessieren, die der leicht arbeitende Meister manchmal in
Hülle und Fülle vornahm, so daß einige Seiten »dunkel« da
von sind. Also auch der große Meister hatte zuweilen seine
»schlechten Tage«. Ja, auf einer Seite hat sogar der Kaffee
topf, an dessen Inhalt sich Händel bei der Arbeit erfrischte,
seine Spuren zurückgelassen: selten wird sich das Himmlische
und das Irdische so eng beieinander finden wie liier. Bei der
Handschrift des »Jephtha« ist die fortschreitende Erblindung
des Meisters zu erkennen. Immer mühsamer und unsicherer
wird die Schrift; endlich gelit’s nicht mehr weiter: »Biß hier
her körnen den 13. Febr., verhindert worden wegen relaxa-
tion des gesichts meines linken auges.« Zehn Tage der Finster
nis folgen. Dann liest man (aut der nächsten Seite) die zitte
rigen Schriftzüge: »Den 23. dieses etwas besser worden,
wieder angegangen.« (Der 23. Februar war Handels Geburts
tag.) Unter Schmerzen und Schwierigkeiten schrieb er fort;
doch sein Mut verließ ihn nicht. Welch ein tragisches Pathos,
welch ein triumphierender Optimismus dringt aus diesen
Seiten auf die erschütterte Seele des Betrachters ein!
Numismatik.
(Der Praliasdorier Münzfund.) Der Museal
verein der Stadt Cf 11 i erwarb den Prallasdorfer Münzfund,
der im ganzen 600 gut erhaltene Silbermünzen der römischen
Kaiserzeit umfaßt.
(Eine N o g i - M e d a i 11 e.) Als im vorigen Jahre der
japanische Feldmarschall Graf N o g i eine Europareise unter
nahm und dabei im Monate Juli Wien berührte, faßte der
Wiener Bildhauer Hugo Taglang den Entschluß, eine Me
daille auf den von aller Welt bewunderten Mann zu prägen.
Durch die freundliche Unterstützung des am Wiener Hofe
akkreditierten japanischen Botschafters Satsuo A k i d z u k i
gelang es dem Künstler, den berühmten Gast zu Porträt
sitzungen zu bewegen. Es galt nun die für einen europäischen
Künstler schwierige Aufgabe zu lösen, einen ihm fremden
Rassetypus festzuhalten, außerdem die schwierige technische
Aufgabe, das Gesicht en face zu halten, da das sonst für
Medaillen übliche Profil für japanische Begriffe keine Ai»
Wendung finden konnte. Mit größter Naturtreue und schlich
ter Einfachheit (Kampagne-Uniform) ist der Feldmarschall
dargestellt. Rechts vom Porträt ist seine eigenhändige und
faksimilierte Unterschrift angebracht, links davon die fran
zösische Aufschrift: Cornte Nogi. Die Reversseite der Me
daille enthält irri flachen Hintergründe die nach authentischen