Nr. 11
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Internationale Sammler- Zeitung.
sein? Eine auch nur oberflächliche Umschau unter den
Werken des Meisters wird uns darüber die erwünschte
Auskunft geben. Da stoßen wir gleich in der Kaiserlichen
Gemäldesammlung in Wien auf das große Ambrosius
bild (um 1619) und bemerken auf demselben (siehe die
Abb. Fig. 2) zu unserer großen Ueberraschung, unsere
beiden Köpfe des angeblichen Modellbildes in fast ge
treuer und genauer Wiedergabe, so daß sich uns auf den
ersten Blick der Gedanke aufdrängt, das wäre ja das
Pubenssche Original, nach welchem unser Pergament
bild, sei es als Studie, sei es zur Uebung oder aus be
sonderem Interesse gerade für diese Köpfe, kopiert wurde.
Aber nur auf den ersten Blick und im ersten Moment,
denn bei genauerer nachdenklicher Betrachtung werden
gleich in uns manche Zweifel rege, viele Argumente
scheinen dagegen zu sprechen, so der Umstand der
Transponierung von Pinsel und Oel in Pastell, die Wahl ]
des Malgrundes, die freie Ergänzung der im Original
durch den Rücken des Kaisers verdeckten Büste, endlich
die Erwägung, daß es in diesem Bilde bloß untergeord
nete, eine Statistenrolle spielende, daher im Hintergründe
staffelförmig angebrachte Köpfe sind, die unsere Aufmerk
samkeit nicht in dem Maße auf sich zu lenken vermögen,
um deren Herausgreifen zu einer selbständigen Schöpfung
rechtfertigen zu können.
Alles dieses müßte einen einsichtsvollen, unvorein
genommenen und geduldigen Beobachter zu der IJcber-
zeugung führen, daß es miit dem Bilde eine eigene, rätsel
hafte Bewandtnis haben müsse, daß es unmöglich
Fig- 1.
eine Kopie nach dem Ambrosiusbildc sein könne, zumal,
wenn er in Betracht zöge, daß außer in diesem unsere
beiden Typen noch in Hunderten von anderen Bildern des
Meisters in verschiedenen Varianten, und zwar von den
ersten Anfangsstadien seines Schaffens bis zu seinem
Tode Vorkommen.
Damit wäre aber noch immer kein absoluter, jeden
Widerstreit ausschließender Beweis hergestellt, und dem
Nörgeln, Kritteln, Anzweifeln und einfachen Abweisen
wäre noch immer Tür und Tor angelweit offen gelassen,
wie man denn an unserem Pergamentbilde so oft gleich-
giltig vorbeigegangen sein dürfte.
Fig. 2.
Nichts ist in der kunstgeschichtlichen Forschung
schwerer und nichts kommt seltener vor, als ungläubige
Thomasse, die noch so überzeugenden Beweisargumenten
ihr starres Nein entgegenhalten, zu bekehren. Vielleicht
glückt es in diesem Palle. Ein eingehendes Studium der
Zeichnung an beiden Bildern muß jeden Zweifel ver
stummen machen. Es ist eine Linie, die einwärts
gebogene Kurve des Nackens des im
Vordergründe stehenden Kriegers, die die
Tatsache sozusagen körperlich vor Augen führt,
daß unser Pastell nicht nach dem Ambrosiusbilde
kopiert wurde, sondern daß es vielmehr dem
Ambrosiusbilde als Vorlage, als Modell
gedient hat, daher das ursprüngliche ist.
Ich habe bereits erwähnt, daß die Rubens-Schüler
die ihnen vorgelegten Modcllbilder getreulich wider
geben mußten, wie sie sich auch sonst nicht getraut haben
würden, Korrekturen oder Abweichungen an des Meisters
eigenhändigen Vorlage vorzunehmen.
WenrijWir nun die zwei uns hier interessierenden
Typen im Ambrosiusbild genau ansehen — und die Photo
graphie leistet uns dabei vorzügliche Dienste — so werden
wir finden, daß die Linien des Nackens an beiden
Köpfen des Kriegers divergieren; während diejenige
unseres Pastellbildes, das wir als M o d e 11 b i 1 d
reklamieren, derart scharf einwärts gebogen ist, daß,'
wo sie sich unter dem Halsringe der Rüstung verliert,
dieser noch etwa einen Zoll weit über den Nacken hcraus-
ragt, ist diese Nackenlinie am Ambrosiusbilde derarl
nach außen g e s c h we i f t, daß sie mit jenem Ringe
in einer Höhe zu stehen kommt.