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Seite 298 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 20 
wird von ihm nur noch gesagt, daß er als ein guter Fresko 
maler vom Prinzen Eugenius in Wien beschäftigt 
wurde, wo er auch in hohen Jahren gestorben sei. 
Das ist richtig, ich finde aber auch noch mehrere 
andere Vertreter dieser Familie in Wien, so Hans 
Tr au weg (Drentwet, Trantweg, Trentweg), einen 
»Goldschmidgesell«, welcher hier im Jahre 1682, 65jährig, 
eines plötzlichen Todes »auf der Gasse gestorben« ist. 
Dieser, 1615 geborene Meister dürfte kaum als ein Bruder 
des Abraham gelten können, welcher gleich unserem 
Jonas erst um 1650 geboren wurde. 
Es ragen daher zwei Zweige dieser Künstlerfamilie 
von Augsburg nach Wien, dem damaligen Rendezvous 
platze der Künstlerschaft des ganzen Kontinents, ja der 
ganzen Welt, weil wir hier damals sogar Afrikanern aus 
dem Kongo und Asiaten begegnen, die sich hier ansässig 
machten. 
Jonas Drentwett, der Maler, kam schon verheiratet 
nach Wien, weil hier seine Ehe-Eintragung nicht vor 
handen ist, und ich die erste archivalische Spur über ihn 
erst im Jahre 1706 vorfinde, in welchem er als »ein 
Maihler« eine Tochter Eva Barbara in der St. Ullrichs- 
Pfarre auf dem damaligen Spittelberg, wo er wohnte, 
taufen ließ. Indessen muß er schon um 1690 in Wien ge 
wesen sein, denn von 1695 ist ein Fresko im Preßburger 
Rathaus von ihm signiert und datiert. 
Am 31. März 1706, kurz nach der Taufe der Tochter, 
verlor er seine Gattin Helene durch den Tod, sie starb 
im 40. Lebensjahre. Im nächsten Jahre, 1707, verlor er 
seine zehnjährige Tochter Anna — er wohnte damals in 
der Josefstadt »am äußeren roten Hof« bei der goldenen 
Schale — und im Jahre 1708, den 21. Jänner, die zweite 
J'ochter Euphrosina Sybilla im sechzehnten Lebensjahre. 
Es blieb ihm nur noch ein Sohn zurück namens Jonas 
Ehrenreich, welcher auch die Kunst seines Vaters er 
lernte und hier praktizierte, aber schon im 41. Lebens 
jahre, am 25. Juni *1739, »in seinem Haus beim golden 
Schlössel im Lichtenthall« gestorben ist. Merkwürdiger 
weise wird er als »evangelisch« im Totcnprotokollc aus 
gewiesen. 
Er war auch verheiratet, weil ihm im November 1728 
ein Kind im Tode vorausgegangen ist. Leider ist die Auf 
findung der betreffenden Grundbucheintragung teils 
wegen der äußerst komplizierten Grundherrlichkeiten, 
teils wegen Fehlens vieler Vororte-Grundbücher hoff 
nungslos, wenigstens mir gelang sie nicht, und aus dieser 
hätten wir über seinen Familienstand gewiß genauere 
Nachricht erhalten können. Das J'odesjahr des Jonas 
Drentwett selbst ist in den J'otenprotokollen unauffindbar, 
wahrscheinlich ereilte ihn der Tod bei einer Arbeit in der 
Provinz, aber nicht später als höchstens um 1728. 
Wenn noch nachzutragen ist, daß am 16. April 1716 
sein zweiter Sohn Johann Christoph, ebenfalls ein 
schon selbständiger »Maler«, in der Singerstraße an der 
»Dörr« verstorben ist, so ist damit das Personalakten 
materiale dieser Künstlerfamilie erschöpft, aus welchem 
zu ersehen ist, daß sie durch ein halbes Jahrhundert hier 
tätig war und sogar das Wiener Bürgerrecht erlangte. 
Wenn aber auch der Wiener Zweig dieser Künstler 
familie mit Jonas Ehrenreich in Wien ausgestorben sein 
sollte, so hat sich der Augsburger Zweig bis in unsere 
Tage hinein fortgepflanzt, ist der Kunst treu geblieben 
und hat seinen traditionellen Zug nach Wien nicht abge 
streift, denn ich finde unter den Zöglingen der Wiener 
Akademie der bildenden Künste noch im Wintersemester 
1864 die Immatrikulation eines »Karl Drentwet t«, 
Sohn eines Graveurs in Augsburg und dort geboren,’ 
18 Jahre alt, Lerchenfelderstraße 11 wohnhaft, in die 
»Schule für kleine Plastik«. 
Leider, und das ist charakteristisch für den Wandel 
der Zeiten, wird der junge, vielleicht letzte Sproß einer 
auch um die Wiener Kunst verdienten Künstlerfamilie, 
welcher hier zu ernten hoffte, wo sein Urahn gesät 
hat — mittelst »Dekret« vom Jahre 1866 aus der Schule 
»wegen Nichtzahlung des Schulgeldes gestrichen«. 
Dieses L.os teilten übrigens mit ihm unter anderen auch 
die beiden Ungarn Julius v. J a n k o und Michael 
Lieb, der spätere Munkäcsy! 
Die Personalien dieses Künstlers haben bereits so viel 
Raum in Anspruch genommen, daß ich mich mit den 
Werken desselben nur noch summarisch befassen kann. 
Schon der Begriff allein von dem Wesen und von der 
Bedeutung der Freskomalerei, deren Technik sich Karl 
B1 a a s füt seine Arsenalbilder erst neu erfinden und 
eigens zurechtlegen mußte, ist so vollständig aus unserem 
Bewußtsein geschwunden, daß für uns Moderne die Be 
nennung »Freskant«, »Freskomaler« ein leerer Schall 
ist, und nur die wenigsten sich noch des Ausspruches 
Michelangelos erinnern: »Die Freskomalerei ist 
Mannesarbeit, die Oelmalerei überlasset den Weibern.« 
Damit ist der Rang des Fresko in der Kunst gekenn 
zeichnet, der Name »Freskant« in das wahre Licht ge 
stellt, und die hohe Stufe, welche daher unser Jonas 
D r e n t w e 11 in der Künstlerhierarchie einnimmt, oder 
welche ihm als solchen gebührt, festgestellt. Von seiner 
Qualität in diesem Fache zeugen aber rühmlich die noch 
erhaltenen Arbeiten des Meisters, »das Plafondgemälde 
der Auferstehung Christi« im Rathaussaale zu P r e ß- 
b u r g, signiert und datiert 1695, welches ich in der 
Literatur nicht finde, dann das reizende Eckkabinett im 
unteren, die Eckrondelle im oberen Belvedere »chambres 
en grotesque«, welche Albert 11 g »die Loggien Raphaels 
in barocker Ucbersetzung« nennt, die Pavillonfresken in 
Süßenbrunn, von welchen bei Stetten und in 
den Monatsberichten des Altertumsvereines von 1896 
(Seite 83) die Rede ist, wo der Ort aber irrtümlich 
»Siebenbrunn« genannt wird. Süßenbrunn gehörte 
nämlich dem unsterblichen Prinzen, in dessen Diensten in 
Wien Drentwett gestanden ist, und nicht Siebenbrunn. 
Damit sind natürlich die Arbeiten Drentwetts nicht er 
schöpft, aber nur ein Zufall oder ein gründliches Studium 
dieses Meisters könnte sie noch zutage fördern. 
Bei diesem seinem Hauptfach ist es natürlich, daß nur 
wenige Tafel- oder Staffeleibildcr von ihm vorhanden sein 
dürften, und auch diese uns nicht seine Kunst in ihrer 
wahren Größe vermitteln können; aber nichtsdesto 
weniger kann sich unser Bild (Fig. 1) schon sehen lassen, 
und könnte, wenn nicht signiert, »in die Nähe« des einen 
oder anderen »Großen« gerückt werden. 
Das Bild ist auf Leinwand, 96 : 75 cm groß, und stellt 
die heilige Familie, einem Engelkonzert lauschend, dar, 
ein anmutiges und überaus seltenes Thema, dessen Wahl 
allein den Künstler charakterisiert. 
Die Gruppierung der figurenreichen Komposition, 
der Ausdruck des Versunkenseins und andächtigen Zu 
hörens der himmlischen Klänge seitens der heiligen 
Mutter und des heiligen Josef, während das Kind mit 
Johannes sich unterhält und von einer vor ihm knienden 
Heiligen verehrt wird, im Hintergründe aber drei Engel 
musizieren, — diese drei so verschiedenen Handlungen und 
Motive sind vom Künstler mit einer solchen Meister 
schaft zusammengestimmt und fcstgehalten worden, daß 
er gewiß unter die bedeutendsten Talente seiner Zeit ge 
zählt u r erden muß. Ziehen wir dazu das anmutige Kolorit, 
die virtuose Behandlung des Lichtproblemes und die 
Farbenfrische und Sattheit in Betracht, worin sich der 
Freskomaler nicht verleugnen läßt, so fehlt nichts, um 
dieses Bild unter die Perlen der Wiener Barockkunst ein-
	        
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