MAK
Nr. 22 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Seite 331 
Wahrung läßt. Jeden Augenblick sich zu spalten drohend, 
ward es unvorsichtiger als jedes andere hervorgeholt, auf- 
und wieder beiseite gestellt«. Auch die dringende Fürbitte 
Goethes, dem kostbaren Werk doch mit mehr Schonung 
zu begegnen, wurde von dem sonst gegen den Dichter 
sehr liebenswürdig sich benehmenden Sammler »gleich- 
giltig abgelehnt«. Die kleine Meinungsverschiedenheit 
über den Wert und Unwert der Bilder hinderte Goethe 
aber nicht, im übrigen den vielen hervorragenden Eigen 
schaften des Hofrates Beireis gerecht zu werden. Auch 
dessen große gesellschaftliche Talente erwähnt er, 
denn er hatte Gelegenheit auch zu bewundern, wie der 
alte Herr bei Tische es verstand, »als ehemaliger Ver 
ehrer der Mutter, sich als jetziger Freier der Tochter oder 
Nichte ungezwungen darzustellen«. Eine Kunst, in der 
Goethe sicherlich als kompetenter Fachmann gelten 
konnte; w T ar er ja selbst in der Lage, sie fast an — drei 
Generationen zu erproben. Der Weimarer Geheimrat und 
der Braunschweiger Hofrat schieden im freundlichsten 
Einvernehmen voneinander. 
Goethe war so artig gewesen, selbst den leisesten 
Zweifel an der Echtheit des weltberühmten großen 
Diamants unausgesprochen zu lassen, den Beireis a}s 
seinen wertvollsten, teuersten Schatz zu preisen pflegte 
und von dem man sich, man kann sagen, in ganz Europa, 
Wunderdinge erzählte. Man kann sich vorstellen, wie 
hoch der Hofrat diesen Diamant schätzen mochte, wer@i 
man hört, daß er folgende Geschichte von demselben zu 
erzählen pflegte: »Er habe einst den Stein unter einer 
Muffel geprüft und über das herrliche Schauspiel der sich 
entwickelnden Flamme, das Feuer zu mildern und auszu 
löschen vergessen, so daß der Stein über eine 
Million Taler an Wert in kurzem verloren 
h a b e.« In einem Briefe, den Beireis kurz vor seinem 
Tode an den Superintendenten Helmuth in Calvörde 
geschrieben, hat er genaue Angaben über die Größe dieses 
Steines mitgeteilt. Da heißt es u. a.: »Von meinem größten 
Diamanten sagt der jetzt in Holland noch lebende Herr 
v. Meermann, Baron von Dalem und Vuyern, in seinem 
holländisch geschriebenen, von Herrn Hofrat und Pro 
fessor Lüders ins Deutsche übersetzten Buche, S. 89, daß 
er nicht größer als ein Ei. Nein, wahrlich! er ist viel größer 
und noch einmal so groß! . . . Von diesem meinem Dia 
manten ist es völlig wahr, daß er nach der bekannten 
Bestimmungsart von allen Monarchen Europas zusam 
mengenommen nicht bezahlt w eitlen könnte«. Beireis hatte 
diesen Schatz niemals vollgiltigen Fachmännern zur Prü 
fung vorgelegt und man war daher genötigt — er bot ja 
auch den Stein niemandem zum Kauf an — '^feine Taxie 
rung gelten zu lassen. In seinem Nachlasse fand er sich 
nicht vor. Als Beireis im Jahre 1808 über seinen Diaman 
ten befragt wurde, gab er die Antwort, »er habe sich 
dieses Besitzes entäußert, weil er bei der im Königreich 
Westfalen einzuführenden Vermögenssteuer deshalb un 
erschwinglich belastet zu werden gefürchtet habe«. 
Beireis starb im achtzigsten Lebensjahre. In seiner 
Krankheit ließ er niemanden zu sich und er verschrieb 
sich selbst die Rezepte, die aber ganz widersinnig ge 
lautet hatten, so daß man in der Apotheke merkte, der 
ausgezeichnete Arzt müsse bereits des klaren Denkens 
unfähig sein. Beireis war nie vermählt gewesen und hatte 
sich stets, so sehr er die Gesellschaft schöner Frauen und 
Mädchen liebte, durch ein streng sittenreines Leben aus 
gezeichnet. Er war in allem und jedem ein Original ge 
wesen. Als Mensch, wie als Gelehrter, wie auch als 
, Sammler. 
Wiener Kunstauktionen. 
Das Wiener Dorotheum setzt in der neuen Saison 
mit einer größeren Auktion ein, die auf vier Tage berechnet ist. 
Am ersten und zweiten Tage kommt der Nachlaß des um 
die Hebung des Fremdenverkehres in Tirol hochverdienten 
Alpinisten Dr. Theodor Christomannos aus Meran zur 
Versteigerung, der dritte und vierte Tag bringt Kunstgegen 
stände aus aristokratischem und bürgerlichem Besitz, unter 
anderem aus dem des Kammersängers L. von B i g n i o und des 
Landschaftsmalers Karl Schwenningen 
Durch Jahre hatte das Christomannos-Zimmer im 
B o z e n e r Museum auf das besuchende Publikum eine be 
sondere Anziehungskraft ausgeübt: man bewunderte den feinen 
Geschmack, mit dem der kunstsinnige Sammler alles zu einem 
harmonischen Ganzen gestimmt hatte, ln den Rahmen der 
bodenständigen Tiroler Kunst wollte sich das Zimmer aller 
dings nur schlecht einfügen, dominierte doch hier die Wiener 
Note: urwienerisch waren die Erzeugnisse mit dem blauen 
Bindenschild, waren die reizenden Bronzen, Gebrauchs- und 
Nippesgegetistände und das Mobiliar, waren aber auch mit 
Ausnahme eines einzigen Gemäldes des Münchener Malers 
Zügel die Werke der bildenden Kunst, als deren Schöpfer 
Amerling, Aureiter, Danhauser, Feld, Füger, Gauermann, 
Kupelwieser, Neder, Pettenhofen, Rahl, Ribarz und Swoboda 
signierten. 
Die sich immer schwieriger gestaltende Raumfrage im 
Bozener Museum hat es mit sich gebracht, daß diese ur- 
wienerische, in Wien entstandene Sammlung nun in ihre 
Heimatstadt zurückgekehrt ist, um da noch einmal vor ihrer 
Auflösung als Ganzes den Wiener Sammlern und den vielen 
Freunden des beliebten Volksmannes gezeigt zu werden. 
Den Hauptstock der Sammlung Christomannos bilden 
Altwiener Porzellanschalen mit Untertassen, doch sind auch 
die anderen österreichischen und deutschen Manufakturen gut 
vertreten. Wir bringen hier eine kleine Auslese, wobei wir be 
sonders auf eine Altwiener Henkelkanne mit zwei Schalen und 
Untertassen, innen Gold, außen Silber (Fig. 1), aufmerksam 
machen möchten. Fig. 2 zeigt einen Porzellanbecher einer Pa 
riser Manufaktur aus der Einpirezeit, Fig. 3 einen Becher aus 
Schlaggenwald, Fig. 4 eine Porzellanschale mit überhöhtem 
Löwenhenkel und Untertasse der Wiener Fabrik, der auch das 
Solitär-Frühstückservice (Fig. 5) und die Porzellanschale mit 
Grisaillcmalerei (Fig. 8) angehören. Fig. 6 ist eine Meißener 
Trembleuse, Fig. 7 eine Höchster Teekanne. 
Die Sammlung Christomannos zeichnet sich weiters durch 
eine Fülle gefälliger Altwiener Bronzen aus der Empirezeit aus, 
wovon zwei Bronzekandelaber aus dem Besitze des Barons 
Qeymüller stammen. Von besonderer Schönheit sind auch 
die Früh-Empire-Salongarnitur (Kat. Nr. 346) und die Chaise 
longue mit der dazugehörigen Marquise (Kat. Nr. 347). Unter 
den Gemälden der Sammlung wären zu nennen: Die Original 
skizze Fügers zu seinem großen Gemälde »Der Tod der 
Virginia«, der Pettenkofen »Von Hunden verfolgter Zi 
geunerjunge«, ein famoser Neder »Der Dorfbader«, ein selten 
schöner Ribarz »Motiv aus Murano«, gute Werke von Amer-
	        
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