Seite 188
Nr. 12
Internationale Sammler-Zeitung
dessen scheint dicce amtlich halbierte Nicaraguamarke be
stimmt, sehr schnell zu einer Rarität mit drei Sternen aufzu-
riicken.
Verschiedenes.
(Tod bekannter Sammler.) In Wien starb der
Wirt des sogenannten »Griechen-Beisel«, Franz Hauer, der
als Sammler moderner Wiener Meister bekannt war. Besonders
bevorzugte er die Allerjiingsten, Kokoschka, Faistauer
und Schiele. Kokoschka räumte er in seinem Heim, das einer
Galerie glich, ein eigenes Zimmer ein. ln einem Nachrufe, den
ihm die Kunstschriftstellerin Frau Hofrat Berta Zucker
kand! in der »Wr. Allg. Ztg.« widmete, heißt es von ihm:
»Hauer war ein leidenschaftlicher Sammler der modernen
Malerei. Und selbst von dieser interessierte ihn nur der aller
letzte Kurs. Ein durchgesetzter Künstler, einer, der den Kampf
schon siegreich bestanden hatte, ließ ihn kalt. Als Pionier, der
die Wege des Kommenden. bahnt; der in dem Werdenden die
Werte ahnt oder sucht, welche vielleicht einst die Nachwelt
feiern wird, fand Hauer die Freude und den Stolz des Sammlers.
Er war Autodidakt. Kein Sammler aus Bildungstrieb; kein
Sammler aus Besitz-Snobismus; kein Sammler aus Gewinn
absicht. Seine Art kam aus einem intuitiven Gefühl von Würde
zu sammeln. Er hat, was in England, in Frankreich und jetzt
auch in Deutschland Tradition einer starken Minorität ist, das
Gefühl einer Verpflichtung gehabt, des Wohlhabenden, der Kunst
seiner Zeit gegenüber. Woraus dann ein wachsendes Verständ
nis, eine innige Liebe, ein wirklich ehrliches Verhältnis
zwischen, diesem Kunstmäzen und seinen Künstlern entsänd.
Hauer hatte in der Silbergasse ein Haus, das eine Galerie ent
hielt. Und diese Galerie wurde der Stolz, die Zier seines Lebens.«
(Fresken des Benozzo G o z z o 1 i in Pisa.) Im
stillen Frieden des herrlichen Camposanto von Pisa waren
dieser Tage die Mitglieder des italienischen Landrates für
Altertümer und Kunst zu einer ernsten Beratung vereinigt. Es
handelte sich um die Frage, ob und auf welche Weise dem
Verfalle jener 24 berühmten Wandgemälde Einhalt getan
werden könne, die Benozzo Gozzoli, der Schüler des Fra
Angelico, hier geschaffen hat, und worin er mit so unvergleich
licher Lebensfrische die Geschichten des Alten und Neuen
Testaments in die heitere Gegenwart seiner eigenen Zeit über
setzt hat. Diese Fresken befinden sich leider schon seit Jahr
zehnten in einem Zustande der Verderbnis, der unaufhaltsam
fortschreitet. Einzelne Gestalten sind schon beinahe ganz zer
stört, und wenn der Verfall sich in gleicher Weise und in
gleichem Maße fortsetzt, so ist der Tod dieser Schöpfung, die
selbst in dem Reichtume des italienischen Quattrocento ohne
Seitenstück dasteht, besiegelt. An Versuchen, die Fresken zu
retten, hat es nicht gefehlt; man hat es mit Stuck-Injektionen,
mit der Uebertragung .der Fresken auf Metallnetze und mit
anderen Mitteln versucht — allein alles vergebens; die Zer
störung schritt nur fort. Angesichts dieser ernsten Lage hat
der Landesrat nunmehr einen letzten Versuch zu machen be
schlossen, und zwar soll dieser Luigi Cavenaghi anver
traut werden, jenem Meisterrestaurateur, dem die Rettung von
Lionardos »Abendmahl« so wundervoll gelungen ist. Prof.
Cavenaghi wird auf einem wenige Zentimeter großen Stück
chen der Fresken zunächst mit seinem Versuch beginnen, und
zwar will er sich eines in Terpentin aufgelösten Harzes be
dienen, das er mit einem Zerstäuber der Farbe und dem Be
würfe mitteilen will. Auf diese Weise hofft er sie zu sichern
und zu befestigen. Man ist auf den Ausgang des Versuches sehr
gespannt.
Museen.
(Ein Museum für den Vogel-Nautnann.) Zum
Andenken an den Altmeister der deutschen Vogelkunde Johann
Friedrich Naumann soll im Schlosse zu Coethen ein
Museum errichtet werden. Naumann, der am 14. Februar 1780
in Ziebigk bei Coethen geboren wurde und dort am 15. August
1857 starb, ist der Begründer der biologischen Ornithologie in
Deutschland. Seine zwölfbändige Naturgeschichte der Vögel
Deutschlands, zu der er sämtliche Tafeln selbst zeichnete, in
Kupfer stach und »illuminierte«, ist ein anerkanntes Fünda-
mentalwcrk. Seine große ornithologische Sammlung, die jetzt
dem Herzog Friedrich von A n halt gehört, ist von
diesem unter Wahrung der Rechte des herzoglichen Hauses,
dem zu begründenden Museum überwiesen worden. König
Ferdinand von Bulgarien hat die in seinem Besitz
befindliche Lcvcrkiihnsche Naumann-Sammlung zur Verfügung
gestellt. Die Familie Naumanns überwies Manuskripte, Zeich
nungen, 600 Briefe und Erinnerungsstücke.
(Marbacher Sc h i 11 e r - M ü se ü m.) Die Samm
lungen des Museums haben solchen Umfang angenommen, daß
weitere Räume geschaffen werden müssen. Die Sammlungen
umfassen jetzt 59.000 Nummern, die Bildnissammlung
3400 Stücke. Die wichtigsten Erwerbungen im letzten Jahre
waren Schillers erster Entwurf des »Don Carlos« und das
Brustbild Schillers, das Ludovika Simanowitz 1793 als
Studie für ihr großes Schillerbild malte. Der Schwäbische
Schillerverein hat jetzt 55.000 Mark Vermögen. Vor einigen
Tagen stiftete der König von Württemberg für das Museum
den Originalabguß von Danneckers Modell seiner großen
Schillerbüste. Dieser Abguß, der noch die Punktierung für die
Uebertragung in Marmor zeigt, stammt aus dem Nachlaß der
Witwe Danneckers.
(Ein Meisterwerk Leibis i n der Galerie in
Stockholm.) Auf der Baltischen Ausstellung in Malmö
erregt zur Zeit ein Bildnis von der Hand W. Le i b 1 s das größte
Interesse. Die Nationalgalerie in S t o c k h o 1 m erwarb dieses
Bild, das einen intimen .Freund des Malers, den Chemiker .1 a i s
darstellt, aus dem Besitz der Gemäldegalerie Karl Haber
stock in Berlin. Das Bild wurde 1885 gemalt, im gleichen Jahre
also, als Leibi die letzte .Hand an sein berühmtes Wildschiitzen-
bild legte. Dieses Jais-Porträt steht künstlerisch wohl auf der
Höhe der »Wildschützen«. Der echt germanische Typ des
Freundes, ein fester Bayernkopf aus den Vorbergen, »lag« dem
Maler. Menschen mit diesen ruhigen Gesichtern und derben
Zügen hat auch Holbein gern gemalt. Und an den denkt man
auch zuerst vor dem Bildnis von Jais; aber die malerische Be
handlung ist freier und breiter als in den Schöpfungen Leibis, die
die Erinnerung an Holbein sonst wachrufen. Der Dargestellte ist
ein Mann in den Dreißigerjahren mit dunkelblondem Haar und
Bart. Prachtvoll ist die reiche Nuancierung des lebhaften Inkar
nats und die Behandlung des Bartes, der von einer weißen
Hemdbrust und einer grauen Weste sich absetzt.
Vom Kunstmarkt.
(Die erste Auktion, der Firma Dr. F. X.
Weiz Inger & C o.) Aus M ii n c h e n wird uns geschrieben:
Die erste Kunktauktion der Firma Dr. F. X. Weizinger &
C o. fand vom 27. bis 29. Mai unter reger Beteiligung statt. Be
sonderes Interesse erregte das englische Silber, zu dessen Er
werb auch einige Londoner Händler erschienen waren, welche
für Deutschland ungewöhnlich hohe Preise für die besten Stücke
anlegten. Der vergoldete Prunkpokal Nr. 212 brachte 2250 Mark,
die zwei Prunkschüsseln Nr. 213 und 214 2000 und 2025 Mark.
Die drei Schüsseln Nr. 216 bis 218 erzielten 2025 Mark und ein
platierter Tafelaufsatz 700 Mark. Das Porzellanservice mit
chinesischem Dekor und sehr reicher Goldverzierung fand für
3450 Mark einen Liebhaber, während die zwei Kabinettschränke
Nr. 267 und 268 auf 4000 und 5000 Mark gingen. Das Haupt-.
Interesse bei der Sammlung Graf Auersperg und Baron
Ga gern fanden die Wiener Pörzellangruppen, von denen die
Schirmdame 890 Mark, die Zigeunerin 520 Mark und die zwei
Girandolen Nr. 26 und 27 1065 Mark erzielten. Auch die seltenen