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Internationale Sammler- Zeitung.
Nr. 15/16
dasjenige ersetzen sollten, was wir heute unter Zeitungen ver
stehen; da sie obendrein aus dem Feldlager des Kaisers kamen,
hatten sie gewissermaßen offiziösen Charakter und waren be
stimmt, für die kaiserliche Partei zu werben.
Museen.
(Salzburger städtisches Museu m.) Aus Salz
burg wird uns gemeldet: Im Sternbräu zu Hallein befand
sich eine Reliefplatte aus Solenhofener Stein, die zu den wert
vollsten alten Plastiken im Lande gehört und die biblische
Gegebenheit der heiligen Magdalena darstellt. Die Gefahr, daß
das hervorragende Kunstwerk außer Landes käme, wurde nun
dank der Initiative des Bürgermeisters 011 abgewehrt. Das
Relief wurde dieser Tage für das Salzburger städtische Museum
um 450Ü K erworben.
(Ein Porträt von Feuerbach.) Wie uns aus
H e i d e 1 b e rg berichtet wird, haben die dortigen städtischen
Sammlungen, dank der Schenkung eines ungenannten Heidel
bergers, ein von Anselm Feuerbach im Jahre 1867 ge
maltes Bildnis seiner Mutter Henriette erwerben
können. Frau Feuerbach, die, wie bekannt, lange Jahre in
Heidelberg gewohnt hatte, war in den 60er und 70ter Jahren
Abteilungsvorsitzende des Heidelberger Frauenvereines ge
wesen, in dessen Besitz sich bisher das schöne Bild befand.
(Tichatschek-Erinnerungen.) Eine ansehn
liche Sammlung von Erinnerungen an den Sänger Josef
Tichatsch ek, den Freund Richard Wagners, hat, wie
man uns schreibt, soeben das Dresdener Körner-Museum von
Tichatscheks kürzlich in Brüssel gestorbener Tochter, Frau
Josefa, verw. Rudolph, in Erfüllung eines letztwilligen
Wunsches des vor 27 Jahren heimgegangenen Künstlers er
halten. Der Rat der Stadt Dresden hat das Geschenk ange
nommen; eine Sichtung wird Näheres über ihre Bedeutung
ergeben.
(Ein Dichtermuseum in Paris.) Wie wir dem
»Journal des Dcbats« entnehmen, haben die literarischen Kreise
von Paris den Beschluß gefaßt, ein Museum zu gründen, das
ausschließlich der Erinnerung an jene französischen Dichter
gewidmet sein soll, die längere oder kürzere Zeit in Paris
gelebt haben. Bisher sind in der französischen Hauptstadt nur
zwei Dichter der Ehre eines eigenen Museums gewürdigt
worden: Sully Prudhomme, dessen mit künstlerischem
Geschmack ausgestattete Wohnung dem Elysce gegenüber vor
allem durch ihre an Seltenheiten reiche Bibliothek den Cha
rakter eines Museums trägt, und Viktor Hugo, dessen Wohn
haus an der Place des Vodges, in dem er die arbeits- und er
folgreichsten Jahre seines Lebens verbrachte, an seinem hun
dertsten Geburtstage im Jahre 1902 zu einem Museum umge
staltet wurde. Nach dem Vorbilde dieses Museums, das
übrigens auch zahlreiche Bilder und Handschriften der mit ihm
befreundet gewesenen Dichter und Schriftsteller enthält, soll
nun ein Pariser »Dichterheini« (maison de poetes) gegründet
werden, dessen Aufgabe darin besteht, in Bildern und Hand
schriften — später soll sich auch eine Bibliothek anschließen
— ein abgerundetes Bild der französischen Literatur des ver
gangenen Jahrhunderts zu liefern.
(Die R umpelkammer des Louvre-
Museums.) Seit vielen Jahren hat sich in den Boden
räumen des großen französischen Nationalmuseums eine Un
masse von Bildern angesammelt, ausschließlich Kopien, die
auch in den Provinzialmuseen keinen Platz mehr finden. Es
sind das übrigens keine Erwerbungen, sondern einfach Ar
beiten, die von den Künstlern oder solchen, die es zu sein
glauben oder glaubten, dort gelassen und nie wieder rekla
miert wurden. Bisher konnte man mit diesen Kopien, unter
denen sich manche ganz gute befinden, nichts anfangen, da das
Gesetz nicht, gestattet, sie als verlorene Gegenstände zu be
handeln. Man mußte sie also aufspeichern. Der Senat dürfte
aber demnächst das von der Kammer bereits Ende 1ÜH0 an
genommene Gesetz gutheißeu, das, um diesen Aufspeiche
rungen ein Ende zu machen, dem Staate gestatten will, die
Kopien, die in den Museen von Künstlern gelassen werden, zu
veräußern. Ein Teil wird übrigens nach sorgfältiger Auswahl
den Provinzialmuseen gegeben werden, die von den betreffen
den Meistern keine Bilder haben. Die anderen werden auf
dem Hofe des Louvre zur Versteigerung gelangen. Um nur
einen Begriff davon zu geben, was sich da alles angesammelt
hat, sei bemerkt, daß die Zahl der Kopien der verschwun
denen »Monna Lisa« allein 250 erreicht.
(W ie ein amerikanisches Museum sammelt,)
Kein Museum der Erde hat in den letzten Jahren eine so groß
artige Sammeltätigkeit entfaltet, wie das Amerikanische Mu
seum für Naturwissenschaften in Washington. Im Jahre
1912 sind nicht weniger als 3 5 Trupps unter Führung von
Fachgelehrten auf Reisen gewesen, um die 'Bestände des Mu
seums zu vermehren, nicht nur im Gebiet der Vereinigten
Staaten oder überhaupt in Amerika, sondern in allen Erd
teilen mit Ausnahme Australiens. Diese große Leistung ist
selbstverständlich nur durch den Aufwand außerordentlicher
Mittel möglich, die dem Museum zur Verfügung stehen. Dabei
beschränken sich die Expeditionen nicht nur auf die Erwerbung
naturwissenschaftlicher Gegenstände, sondern sie sind ange
wiesen, die besuchten Gegenden möglichst eingehend zu stu
dieren und Photographien sowie andere Aufnahmen von Län
dern und Völkern mitzubringen. Der Ehrgeiz der Amerikaner,
ihre Museen über die weit älteren Sammlungen Europas zu er
heben, wird auf diesem Wege bald seine Befriedigung gefunden
haben.
Vom Kunstmarkt.
(Auktionen bei Lepke.) Bei Rudolf Lepke in
Berlin werden im Herbst zwei Sammlungen versteigert wer
den, die in den Kunstkreisen Berlins par renomme bekannt
sind. Die eine ist die Majolikasammlung A. v. Beckerat h.
die über 300 Nummern umfaßt und deren Katalog ein wich
tiges Dokument für die Entwicklung dieser Kunstgattung
Italiens bilden wird. Durch B o d e s große Publikation über
die Frühzeit der italienischen Majoliken ist der Schwerpunkt
der künstlerischen Betätigung speziell nach Toskana verlegt,
und gerade über diese florentinische Epoche gibt die Samm
lung Beckerath eine Reihe ungekannter Varianten. Qualitativ
und numerisch ist sie außerordentlich reich; es sind ferner
noch unter den Primitiven vor allen Dingen Orvieto und die
frühen Mezza-Majoliken zu nennen, im Anschluß daran die
Arbeiten von Siena, von Deruta und Castell Durante. Mit
wenigen, aber vorzüglichen Stücken ist Gubbio und in einer
großen Anzahl von Exemplaren die Werkstätten von Faenza
und Casa Pirota vertreten. Die andere Sammlung gehörte
dem verstorbenen Kommerzienrat August Z e i ß. Der Ver
blichene hat alle Arten der Renaissancekunst und der Gotik
in distinguierter Auswahl gesammelt. Unter den Bronze
arbeiten finden wir Donatello, Riccio, Giovanni da Bologna
und Sansovino, unter den Tonarbeiten den Donatello-Nuch-
folger (Meister der unartigen Kinder), Desiderio da Settig-
nano, Luca della Robbia u. a., ferner wertvolle deutsche
Holzskulpturen der süddeutschen und Tiroler Schulen des
16. Jahrhunderts, einige italienische Majoliken, deutsche
Töpferei, deutsche Silberarbeiten des 16. Jahrhunderts und so
weiter, einen Jan Mostaert, ein Kinderköpfchen von van Dyck,
einen Rrekelenkam, Molenaar, und unter modernen Meistern
die beiden Achenbachs, Lenbach, Max Liebermann und
Menzel.
(Herbstauktionen in der Galerie Hel
bing.) Die Auktion der Sammlung M. Guggenheim, die
im Palazzo Balbi in Venedig unter Leitung von Hugo
H e 1 b i n g (München) und A. R a rn b a 1 d i (Bologna) statt-