Nr. 10
Internationale Sammler - Zeitung.
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war, ist jüngst- im Schweizer Kunsthandel wieder aufgetaucht
und dieser Tage fiir die üroßherzogliche Kunsthalle in Karls
ruhe erworben worden. Das Werk, das seinerzeit auf der
Pariser Ausstellung den Weltruf des deutschen Meisters be
gründete, ist irn wesentlichen ein Vorläufer der Feuerbachschen
Kunst. Seine Güte liegt teils in der glühenden und feingestimm
ten Farbengebung, teils in der sicheren Beherrschung der
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Fig. 14. Chodowiecki, Brandenburger Thor.
menschlichen Form, sowie namentlich in der sehr glücklichen
Zusammenstellung der Figuren innerhalb des landschaftlichen
Rahmens. Winterhalter ist bekanntlich der einzige deutsche
Künstler, der im Louvre in Paris vertreten ist.
Vom Kunstmarkt.
(Die Sammlung des Professors D r. S u i d a in
Oraz.) Am 18. d. M. gelangt in der Galerie Fl c 1 b i n g in
München eine Sammlung von alten Gemälden aus dem Be
sitze des Professors Dr. W. Suida in Graz zur Versteige
rung. Von den 44 Gemälden der Sammlung ist die Mehrzahl
italienischen Ursprungs. Da findet sich aus dem Trecento eine
zierliche venezianische Madonna; aus der sienesischen eine
hl. Katharina. Von der Wende des 15. zum 16. Jahrhundert sei
ein Predellenbild der mailändischen Schule von einem auch
sonst bekannten Schüler des Bramantino sowie ein Brustbild
des jugendlichen Christus hervorgehoben. Durch einige Erzeug
nisse von außergewöhnlichem künstlerischen Interesse ist das
Cinquecento vertreten. Der hl. Hubertus gehört in die Gruppe
der Bilder, die in Venedig irn engsten Anschluß anGiorgone
gemalt wurden. Das Vorherrschen des Landschaftlichen, die
Wirkung der Abendbeleuchtung sowie die in leuchtendem
Gewände hervortretende Gestalt des knienden Jägers sind
iiiefiir in gleicher Weise charakteristisch. Aus Parma stammen
die auf Leinwand übertragenen Freskobilder, von denen das
eine »Madonna mit Kind« von Correggio selbst herrührt.
Die deutschen Gemälde machen den kleineren Teil der Samm
lung aus. Auch hier führt das ältestes Stück, ein doppelseitig be
maltes Täfelchen mit dem Antlitz Christi und die Erscheinung
von Magdalena, auf die Zeit um 1400 zurück. Einer
bestimmten Künstlerpersönlichkeit, die zwar nicht dem Namen
nach, wohl aber durch andere Werke bekannt ist, dem Meister i
der neun Engelchöre in Klosterneuburg, einem in Wien um die
Mitte des 15. Jahrhunderts tätigen Maler, gehört das vorzüglich
erhaltene Gemälde der Verkündigung Mariä an. Der unter dem
Eindruck von Rembrandts Werken herangebildete Deutsche
Christoph Paudiß ist der Autor eines lebensvollen Studien
kopfes eines bartlosen Mannes. Eine kleine Landschaft mit
zierlich skizzierten Staffagefigiirchcn gehört einem noch allzu
wenig bekannten deutschen Landschafter des 18. Jahrhunderts
an. Das Zeitalter des Klassizismus ist durch eine breit ent
worfene, iu der Farbenwirkung vortreffliche Komposition von
Friedr. Heinr. Füger vertreten. Ein in den Farben leuchten
des Jugendwerk Moritz von Sch wind s, sodann zwei kleine
Wiener Porträts der Biedermeierzeit, deren eines mit Guido
Müller 1840 signiert ist, reihen sich würdig an. Eine kleine
zartsentimentale Darstellung: »Junge Dame beim Lesen eines
Briefes in Tränen ausbrechend«, rührt aus England von der
Hand des wenig bekannten Malers Scarlett Davis her und
zeigt eine merkwürdige Verwandtschaft mit Wiener Gemälden,
wie etwa Danhauser.
(Auktion bei H o 11 s t e i n & P u p p e 1.) Vom 18. bis
20. d. M. findet im Kunstantiquariat von H o 11 s t e i n &
Pappel in Berlin die Versteigerung der Sammlung eines
Berliner Kunstfreundes statt, die wegen ihrer Reichhaltigkeit
und Vielseitigkeit reges Interesse der Graphiksammler finden
dürfte. Es sind Kupferstiche, Radierungen, Holzschnitte, Schab
kunstblätter des 15. bis 18. Jahrhunderts, die zum öffentlichen
Ausgebot gelangen werden. Der reich illustrierte Katalog ver
zeichnet mit den vielzifferigen Konvoluten 759 Nummern, unter
denen sich reiche Werke und überaus seltene und gesuchte
Blätter von Aldegrever, Bekam, Bartolozzi, Callot, Chodo
wiecki, Dürer, van Dyck, Earlom, Goltzius, Hollar, Peucz, A.
van Ostade, Rembrandt, Rugendas, Ridinger, Sintzenicli,
Teniers, Tiepolo, befinden. Zwei Proben geben unsere Ab
bildungen. Fig. 14 bringt einen ausgezeichneten neueren’ Abdruck
von Ghodowieckis »Brandenburger Thor«, E. 39, Fig. 15 den
Titelkupfer zu desselben Meisters Merkwürdiger Weissagung,
E. 646.
(Die Versteigerung bei W a w r a.) Interessante
Anhaltspunkte fiir die Wertbemessung moderner, namentlich
Wiener Meister, bietet die Auktion, die am 4. d. M. durch die
Kunsthandlung C. J. Wawra in Wien durchgeführt wurde.
Es notierten: Nr. 1 A 1 o 11, Ansicht bei Neapel K 180, Nr. 2 Franz
Alt, Der Kärntnerring in Wien K 850, Nr. 3 Ders., Die Wiener
Weltausstellung K 680, Nr. 4 Jakob A 11, Tivoli bei Rom K 520,
Nr. 5 Dcrs., Die Cholerakapelle in Baden (s. Abbildung in Nr. 9)
K 1700, Nr. 6 Ders., Die Cholerakapelle in Baden K 700, Nr. 7
Rudolf von A 11, Venedig K 14.600, Nr. 8 Ders., Ansicht aus Rom
(s. Abbildung in Nr. 9) K 4000, Nr. 9 Ders., Ansicht aus Rom
K 3500, Nr. 10 Ders., Die Kirche in Perchtoldsdorf K 5400, Nr. 11
Ders., Ansicht von Yursu|f in der Krim K 3000 (Käuferin:
Moderne Galerin in Wien), Nr. 13 Amerling, die Piraten
K 1100, Nr. 14 Eugen von B I a a s, Frauenporträt K 550, Nr. 15
Fig. 15. Chodowiecki, Merkwürdige Weissagung.
Leop. Brunner, Viehweide K 320, Nr. 16 Tito Conti, Indis
kret K 950, Nr. 17 Ders., Mädchenbildnis K 1000, Nr. 18 Daf
finger, (Berfenporträt K 1250, Nr. 19 Ders., Damenporträt
K 1600, Nr. 20 Dan h a u s e r, Der Rabbi K 680, Nr. 21 D a r-
n a u t, Frühlingslandschaft K 400, Nr. 22 Albert Decker,
Herrenporträt K 620, Nr. 23 D e f r e g g e r, Die »Vroni« K 5100,
Nr. 24 Ad. Di t sch ein er, Blick auf die Stadt Melk, K 370