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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 11
Untersuchen wir aber genauer das Ambrosiusbild, so
werden wir zu unserer größten Ueberraschung genau
jene einwärts gebogene Linie des Nackens mit dem weit
abstehenden Halsringe entdecken, wie sic unser Modell-
bild hat, was. somit beweist, daß der Schüler sein Modell
bild getreulich wiedergegeben hat, daß jedoch der
Meister bei dem »Uebergehen« oder »Retuschieren«
des Bildes diese Korrektur vorgenommen
h a t, daß daher unser Modellbild dem Schüler
als Vorlage gedient hat.
Die Entdeckung dieser Retusche und der darunter
liegenden Vorlagezeichnung beweist aber nicht nur den
Gebrauch von Modellbildern im Atelier des Meisters, sie
wird zu einem wichtigen kunstkritischen Behelf, indem
es uns jetzt möglich gemacht wird, eigenhändige
Bilder des Meisters von denjenigen seiner Schüler ein
wandfrei sicherzustellen.
So ersehen wir in unserem Falle genau, daß das
Ambrosiusbild auch in seinen Köpfen eine Schülerarbeit
ist, welche vom Meister bloß »retuschiert« wiurde,
obwohl meines Erinnerns R o o s e s alle Köpfe dieses
Baldes für des Meisters eigenhändige Schöpfung hält und
ihm unsere beiden »Krieger« keinen Anlaß zu irgend einer
weiteren Bemerkung gaben.
Es eröffnen sich vor uns durch diese Konstatierung
des Vorhandenseins von »Modellbildern« des Rubens
weite Perspektiven für die Forschung auf diesem Gebiete.
Die Frage selbst, ob unser Modellbild ein Original oder
eine bloße glücklicherweise erhaltene Nachbildung ist, er
scheint mir von sekundärer Bedeutung, doch erhält es
dadurch seinen bleibenden Wert, daß an ihm eine wichtige
Entdeckung aus dem Bereiche des intimsten Kunst
schaffens des großen Meisters gemacht und vordemon
striert werden kann.
Solcher Modellbilder aus dem Atelier Rubens wird
man nach und nach mehrere wiederfinden können, wie ich
denn annehme, daß deren allein in Wien gegen fünf
Stück vorhanden sind, vier davon im Hofmuseum,
das fünfte in der Galerie des Fürsten Liechtenstein
(»Bildnis eines bärtigen Mannes«). Hierher gehört auch
der »Studienkopf« eines Franziskaners in Petersburg, wie
der »Studienkopf« des guten Schächers im Privatbesitz zu
Berlin (Knackfuß S. 73), dasselbe im Hofmuseum
(Nr. 876) das als Vorlage zum großen Altarbilde des Ge
kreuzigten in Antwerpen schon 1620 gedient hat.
Hieher der Dresdener »Bischof«, das Berliner »Brustbild«
eines Mannes, welches im »Jesus bei Simon« in Peters
burg und wiederholt noch als Modell Verwendung fand.
Die angebliche »Mutter des Rubens« wurde bereits
erwähnt, und so ließen sich noch einige mehr in öffent
lichen Sammlungen nachweisen.
Das Modcllbild für den Typus des Donnerers, des
»Jupiter tonans«, dessen sich der Meister für seine be
rühmten Louvrebilder bediente (den König Heinrich IV.
stellte er als Jupiter dar) und welches in des Meisters
Handschrift auch in Wien aufgetaucht ist, gedenke ich mit
Erlaubnis des Eigentümers eigens zu besprechen. Hier
möchte ich nur noch zum Schluß in gedrängter Kürze
jene Bilder des Meisters anmerken, in welchen die Typen
unseres »Kriegers« und seines jungen Doppelgängers,
der dem Rubens teils als »Johannes«, dann gelegentlich
als »Sebastian«, auch als »Arion« und unzähligemale
sonst noch in verschiedenen Kopfstellungen als Modell
gute Dienste geleistet hat, am markantesten hervortreten.
Die Reihe beginnt schon mit dem »Triumphzuge Cäsars«
vom Jahre 1602, wo der blonde Junge oben zwischen den
brennenden Kandelabern, und der bärtige Krieger in der
Mitte des Bildes hinter dem bärtigen Priester leicht zu
erkennen ist — ein Beweis, daß diese Modellköpfe zu den
ältesten Erzeugnissen des Meisters gehören. Im »Trun
kenen Herkules« (Klassiker der Kunst S. 19), im »Sterben
den Seneca«'(S. 28), im großen »Jüngsten Gericht« (S. 107)
kommen sie wieder.
In den Deciusbildern der Liechtenstein-Galerie spielen
unsere Typen eine hervorragende Rolle. Decius selbst
trägt die Züge unseres Kriegers, und auch sonst kommen
sie oft in einem Bilde in mehreren Varianten vor.
Ich habe noch zwanzig andere Belege gesammelt,
um aber den Leser nicht zu ermüden, führe ich nur eines
der letzten Bilder des Meisters von 1640, den »Rauern-
tanz«, an, in welchem auch noch beide Typen unserer
Doppelköpfe geschickt angebracht sind.
Wenn somit erwiesen ist, daß sich im Oeuvre Rubens
durch 40 Jahre dieselben Typen wiederholt haben,, welche
nicht nach lebenden Modellen gemalt werden konnten,
und wenn sie überdies noch von verschiedenen Händen
gemalt worden sind, so kann dies nur nach vorhandenen
Vorlagen geschehen sein, und dies sind eben — Rüben s’
Modellbilder.
Berliner Sammler.
Die Ausstellung des Kaiser
Die Ausstellung des Kaiser Friedrich-Museum-Vereins in
Berlin zeichnet sich, w r ie man uns schreibt, besonders durch
hervorragende Qualität aus. Wenn man die sieben Räume als
Ganzes betrachtet, so erhält man den Eindruck eines kleinen
Museums von auserlesenen Werken, wie es sich eine Provinz
stadt mit starken Finanzkräften nicht besser wünschen könnte.
Einzig die deutsche Tafelmalerei müßte dort stärker vertreten
sein, aber die sammelt ja gerade die Generalverwaltung der
königlichen Museen für ihr zukünftiges deutsches Museum
selber sehr stark. Und schließlich vermag der wunderbare
C r a n a c h aus dem Privatbesitz des Kaisers W i 1 he 1 m für
eine Reihe minderwertiger deutscher Werke vollauf zu ent
schädigen. Dieses Bildchen ist von einer seltenen Leuchtkraft
der Farben und ungemein eindringlicher Charakteristik.
Friedrich-Mu s e u m -Vereins.
Daß diese Sammler außerdem alle wissen, daß heute der
Erwerb alter Kunstwerke eine gute, ja sehr gute Kapitalsanlage
ist, ist ohneweiters klar. Die Preissteigerungen der letzten
Jahrzehnte haben es zur Genüge bewiesen, und daß man bei
wirklich großen, anerkannt echten Werken keinen Kurssturz
zu befürchten hat, ist auch klar, denn da es ausgeschlossen ist,
daß die Menge der zum Verkauf kommenden Meisterwerke
anwächst, im Gegenteil, sogar immer geringer wird, da jedes
Jahr unzählige Werke in festen staatlichen oder städtischen
Besitz gelangen, so ist die Preissteigerung des einzelnen
Werkes noch gar nicht abzusehen. Wieviel mag heute schon
ein Werk wie die Briefschreiberin von V e r m u r mehr wert
sein als damals, als Simon es kaufte, denn seither ist Vermur
doch, dank gründlicher Publikationen, ein von der Allgemein-
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