MAK
Nr. 13 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Seite 203 
dem 16. Jahrhundert bezahlt. Eine einzigartige Horensammlung 
wurde von der Frankfurter Firma Baer für 2000 Pfund er 
standen; das Hauptstück davon ist eine prachtvoll illustrierte 
Handschrift aus dem 15. Jahrhundert, die für Philipp de Cornines 
augefertigt worden sein soll. 
Bilder. i 
(Raffaels »Sixtinische Madonna« — ein j 
Bild des jüngsten Gerichtes?) Obgleich über j 
Raffaels »Sixtinische Madonna« in Dresden bereits so viel 
geschrieben worden ist, so glaubt dennoch der Petersburger 
Kunstforscher F.. v. L i p h a r t behaupten zu dürfen, daß bisher 
noch niemand den eigentlichen Sinn der Komposition erfaßt 
habe. Wie er in einem Aufsatze der »Zeitschrift für bildende 
Kunst« mitteilt, verdankt er die Erkenntnis der wahren Be 
deutung des berühmten Werkes einem gelehrten, inzwischen 
bereits verstorbenen Freunde, dem Abbe B o n n e t. Es ist, so 
sagt Liphart, jedermann bereits der irnpassible, fast starre Aus 
druck der heiligen Jungfrau aufgefallen, und noch mehr der 
strenge Ernst des Christuskindes. Wie ist diese Charakteristik 
zu erklären? Die Muttergottes steigt mit dem göttlichen Richter j 
auf dem Arme vom Himmelsthrone herab zum jüngsten Ge- ! 
richte. Ihre Mission als Vermittlerin ist vollendet: unerbittlich i 
richtet der Sohn die Lebenden und die Toten. Die hl. Barbara 
sieht machtlos auf die zu richtende Menschheit hernieder, und 
der hl. Sixtus ist entsetzt über die Gewalt, die dem Richter 
gegeben ist. So schauen auch furchtsam anbetend die Kinder 
engel zum Christuskinde empor. Dies die von Liphart aufge 
nommene Erklärung des Abbes Borinet. Sie ist geistreich, aber 
von den verschiedensten Seiten her anfechtbar und, um nur 
einen Punkt zu streifen, so erscheint es doch im höchsten Grade 
als unwahrscheinlich, daß der Richter des jüngsten Gerichtes ; 
von Raffael als Kind auf den Armen seiner Mutter dargestellt ! 
sein sollte. 
(Ein Salomebild von D o 1 c i.) Wie man aus 
Philadelphia meldet, ist dort ein Gemälde des Floren 
tiner Malers Carlo Do lei (1616 bis 1686), das 1904 angekauft 
wurde, bisher aber unbeachtet geblieben war, entdeckt wor 
den. Das Bild stellt Salome mit dem Johanniskopfe vor und 
ist von seltener Schönheit. Der Kopf war von einem Arrange 
ment von Früchten übermalt. Das Gemälde stammt aus der 
Sammlung des Kardinals Fischer. 
(Neues über Kleist-Bildnisse.) In der letzten 
Sitzung der Gesellschaft für Literatur in Berlin erregte Doktor 
Artur Eloesser großes Interesse durch den Hinweis auf 
ein neu zutage gefördertes Kleist-Bildnis und auf zwei 
Miniaturbilder, von denen das eine uns wenigstens wahrschein 
lich eine lebendigere Vorstellung von Kleists äußerer Er 
scheinung gibt. Das beglaubigte Porträt, das der Vortragende 
mitgebracht hatte, zeigt Kleist als siebenjährigen Knaben an 
der Seite seiner Mutter. Es trägt die französische Inschrift 
»Baronin von Kleist mit ihrem siebenjährigen Sohn von 
L. C 1 o s e in Dresden«. Close war preußischer Hofmaler und 
genoß als Porträtist großes Ansehen. Er wirkte in Berlin und 
Dresden und reiste auch viel, um Aufträge auszuführen. Das 
Miniaturbild zeigt in den Kinderzügen eine starke Aehnlichke.it 
mit dem einzigen bekannten Kleist-Bilde aus dem Jahre 1801 
- eine Aehnlichkeit, die um so stärker hervortritt, als jenes 
zwar matte und konventionelle Porträt uns doch eines fraglos 
vermittelt: nämlich einen auffallend knabenhaften, kindlichen 
Ausdruck des Erwachsenen. Recht wunderlich ist es mit den 
beiden anderen Miniaturen bestellt, die Eloesser im Kreise der 
Germanisten herumgehen ließ und in anregender Weise be 
sprach. Diese Bildchen. Porträts eines jungen Mannes und 
einer jungen Dame, die aus Breslau stammen, sind seinerzeit 
vom Verkäufer als »Heinrich v. Kleist und seine Braut« be 
zeichnet worden. Was nun die »Braut« anlangt, so ist, wie man 
der »T. R.« schreibt, die Falschheit der Bestimmung evident. 
Wilhelmine von Z engen, von der man ein Bild besitzt, hat 
ganz anders ausgesehen; auch jede Beziehung zu einer anderen 
Braut des Dichters (Frl. v. Schlichen) ist ausgeschlossen. 
Dennoch ist es gerade diese weibliche Physiognomie, die auf I 
Kleist hindeutet. Der Frauenkopf ähnelt nämlich in hohem | 
Grade dem erwähnten beglaubigten Kinderporträt Kleists. I 
Daraufhin sprach der Vortragende die sehr berechtigte Ver 
mutung aus, daß das weibliche Porträt zwar nicht die Braut, 
aber die Halbschwester Kleists. Ulrike, darstelle, die der 
Dichter bekanntlich außerordentlich geliebt hat, und mit der 
er daheim und auf Reisen viel beisammen war. Das kleine 
männliche Bild wiederum zeigt Familienähnlichkeit sowohl mit 
dem weiblichen wie mit jenem kindlichen Kopf und hat auch 
wesentliche Züge mit dem altbekannten Porträt gemein. 
Handschriften. 
(Die Brief Sammlung der Stadt Wien.) Die 
Gemeinde Wien besitzt in ihren handschriftlichen Sammlungen 
einen großen Bestand an Briefen, der namentlich in den letzten 
zehn Jahren durch größere Ankäufe und durch den Anfall um 
fangreicher handschriftlicher Nachlässe eine solche Bereiche 
rung erfahren hat, daß er nun etwa 1 6. 000 Briefe umfaßt. 
Da diese sämtlich zur Kultur- und Literaturgeschichte Wiens 
teils durch Verfasser und Adressaten, teils durch ihren Inhalt 
in Beziehung stehen, bilden sie für den Forscher ein unentbehr 
liches Hilfsmittel und eine schätzbare Fundgrube. In der 
Sitzung vom 20. v. M. hat auch der Stadtrat nun die Heraus 
gabe eines Kataloges dieser Briefsammlungen beschlossen in 
der Art, daß der Inhalt jedes Briefes in gekürzter Gestalt, durch 
ein Regest wiedergegeben wird. Bei der reichen Fülle des vor 
handenen Materiales wird der Katalog ungefähr fünfzehn 
Bände umfassen, wovon jeder mit Rücksicht auf die Hand 
lichkeit nicht über 400 Seiten stark, ungefähr 1200 Briefe ver 
zeichnet und in einem Register die im Texte erwähnten Per 
sonen anführt. Ein Generalregistcrband als Abschluß des ganzen 
Werkes wird die Orientierung, über das gesamte vorhandene 
Material ermöglichen. 
Mineralien. 
(Die Mineraliensammlung W o r 1 e e.) Aus 
Hamburg wird uns geschrieben: Der vor einiger Zeit ver 
storbene hiesige Großkaufmann Ferdinand Worlee hat neben 
anderen bedeutenden Sammlungen eine umfangreiche und be 
sonders wertvolle Mineraliensammlung hinterlassen, 
die die bedeutendste Privatsammlung Norddeutschlands ist. Der 
Senat will diese Sammlung jetzt für den Staat erwerben und 
sucht hiezu die Zustimmung der Bürgerschaft nach, die jeden 
falls erteilt werden wird, da die Testamentsvollstrecker dem 
Staate den außerordentlich niedrigen Preis von 17.600 Mark ge 
setzt haben. In der Worteeschen Sammlung sind besonders die 
Fundorte vom Harz, vom Erzgebirge, dem Rheinlande und der 
Eifel vertreten. 
Numismatik. 
(Frankfurter Münz.auktion.) In einer bei dem 
Numismatiker Sally Rosenb e; r g in Frankfurt a. M. 
vorgenommenen Versteigerung der Münzensammlung eines 
rheinischen Sammlers wurden folgende bemerkenswerte Preise 
erzielt: für einen rheinischen Goldgulc’en des Trierer Erz 
bischofs Richard von Greiffenklau 295 Mk., für eine Doppel 
talerklippe (1624) des Erzbischofs Philipp Christoph von 
Soetern (Trier) 545 Mk., für; einen Taler des Eichstätter Fürst 
bischofs Johann Konrad von Gemrningen 220 Mk., eine goldene 
Medaille auf die silberne Hochzeit des Großherzogs Friedrich I. 
von Baden 420 Mk., einen Goldgulden (1619) von Friedrich 
von Holstein-Gottorp 300 Mk., einen Taler von Karl von 
Liechtenstein (1616) 245 Mk., einen Taler (1678) des Grafen 
Georg Wilhelm von Sahn-Berleburg 385 Mk., einen Taler der 
Stadt Herford (1640) 625 Mk. Den höchsten Preis erzielte ein 
in nur drei Exemplaren bekannter Goldgulden von Bern 
(1537) mit 1875 Mk. 
(EineneueZeppelin-Medaille.) Ein Versprechen 
lösend, das er dem Kaiser Franz Josef vor einigen Jahren ge 
geben, ist Graf Ferdinand Zeppelin am 9. Juni mit seinem
	        
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