Nr. 24
Internationale Sammler-Zeitung.
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einen Watteau gegolten hatte, schließlich aber ihm zugeschrieben
werden mußte. Nach Maurel spricht auch die Art der Pinsel
führung der Berliner Bilder nicht für Watteau.
Ein wichtiges Moment in der Streitfrage bildet die »Ren-
toilage« vom Jahre 1899. Prof. H a user hat die Leinwand der
Berliner Bilder erneuert, und dabei wurde, wie es scheint, ein
zelnes verändert. Die Diskussion erschwert sich also. Hier setzt
nun Maurel mit neuen Beweismitteln ein. Er hat Photographien
der Firma Braun und Schneider aus dem Jahre 1883,
welche die beiden Bilder ohne Rahmen zeigen. Er versucht nun,
beide Photographien so aneinander zu legen, daß das ursprüng
liche Gesamtbild erscheint. Doch das geht nicht. Die Perspektive
ist auf beiden Bildern nicht die gleiche, der dargestellte Raum
paßt nicht aufeinander, insbesondere nicht die im Hintergründe
von der Schnittlinie geteilte Türe, die Flucht der Trottoirsteine.
Das beweist also, daß die beiden Bilder von allem Anfang an
getrennt gemalt wurden und nie ein Ganzes
bildeten.
Also können sie nicht das Original sein, das Watteau
für Gersaint malte.
Chronik.
Autographen.
(Kostbare Musikerautographen.) Aus Lon
don wird uns berichtet: Bei der Versteigerung von Autographen
berühmter Musiker, die dieser Tage bei Sotheby abgehalten
wurde, erzielten einzelne Blätter ungewöhnlich hohe Preise. Die
höchste Ehrung brachte die Welt der Autographensammler dem
Andenken Glucks dar: für ein drei Folioseiten umfassendes
Manuskript, das aus Wien vom 33. Dezember 1769 datiert ist,
wurden 4400 Mk. bezahlt. Ein einseitiger Brief Schuberts
erzielte 1000 Mk., eine Seite von Bach 500 Mk., vier Seiten
von Beethoven brächten 900 Mk. Drei Seiten Chopins,
an seinen Verleger gerichtet, mit einigen Passagen aus seiner
»Tarantella«, wurden auf 400 Mk. bewertet. Das Original
manuskript von Sir Edward Elgars »Cockaigne«, das 110
Seiten umfaßt, fand für 380 Mk. einen Liebhaber, und ein vier
Seiten "langer Brief von Artur S u 1,1 i v a n wurde von einem
Sammler für 40 Mk. erstanden.
(Amerikanische Autographen.) Aus N e w y o r k
wird berichtet: Eine Anzahl außerordentlich interessanter
historischer Autographen aus der Kolonialzeit Neuamerikas kam
in diesen Tagen in Albany mit der Versteigerung der bekannten
Handschriftensammlung Tha eher unter den Hammer. Für
den von dem ersten Generaldirektor 'Neuholtands im Jahre 1630
Unterzeichneten Vertrag, durch den die Indianer den Kolonisten
Rensselaerswyck Maaor kaufweise überließen, wurden 6840
Mark bezahlt. Das Dokument ist in holländischer Sprache ge
schrieben. Für einen Brief Pierre le Moyne s. des Begründers
von Louisiana, der im März 1699 die Mündung des Mississippi
erreichte, wurden 880 Mark angelegt. 1700 Mark erzielte ein
vorn 7. Mai 1679 datiertes Dokument, das die Unterschrift Louis
J o 11 i e t s trug, der gemeinsam mit Marquette als erster Weißer
den Mississippi sah. Ein zwei Seiten langer Brief von George
Washington fand für 1100 Mark einen Käufer, und ein
französisch geschriebener Brief des Eroberers von Quebec, des
Generals James Wolfe, wurde mit 960 Mark bezahlt.
Bibliophilie.
(Die Bibliothek Thiers,) die in dem früheren
Wöhnhause des Staatsmannes Place Saint Georges in Paris
eingerichtet wurde, soll nach einer Mitteilung der Comedie Fran-
gaise, der Erbin, endlich in diesen Tagen eröffnet werden. Die
an sich nicht sehr bedeutende Bücherei des Verfassers von »Le
Consulat et l’Empire« wurde durch Ankauf allerlei Sammlungen,
so der Henry Houssayes, auf 20.000 Bände hauptsächlich der
Geschichtskunde und des Staatsrechtes vermehrt.
(Die Versteigerung der Opplerschen
Bibliothek.) Aus Leipzig wird uns geschrieben: Bei
C. G. Boerner kamen gleichzeitig die Bibliothek des ver
storbenen Baurats Edlen Edwin O p p 1 e r (Hannover) und
mehr als 200 Inkunabeln unter den Hammer, die sehr be
deutende Preise erzielten. Ein Einzelblatt der 42zeiligen
Gütenberg-Bibel (1456) brachte 900 Mark, das Argonautikon
des Apollonius Rhodius 420 Mark, die Enzyklopädie der geist
lichen Wissenschaften des Astesanus de Ast 810 Mark, das
Supplementum Sumrnae Pisanellae des Nikolaus de Ausmo
1180 Mark, Episteln des St. Bernhard 310 Mark, die neunte
deutsche Bibel (1483, Nürnberg), 255 Mark, Konstitutionen des
Papstes Klemens V., ein Schöfferdruck, 780 Mark, Diogenes
Laertius 405 Mark, einer der ältesten Nürnberger Drucke mit
dem Namen Sensenschmidt, Albertus de Eyb 360 Mark, ein
außerordentlich seltener Straßburger Druck der Predigten des
Vinzentius Ferrerius 1150 Mark, die Musiktheorie des Gafurius
650 Mark, das Leben des St. Hieronymus 1275 Mark, die
Institutionen des Justinian, ein hervorragend schöner vene
zianischer Druck (1470), 910 Mark, das Leben der Heiligen,
eine Augsburger Arbeit, 875 Mark, die Missa Herbipolense
850 Mark, das älteste ungarische Meßbuch, das überhaupt nur
in sechs Exemplaren nachweisbar ist, ein in jeder Hinsicht
kostbares Werk aus dem Jahre 1040, stieg auf 2600 Mark.
Ein Panoramitanus aus dem Jahre 1474, ein schöner Straß
burger Druck, kam auf 775 Mark, ein Breslauer Missale auf
345 Mark, die Französische Architektur von Jean Mariette
erzielte 500 Mark, die erste illustrierte Ausgabe des Vitruvius
(1511) 425 Mark, eine Londoner Ausgabe des Virgil 580 Mark,
die Chronik des Baudoyn, ein Pariser seltener Druck des be
rühmten Ritterromans, 350 Mark. Von geographischen Werken
kamen drei Werke von Merian auf je 325 Mark, die Topo
graphie Oesterreichs von Georg Vischer mit 508 Kupfern
485 Mark, ein Konvolut Hochzeitsgedichte 305 Mark, eine
illustrierte, selten schön ausgemalte deutsche Bibel, 955 Mark,
ein vollständiges Werk von Grecourt 620 Mark. Lafontaines
Fabeln in einer Amsterdamer prachtvollen Ausgabe wurden
mit 400 Mark bezahlt, ein illustriertes vollständiges Werk von
.1. J. Rousseau mit der hohen Summe von 1050 Mark. Zahl
reiche Werke dieser ersten Abteilung der Opplerschen, sehr
gut zusammengestellten Bibliothek hielten sich in mittlerer
Preislage, s,o daß das Gesamtergebnis des ersten Tages an
nähernd 50.000 Mark betrug. Der zweite Tag brachte hohe
Preise hauptsächlich in der Abteilung Manuskripte mit Minia
turen. So kostete das Fragment eines Missale 810 Mark, ein
Missale deutscher Herkunft mit acht figürlichen Miniaturen
1420 Mark, ein Officium Mariae niederländischen Ursprungs
mit 15 ganzseitigen Miniaturen 2000 Mark, Horae aus Nord-
ostfrankreich, ein römisches Brevier in holländischer Sprache
je 1100 Mark, einige Einzelblätter mit Miniaturen 600 bis
800 Mark, ein Nürnbergisches Schönbartbuch 480 Mark. In
der Abteilung Mathematik kaufte einige kleinere Stücke die
Leipziger Handelskammer, darunter ein Werk von Adam
I Riese von Musikbüchern kamen Petrus Giovanelli auf 410 Mark
und eine Liebesliedersammlung von Scarlatti und Pasquini
auf 185 Mark. Hans Sachsens Wittenbergisch Nachtigall