MAK
Nr. 15/16 
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Internationale S 
Gmundner Stammgescliäft der alten Familie Schleiß und 
sommersüber in einem Laden an der Ischler Esplanade ent 
deckt man jetzt diese ganz eigenartige Heimatskunst. Franz 
Schleiß und seine Frau Emilie, aus der Wiener Schule her 
vorgegangen, was man an Hoffmann-, Powolny-Reminiszenzen 
deutlich merkt, sind die eigentlichen und hauptsächlichsten Mit 
arbeiter der Gmundner Keramik. Kopenhagener Porzellan ist 
sehr mondän, aber diese Gmundner Bauerntrachtstücke, das alte 
Kirchgangweibcrle, die lieben Salzkammergutkinder mit Tieren 
in Händen oder in irgendeiner impulsiven lebensvollen Be 
wegung, eine Knnolinenlinzerin, haben österreichische Seelen. 
Sie sind voll alten Kunstgeistes und trefflicher moderner Tech 
nik. Ihre Stärke und ihr Reiz ist bedingt durch einen Farben 
schmelz, der im Ton aufs glücklichste die alten Bauernfarben 
aufnimmt, in der Weichheit und Ausgeglichenheit den besten 
und berühmten Mustern — Berlin, Kopenhagen — nachstrebt. 
AI,s einer der wenigen freundlichen Züge unserer, der künst 
lerischen Verarmung und Industrialisierung verfallenen Ge 
werbetätigkeit sei er ein wenig ans Licht gerückt. 
(W ie Mirbeau zu einem Cezanne ka m.) In 
Frankreich sind gegenwärtig die Bilder von Paul Cezanne, 
die noch vor zwanzig Jahren verachtet und verspottet wur 
den, sehr gesucht, und Octave Mirbeau, der für den großen 
Meister schwärmt, erzählt im »üil Blas«, wie er in den Besitz 
eines der besten jener Gemälde gelangt ist. »Als ich eines 
Tages,« schreibt er, »bei meinem Verleger Charpentier 
war, mußte ich plötzlich einen diskreten Ort auf 
suchen. In dem kleinen verschwiegenen Zimmer- 
chen hing ein Bild, das mir ein Meisterwerk zu 
sein schien. Um es genauer zu betrachten, kletterte ich auf 
den Sitz und schrie von meinem eigenartigen Throne aus laut 
auf: »Das ist ja ein Cezanne, ein herrlicher Cezanne!« Man 
stürzte herbei und suchte die Türe einzuschlagen, denn man 
glaubte, daß ich verrückt geworden sei oder einen Schlag 
anfall erlitten hätte. »Was haben Sie denn,« fragte Charpen 
tier, als ich die Türe freiwillig geöffnet hatte. »Wissen Sie, 
was das ist?« antwortete ich feierlich, indem ich auf das Bild 
zeigte. »Ein Schund, ein ganz wertloses Bild,« sagte mein 
Verleger, ohne aus der Ruhe zu kommen, »ein ganz abscheu 
licher Schund, den Zola von einem offenbar verrückten 
Menschen bekommen und den er mir angeschmiert hat, wie 
man einem ein falsches Geldstück anschmiert. Ich habe das 
Bild schon mehreren Freunden angeboten, aber keiner hat es 
haben wollen. Einer wollte mich sogar verklagen, wenn ich 
es ihm schenkte. Da habe ich es auch Rache hier unter 
gebracht.« »Sie sind ein Barbar und ein Böotier obendrein,« 
sagte ich. »Sie finden das Bild also schön?« unterbrach mich 
Charpentier; »dann nehmen Sie es sich nach Hause, und ich 
werde Ihnen dafür noch dankbar sein!« Mirbeau ließ sich das 
nicht zweimal sagen: er trug das Bild rasch in seine Woh 
nung, reinigte es gründlich und wurde so Besitzer eines der 
schönsten Bilder des jetzt so begehrten großen Meisters. 
(Rembrandt als Spekulant.) Man weiß, daß 
R ein b ran dt im Jahre 1654 sich in schwieriger finanzieller 
Lage befand, das Haus, das er verschiedene Jahre vorher in 
der St. Anthony-Breedstraat in Amsterdam gekauft hatte, war 
noch nicht bezahlt, von allen Seiten hatte er Geld geliehen und 
seine Gläubiger wurden stets dringender und ungestümer. Schon 
oft hat man die Frage aufgeworfen, wohin das Geld, das Saskia 
in die Ehe mitgebracht hat, gekommen ist; Rembrandt selbst 
wurde für seine Gemälde sehr gut bezahlt, jedenfalls besser als 
ein anderer holländischer Maler seiner Zeit, auch steht fest, daß 
er durchaus kein Verschwender gewesen ist, man weiß nur. 
daß er ein leidenschaftlicher Liebhaber von Kunstgegenständen 
aller Art war, daß er es liebte, sich mit jeder denkbaren künst 
lerischen Pracht zu umgeben, und daß er dafür auf den Auk 
tionen große Summen ausgegeben hat. Seine Wohnung war 
denn auch ein kleines, kostbares Museum. Man hat bis jetzt 
seine bedrängte Lage, die schließlich zur Zwangsversteigerung 
ä mtri 1 e r - Z e i t u ri g. 
seines Hauses und seiner Kunstsammlungen führte, ausschließ 
lich als Folge dieser Liebhaberei betrachtet, wiewohl sie den 
großen Bankerott des Künstlers nicht genügend erklärt. Jetzt hat 
sich herausgestellt, daß noch ein anderer Umstand schuld daran 
war. Dr. Abraham B r e d i u s, der bekannte Rembrandt - 
Forscher, hat in Rotterdam ein Schriftstück entdeckt, in 
welchem der Künstler bekennt, »durch Verluste in der 
Negotie sowie durch Schaden und Verluste auf der S e e« in 
die bedrängte Lage gekommen zu sein, die ihn verhindere, seine 
Gläubiger, darunter auch den Bürgermeister Kornelius W i t s e n, 
zu befriedigen. In jener Zeit der fieberhaften Jagd nach Reich 
tum, wo Handel und Schiffahrt riesenhafte Gewinne abwarfen, 
beteiligten sich alle Kreise der Bevölkerung an Spekulationen, 
der Bürgermeister von Amsterdam ebensogut wie Bedienstete 
und geringe Bürger, und es liegt nahe, anzunehmen, daß sich 
Rembrandt durch Freunde und Bekannte überreden ließ, sich 
auf Spekulationen einzulassen. Auf Gemälde, und Kunst- 
gegenstände werden sich diese wohl schwerlich bezogen haben, 
vielmehr waren es die riesenhaften Gewinne, welche der Handel 
nach Indien damals abwarf, welche ihn verführten, sich an der 
»Befrachtung« der Indienfahrer zu beteiligen. Auch gibt nach 
dem Tode des Künstlers der Vormünd Titias, der Tochter von 
Rembrandts Sohn Titus, als den Grund seiner Forderung, nur 
unter der Wohltat des Inventars Rembrandts Nachlassenschaft 
für sein Mündel anzutreten, ebenfalls die durch Geschäftsver 
luste herbeigeführte klägliche Vermögenslage an. 
(Fälschungen.) Aus Washington wurde kürz 
lich nach Paris gemeldet, daß dort in einem alten Hause der 
Hinrichtungsbefehl für die Witwe Capet, d. h. für die Königin 
Marie Antoinette, aufgefunden worden sei, und ein 
Pariser Blatt gab sogar die Photographie des Dokumentes 
wieder. Auf dieser Photographie war auch die Nummer sicht 
bar, die dieses Aktenstück in der Sammlung des National 
archivs erhalten hatte. Man mußte also annehmen, daß es einem 
Besucher des Archivs gelungen sei, dieses Papier zu ent 
wenden. Ein Mitarbeiter des »Ternps« hat sich aber in das 
Archiv begeben und konstatiert, daß das Todesurteil der un 
glücklichen Fürstin dort noch immer unter der Nummer 1358 
in dem Glaskasten 121 ausgestellt ist. Der amerikanische 
Sammler, der das Dokument von Washington erworben hat, 
ist also durch eine Fälschung getäuscht worden. Er rühmt 
sich, noch andere interessante Dokumente zu besitzen, die sich 
auf den Halsbandprozeß beziehen, aber es ist zu befürchten, 
daß auch sie bloße Nachahmungen oder Fälschungen sind. 
(Ein Flugblatt aus dem Jahre 150 9.) Neben der 
Hauptwurzel des Zeitungswesens, dem Briefe, spielt das Flug 
blatt eine große Rolle in dessen Entwicklung; im Grunde ge 
nommen auch ein Brief, nämlich der Bericht irgend eines 
Mannes an einen Freund über ein wichtiges Zeitereignis, nimmt 
die Flugschritt doch insofern eine besondere Stellung ein, als 
die Versender dieser Flugschriften sich schon ziemlich früh der 
Buchdruckerkunst zu ihrer Verbreitung bedienten. Einer der 
Fürsten, der sich dieser frühesten Zeitungen zur Förderung 
seiner Interessen mit besonderer Vorliebe bediente, war Kaiser 
Maximilian 1., der »letzte Ritter«. Eine solcher Flug 
schriften hat Isak C o 11 i j n zu Upsala auf der Universitäts 
bibliothek entdeckt; es ist die Kopie und Abschrift eines" Briefes 
über die Niederlage der Venetianer im Jahre 1509; er ist aus 
der Druckerei von Hans Borchard in Hamburg hervorge 
gangen. Auch die Hamburger Stadtbibliothek besitzt eine solche 
Inkunabel, die aber nicht aus Hamburg, sondern aus der 
Mohrenkopfdruckerei in Lübeck stammt. In den Mitteilungen 
der Stadtbibliothek ist dieser frühe Vorgänger unserer heutigen 
Zeitungen unter dem Titel »Van dem nedderval der Veneddyer. 
Zwei niederdeutsche, in Lübeck und Hamburg gedruckte Aus 
gaben einer Maximilianischen Flugschrift aus dem Jahre 1509. 
Mit fünf Blättern in Faksimilie« zum Abdruck gelangt. Der 
Herausgeber Collijn hat die Stellung der Flugschrift in Literatur 
und Geschichte sehr interessant dargestellt, nur scheint ein 
Hinweis darauf zu fehlen, daß diese Flugschriften in jener Zeit
	        
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