MAK
Internationale 
gammler-Zeifunß 
Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde. 
Herausgeber: Norbert Ehrlich. 
5. Jahrgang. Wien, 15. November 1913. Nr. 22. 
Der Sammler Beireis. 
Von Q. Engelsmann, Wien. 
Christoph Ludwig B e i r e i s, herzoglich braun 
schweigischer Hofrat und Professor zu Helmstädt, gehört 
sowohl als Mensch wie als Gelehrter und als Sammler 
auf den verschiedenartigsten Gebieten zu den merk 
würdigsten Erscheinungen. Die so eigenartige, von dem 
Zauber des Originellen und Geheimnisvollen umflossene 
Gestalt, die bekanntlich auch das persönliche Interesse 
Goethes in hohem Maße erregt hatte, wird in der deut 
schen Gelehrtenwelt kaum je ihresgleichen gehabt haben. 
Wir wollen uns an dieser Stelle hauptsächlich mit dem 
Sammler Beireis beschäftigen, zu dessen besserem 
Verständnis wir jedoch wenigstens in kurzen Umrissen 
auch das Bild des Menschen und des Gelehrten skizzieren 
müssen, der seinen Zeitgenossen nicht nur als ein wunder 
licher Sonderling, sondern häufig auch in weiten Kreisen, 
die sich die abenteuerlichsten und mysteriösesten Dinge 
von ihm zu erzählen wußten, als veritabler Wundermann 
erschien, als eine Art Cagliostro, dem man alles Mögliche 
und auch Unmögliche zutraute. 
Beireis ward 1729 in Mühlhausen als der 
Sohn eines angesehenen Beamten geboren und 
erhielt eine sorgfältige Erziehung. Ursprünglich 
für das juristische Fach bestimmt, beschäftigte sich 
der junge Student schon frühzeitig mit Botanik, Chemie 
und den Naturwissenschaften überhaupt. Schon im zwölf 
jährigen Knaben regte sich der Sinn und die Begeisterung 
für seltene Kunstwerke und zugleich das glühende Ver 
langen nach deren Besitz. Beim Anblick der berühmten, 
ungemein wertvollen Vaucansonschen Automaten rief der 
Knabe aus: »Diese Kunstwerke müssen mein werden!« 
Als ihn der Vater wegen dieses scheinbar unsinnigen und 
vermessenen Wunsches hart zurechtgewiesen hatte, rief 
der kleine Schwärmer unerschüttert aus: »Ich werde sie 
doch besitzen!« Zwanzig Jahre später bildeten sie tat 
sächlich einen Teil seiner ungemein teuren Sammlungen. 
In Jena gab Beireis die Jurisprudenz ganz auf, stu 
dierte Medizin mit beispiellosem Eifer und großem Er 
folge — er gehörte später zu den gelehrtesten, originell 
sten und auch gesuchtesten Aerzten, dessen Wunderkuren 
viel von sich reden machten — und betrieb aber nebenbei 
allerlei Sport, insbesondere die Fechtkunst, so daß er noch 
in seinem hohen Alter durch seine ungemeine Körperkraft, 
die ihm bei seiner eher zarten Gestalt niemand zugemutet 
hatte, verblüffte. Nach seiner Promotion ging Beireis auf 
Reisen, die ihn mehrere Jahre zurückhielten; was er 
während dieser Zeit alles unternommen, darüber liebte 
er nur in geheimnisvollen Andeutungen sich zu ergehen, 
aus welchen hervorzugehen schien, daß er auf der Suche 
nach dem Stein der Weisen, nach der Kunst des Gold 
machern, begriffen gewesen sei und nicht — erfolglos. 
Tatsache ist, daß Beireis auch in seinen Vorlesungen 
später die Möglichkeit des Goldmachens zu behaupten 
liebte, ja, er pflegte Goldstücke — mit der Jahreszahl 1760 
— hervorzusuchen, die er dann - - wie einer seiner Hörer 
in einer Biographie des Meisters erwähnt — »an der 
Farbe und dem Striche auf dem Probierstein mit Kenner 
blick für chemisches Gold erkannte«. Vielfach war der 
Glaube verbreitet, Beireis habe auf diesem bequemen, 
aber etwas ungewöhnlichen Wege seinen fabelhaften 
Reichtum erworben; wahrscheinlicher jedoch ist, daß der 
geniale Mann bei seinen Experimenten, wenn auch nicht 
direkt zu Gold, so doch zu wertvollen Erfindungen ge 
langte, aus denen er viel echtes Gold schlug. Gewiß ist 
zum Beispiel, daß die Färbemittel, die er den niederländi 
schen Tuchfabrikanten lieferte, von diesen sehr gut be 
zahlt wurden. Seinen alchimistischen Studien dürfte Bei 
reis cs aber wohl verdankt haben, daß ihn der Herzog von 
Braunschweig, der sich für die Adeptenkünste sehr inter 
essierte, zu sich berief. Bald aber verließ er den Hof, um 
an der Helmstädter Akademie, damals der Sitz berühmter 
Professoren der Theologie und Jurisprudenz, als Dozent 
der Naturwissenschaften seine Lehrtätigkeit zu eröffnen. 
Einen solchen Professor hatte Helmstädt und wohl bis 
dahin auch keine andere deutsche Universitätsstadt ge 
sehen: Ein kaum 27jähriger, eleganter, modisch ge 
kleideter, junger Mann, der auf dem Fechtboden brillierte, 
als tüchtiger Musiker und gewandter Verseschmied in den 
Gesellschaften sich auszeichnete, trat er zugleich seinen 
Kollegen als ein Polyhistor entgegen, der durch den Um 
fang seines, die heterogensten Fächer umfassenden 
Wissens, wie durch die oft geradezu herausfordernde 
Sicherheit, mit der er über alles und jedes seine eigene, 
wenn auch nicht immer wohlbegründete Meinung aus 
sprach, imponierte. Die zweifellos glänzenden Fähigkeiten
	        
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