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Nr. 18 
Internationale S a m m 1 e r - Z e i t u n g. 
weder überhaupt keine Kenntnis hatte, oder die als verschollen 
galten. Aber neiben diesen Drucken und Handschriften haben 
sich auch eine Reihe anderer Gegenstände aus der Zeit des 
alten Königtums wiedergefunden, ln abgelegenen Räumen 
standen wertvolle Porzellanfiguren und Gemälde, und unter 
altem Gerümpel entdeckte man die aus Rosenholz geschnitzte 
und mit vergoldeten Bronzen gezierte Standuhr, die einst im 
Arbeitszimmer Ludwig XVI. im Schlosse zu Versailles ihren 
Platz hatte. Zweifellos ist sie während der Revolution von Ver 
sailles nach Paris übergeführt worden und dort in Vergessen 
heit geraten. Von besonderem Interesse dürfte auch das 
marmorne Tintenfaß des Herzogs Louis von Bourbon, des 
»großen Conde«, sein, dessen er sich auf seinen Feldzügen 
bediente. Alle diese Gegenstände werden in einem besonderen 
Saale der Bibliothek untergebracht und dem Publikum zur Be 
sichtigung ausgestellt, ehe sic in der Bibliothek eine dauernde 
Stätte erhalten. 
(Die Bande der »Kunstkenne r«.) Aus Paris 
wird der »N. Fr. Pr.« geschrieben: Die Besitzer der vielen 
Pariser Privatgalerien zittern gegenwärtig vor einer Ein- 
btecherbande, die unter dem Namen »La bande des col- 
lectionneurs« bekannt ist. Und was das Schlimmste ist: sie 
zittern sowohl bei dem Gedanken, beraubt zu werden — als 
auch bei dem anderen Gedanken, verschont zu werden. Denn 
die Bande der »Kunstkenner« madit ihrem Namen sehr ernst 
haft Ehre, indem sie nur stiehlt, was echt ist, und alles andere 
•— verschmäht. Die Bande scheint etliche Sachverständige für 
Kunst zu ihren Mitgliedern zu zählen, deren Kenntnisse ganz 
hervorragend sein müssen. Kein Rahmen und kein Namen 
vermag diese Kritiker zu täuschen. Allerdings arbeiten sie mit 
einer ganz anderen Verantwortlichkeit und einem ganz anderen 
Interesse als der gewöhnliche Kritiker. Die Galeriebesitzer be 
finden sich also in einem tragischen Dilemma. Die Bilder, 
die man ihnen entführt, erhalten das Prädikat echt, aber sie 
sind auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Die anderen aber, 
die ihnen bleiben, sind als — Schund gerichtet. Einer der 
größten Pariser Kunstsammler, bei dem es von Raffaels, Cor 
reggios, Reynolds und Corots wimmelt, ist sogar in heller 
Verzweiflung, weil die »Kunstkenner« — überhaupt noch nicht 
bei ihm eingebrochen sind. Seine Sammlerehre ist durch diese 
Uebergehung in der bedenklichsten Weise erschüttert, und seine 
lieben Freunde sind so boshaft, das Gerücht zu verbreiten, der 
arme Mann stehe in Unterhandlungen mit einem Einbruchs 
unternehmer, um wenigstens »das Gesicht zu retten«. Einen 
sehr bösen Streich spielte die Kunstkennerbande ganz jüngst 
der Gräfin Treviso, indem sie der großen Stadtwohnung der 
Dame einen nächtlichen Besuch abstattete und — nichts mit 
nahm, außer einem goldenen Federhalter. Die Gräfin, von ihrem 
Schloßaufenthalt telephonisch zurückgerufen, hatte den Schmerz 
— alle Kunstwerke an Ort und Stelle zu finden. Man kann 
sich das ironische Lächeln denken, das die reizendsten Münder 
umzieht, wenn zwischen Tee und Tanz die Rede von diesem 
Einbruch ist. Noch schlimmer ging es einem Maler mondäner 
Schönheiten, der sich eine gewählte Galerie von Meister 
werken errichtet hat, zwischen denen seine eigenen 
Schöpfungen hängen. Die Kennerbande stahl die alten Meister 
werke heraus und ließ des Meisters eigene Bilder er 
barmungslos — hängen. Der Meister hat geschworen, die 
Banditen wegen Ehrenbeleidigung zu klagen. Man hat vor 
kurzem etliche Mitglieder der Bande festgenommen, aber der 
Beweis, daß man die Hand noch nicht auf die Hauptschuldigen 
und Hauptsachverständigen gelegt hat, ist erbracht, denn trotz 
der Verhaftungen sind die Einbrüche mit den unfehlbaren 
Expertisen wie vorher fortgesetzt worden. Wohin die Bilder 
kommen, ist ein ebensolches Rätsel wie das, w r as aus der dem 
L ouvre entrissenen »Mona Lisa« geworden ist. Jedenfalls haben 
die gewiegten Diebe eine gewählte Kundschaft, der sie nicht 
mit minderwertigem Material aufwarten dürfen. Die Folge der 
Durchsiebung der Privatgalerien wird natürlich sein, daß aus 
den mit so viel Auswahl gestohlenen Elitebildern neue 
Galerien eingerichtet werden, die das Beste vom Besten ent 
halten. Die dazu nötigen Kapitalien können sich natürlich nur 
in Amerika finden. Amerika, welches früher das große Absatz 
gebiet für Kunstschund war, saugt jetzt auf legitimem oder 
illegitimem Wege auch die beste Qualität europäischer Kunst 
an sich. Das alte Europa wird zuletzt seine Hoffnung darein 
setzen müssen, daß dieselben kunstverständigen Banditen, die 
ihm jetzt seine Schätze entführen, vielleicht im nächsten Jahr 
zehnt ein neues gutes Geschäft darin erblicken werden — sie 
ihm zurückzuführen. Aber diese Aussicht ist so beschämend, 
daß man gar nicht daran denken darf. 
(Vorgeschichtliche Funde aus der Mark 
Brandenburg.) Die prähistorische Abteilung des Berliner 
Museums für Völkerkunde erhielt jetzt aus der Mark 
Brandenburg einige vorgeschichtliche Funde gestiftet. Die 
königl. Geologische Landesanstalt überwies Topfscherben, die 
aus Berlin-Wilmersdorf stammen, und das Stettiner Kanalbau 
amt drei Funde, die in der Oder bei Schwedt gemacht wurden. 
Es sind dies zwei Schwertknäufe, der eine aus Bronze, der 
andere aus Silber, sowie ein goldener, mit eingelegten Alman 
dinen verzierter Schwerterscheidcnbeschlag. 
Museen. 
(Zwei neue Dürer-Zeichnungen im Ber 
liner Museum.) Das Kupferstichkabinett der Berliner 
Museen hat neuerdings seinem Schatz an Dürer-Zeichnungen, 
dem größten, den außerhalb der Wiener Albertina eine Samm 
lung der Welt aufbewahrt, zw r ei neue Zeichnungen des Meisters 
hinzufügen können. Es ist eine große Federzeichnung der von 
einem Engel gekrönten Maria mit der heiligen Anna und ein 
Entwurf za einer Maria mit Heiligen. Kustos Dr. Elfried 
Bock veröffentlicht die beiden Blätter soeben im »Jahrbuch 
der Preußischen Kunstsammlungen«. Das Blatt mit der engels- 
gekrönten Maria stammt aus der Sammlung des Freiherrn 
Adalbert v. Lanna und hat auch sonst einen berühmten Stamm 
baum. Leider hat die braune Federzeichnung durch Bräunung 
des Papiers und durch eine alte Tuschfederüberarbeitung im Ge 
sicht der Maria ihre Schönheit teilweise eingebüßt. Im übrigen 
aber ist es eine Meisterzeiclmung hohen Ranges, so genau 
durchgeführt, daß sie wohl als Vorlage für einen Holzschnitt 
gedacht war. Sie entstammt, wie Dr. Bock ausführt, dem Ende 
des zweiten Jahrzehnts des 16. Jahrhunderts. Damals hat Dürer 
das Motiv der von erwachsenen Engeln gekrönten Maria 
mehrfach behandelt. Und zwar läßt sich für die Berliner Neu 
erwerbung 1519 als Entstehungsjahr wahrscheinlich machen. 
Die zweite Zeichnung kam aus Münchener Privatbesitz kürz 
lich in die Sammlung. Es ist eine ungewöhnliche Darstellung: 
vorn Maria auf einem großen Kissen sitzend und Anna, beide 
mit den Kindern beschäftigt, hinten im Gespräch die beiden 
Väter, zwischen beiden Gruppen die sich gegen Maria an 
betend neigende Elisabeth. Eine flüchtige Idee hat Dürer hier 
mit sachlicher Eile zu Papier gebracht, ohne auf Eleganz der 
Strichführung Wert zu legen, aber nicht ohne sie durch Bei 
fügung eines Monogramms als sein geistiges Eigentum zu 
kennzeichnen. Die Zeichnung, die in den Zwanzigerjahreti ent 
stand, ist ein hochinteressantes Dokument iür den Fiebereifer 
mit dem der alternde Künstler treffsicher eine Bildidee fest 
igte, aber mit so nervöser Eile, daß es scheinen könnte, als 
habe der damals schon kränkelnde Dürer die auf ihn ein 
drängenden Ideen nicht mehr mit der früheren Ruhe bewältigen 
können. 
(Ein Wilhelmj-Museu m.) Das Städtchen 
Usingen im Taunus hat zum Andenken an seinen bedeuten 
den Sohn und Ehrenbürger August Wilhelm!, den im Jahre 
1908 in London gestorbenen berühmten Geiger, im Geburts 
hause Wilhelmjs ein kleines Museum eingerichtet. Es enthält 
zahlreiche an Wilhelm) gerichtete Briefe bedeutender Persön 
lichkeiten, darunter dreizehn von Richard Wagner, ferner eine 
Anzahl dem Künstler gewidmeter Bildnisse. Ehrendinlome aus 
wärtiger musikalischer Gesellschaften und sonstige Dokumente 
aus dem Leben Wilhelmjs.
	        
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