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Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 147
Der flandrische Ebenholzschrank ist auf drei Seiten aufs
reichste mit Relief- und Tiefschnitzereien bedeckt. Im Oberbau
öffnet sich eine Nische, die mit Elfenbein und Schildpatt in ver
schiedenen Farben und figürlicher Gravierung verkleidet und
mit unzähligen Schiebfächern ausgestattet ist. Die Entstehungs
zeit dieses Möbels muß in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts
gesetzt werden, während der folgende Kabinettschrank, dessen
Oberbau Augsburger Arbeit und dessen Unterbau französischer
Herkunft ist, schon dem Ende des gleichen Jahrhunderts ange-
liört. Die Außenansicht des Kabiricttes, sowie die architektonisch
gehaltene Nische sind vollständig mit Elfenbein und Schildpatt
verkleidet und mit farbigem Holz figürlich eingelegt. Der Unter
bau ist etwas später, aber in Anlehnung an den Ornamentenstil
des Kabinettes entstanden und trägt an seinen Bronzebeschlägen
das Pariser Beschauzeichen vom beginnenden 18. Jahrhundert.
hoben zu werden. Die deutschen Fayencen enthalten schöne
dekorative Fächerplatten, Krüge und ein voll signiertes, tadellos
erhaltenes Stralsunder Fayencekörbchen. Eine stattliche Anzahl
silberner Pokale des 17. und 18. Jahrhunderts nebst anderen Silber
geschirren ist geeignet, lebhaftes Interesse zu erregen. Gut er
haltene dekorative Gobelins, verschiedene stilvolle Original
möbel des 17. und 18. Jahrhunderts, darunter ein vornehmer
mit Elfenbein und architektonischen Details belebter Kabinett
schrank, und eine Anzahl anderer kunstgewerblicher Gegen
stände vervollständigen die kostbaren und interessanten Samm
lungen, aus denen wir schließlich zwei Stücke noch eingehender
besprechen müssen. Es sind ein iBronzerelief von ziemlicher
Größe, das vor Jahren schon das Interesse verschiedener
Museumsdirektoren erregt hat und eine Augsburger Kunstuhr,
gefertigt laut Inschrift von Jakobus May r (Ende des 17. Jahr-
Fig. 1. Silbervergoldeter engl.
Großes Interesse verdienen noch eine kleine Kollektion
ägyptischer Kunstgegenstände, die einige geschichtlich wichtige
und seltene Arbeiten in Fayence, Ton, Stein und Bronze enthält
und die indischen Elfenbeinarbeiten, die von besonderer tech
nischer und stilistischer Feinheit sind. (Fig. 2 zeigt ein reizendes
indisches Elfenbeinkörbchen.)
Bei den sich anschließenden Sammlungen der Faniilen Graf
Auersperg und Baron G a g e r n auf Schloß M o k r i t z in
Krain liegt der anziehendste Punkt in den Porzellanen. Die drei
Stücke aus der Kändlerschen Serie »Apollo und die neun Musen«,
Apollo, Kalliope und Erato, gehören zu den überaus seltenen Grup
pen des Meißener Modelleurs. Die Alt-Wiener Serie enthält ent
zückende Stücke, wie die beiden Girandolcn, Winzer und Win
zerin, vor allem aber die Schirmdame, eine reizende Rokoko
figur von hübschester Form. Daran reihen sich Schnitter und
Schnitterin, die Zigeunerin, der Gärtner (Fig. 3), die Maroni
braterin und anderes, eine große Anzahl Tassen, Teller, Krüge
und Schüsseln. Von den italienischen Majoliken verdient die
vorzüglich erhaltene Urbinoplatte vom Jahre 1650 liervorge-
Prunkpokal (Londoner Arbeit).
hunderts). Das Relief stellt die Szene dar, wie Jesus mit seinen
Jüngern im Hause Simons speist und ihm von Maria die Füße
gesalbt und mit den Haaren getrocknet werden. Bezeichnet ist
das Stück D. P. Der Umstand, daß wir eine in der Darstellung
mit dieser Arbeit übereinstimmende Zeichnung von Lodovico
C a r d i (Cigoli) kennen und das Monogramm D. P. auf einen
Zeitgenossen Cigolis, Dom. P o g g i n i, einen Bildhauer, Medail
leur und Goldschmied in Florenz, paßt, berechtigt zur Annahme,
daß Cardis Zeichnung als Vorlage für Pogginis Relief gedient
hat. Die Ausburger Kunstuhr ist wohl ein Unikum in ihrer Art.
Sie ist mit Ornamenten, Statuetten, Reliefs in Silber und ver
goldeter Bronze ausgestattet und so ein Zier- und Prachtstück
ersten Ranges.
Die folgenden Gemäldeversteigerungen bringen
in der Hauptsache die Kollektionen eines Berliner Archi
tekten und eines Londoner adeligen Sammlers,
daneben einige Beiträge aus Wiener und Münchener
Privatbesitz. Den Schluß bilden ungefähr 50 auserlesene Land
schaften des erst jüngst wieder zu Ehren kommenden Mün-