MAK
Nr. 14 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Seite 213 
unsere Tage. Immer nämlich haben wir Sammlertempera 
mente gehabt, die über das Ziel (wenn auch nicht über 
ihre Mittel) hinausschossen, immer wieder gab es 
dieses nervöse Besitzcn-Wollen um jeden Preis. Man 
denke an Caesar, der für zwei Bilder des Malers 
Timomachos (aus der Diadochenzeit) für seinen »Rasen 
den Ajax« und seine »Medea« nicht weniger als 
80 Talente, das sind 432.000 Mark, gezahlt hat, oder man 
denke daran, daß P o 1 y k 1 e t s »Diadurnenos« auf nicht 
weniger als 100 Talente, das sind 540.000 Mark, ge 
schätzt worden war. Hier handelt cs sich allerdings um 
Kunstwerke und Kunstwerte allerersten Ranges. 
Den Begriff des Amerikanismus, wie wir ihn heute 
empfinden, kannte man auch in der Renaissance und im 
17. und 18. Jahrhundert. Der Porträtist S a r g e n t nimmt 
heute freilich höhere Preise, als sie ein Tizian bekam, 
aber Tizian bezog doch fürstliche Honorare, und Rubens 
ein Israels und ein Schreier je 600 Guineen, also je 
12.600 Mark erzielen. M i 11 e t s »Angelos« wird mit 
800.000 Mark bezahlt. B ö c k 1 i n s »Meeresidylle« kostet 
100.000 Mark, Defreggers »Landsturm« 40.000 Mark. 
1906 gibt Fürst B e r t h i c r de Wagram für Scgan- 
tinis »Die Natur« 200.000 Franken, 1907 Mr. Charles 
P. Taft für M i 11 e t s »Schafschur« 108.000 Mark, 1910 
findet desgleichen Meisters »Aufbruch zur Arbeit« für 
220.000 Mark seinen Käufer. Und am 1. Juni 1912 erwirbt 
der Münchener Kunsthändler Heinemann bei der 
Auktion Carcano in Paris Leibis »Frau Gedon« für 
140.000 Franken. 
Bei Carcano wurde man überhaupt durch Preise 
überrascht, wie sie bisher nur selten aufgewendet 
wurden. Die »Salome« Henri R e g n a u 11 s, die der 
Künstler seinerzeit für 12.000 Franken verkauft hatte, 
wurde mit .480.000 Franken versteigert, Theodor 
Fig. 5. Carlevaris: Piazetta in Venedig. (Im alten Barockrahmen.) 
und van Dyck nicht minder. Daß Dürer für seine 
Madonnenbilder bloß 25 bis 30 Gulden erhielt, oder R e m- 
brandt für seine »Nachtwache« bloß 1800 Gulden und 
für eines seiner Selbstporträts nur 100 Gulden, das spricht 
sicher für die Tatsache, daß die Mäzene von heute den 
Meistern von heute weitaus menschlicher zu begegnen 
scheinen. Fragt doch unsere Meister, ob sie jemals für 
jene Schandhonorare arbeiten würden, wie sie Dürer und 
Rembrandt erhalten haben. Und daß selbst heute noch 
beste alte Kunst unter ihrem Werte bewertet wird, 
davon zeugt eine unendliche Reihe von Preisen, die auf 
den großen Auktionen der letzten 50 Jahre erreicht 
worden sind. Zu der Zeit, da Sedelmayer schon für zwei 
Gemälde des modernen Munkacsy (für den »Christus 
vor Pilatus« und den »Kalvarienberg«) je )<> Million 
bekam, standen Hals und Rembrandt, die um mehr als 
21-2 Jahrhunderte älter sind, als der ungarische Meister 
noch nicht so hoch im Preise wie dieser. Ebenso V e 1 a s- 
q u e z. In dem gleichen Jahre, 1880, in der gleichen Auk 
tion bei Christie in London, bringt eines seiner qualitäts 
starken Bildnisse 350 Guineen — 7350 Mark, während ein 
Knaus, »Eine Tasse Kaffee«, die 1874 gemalt ist. auf 
780 Guineen, also auf 15.580 Mark kommt, oder während 
Rousseaus »Kastanienallee«, die 1888 27.100 Franken 
erzielt hatte, mit 270.000 Franken, Eugene Delacroix 
»Ermordung des Bischofs von Lüttich« für 205.100 
Franken. Das Schicksal dieses letzten Bildes ist nicht 
uninteressant. Der Herzog von Orleans hatte das Ge 
mälde für 1500 Franken gekauft, und bei der Auktion 
seiner Sammlung sind hiefiir 8000 Franken erzielt worden. 
1865 brachte es bei der Vente Villot 35.000 Franken, drei 
Jahre später bei der Auktion Khalil Bey 46.000 Franken. 
Diese übermäßige Preissteigerung erinnert daran, 
daß der Franzose mehr noch als der Engländer darauf 
bedacht ist, seine nationalen Kunstschätze dem Lande 
»um jeden T J reis« zu erhalten. Das ist nicht immer so ge 
wesen. Im 18. Jahrhundert haben die Engländer so viel 
aus dem Lande weggeschleppt, daß sich Ludwig XVI. 
1782 aufraffte und auf der Auktion de Mcnars für die 
»Dorfbraut« von Cr e uze den hohen Preis von 16.650 
Livres zahlte, einfach aus Furcht, »daß es uns entgehen 
und ins Ausland wandern könnte«. Heute halten die 
Franzosen mehr als je zusammen, aber ihr Temperament 
reißt sie mitunter zu Preiskomödien hin, die selbst den 
amerikanischesten Amerikaner verwirren mögen. Preise, 
wie die 600.000 Franken, die auf der Auktion Doucet fürKein Volltext zu diesem Bild verfügbar.
	        
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