MAK
Nr. 13 
Internationale Sa mm ler-Zeitung. 
Seite 203 
erinnern, das als ein Meisterwerk norditalienischer Malerei 
die Blicke fesselt und erst seit nicht allzu langer Zeit die 
Sammlung schmückt. Es ist eine prachtvolle Madonna mit 
dem Kinde und einem Engel, der mit andächtiger Geberde 
der Gottesmutter Blumen darreicht. Noch vor wenigen Jahren 
bildete das Gemälde das Hauptstück in der Sammlung eines 
bekannten italienischen Kunstfreundes. Wie geschah es nun, 
daß dieses Werk so still und unauffällig in den Besitz des 
Staates überging? Welche Summe hat der Staat aufwenden 
müssen, um diesen Schatz in seinen Besitz zu bringen? Erst 
jetzt wird die Geschichte der Erwerbung dieser Madonna be 
kannt. Sie ist ein lehrreiches und der Komik nicht ent 
behrendes warnendes Beispiel für alle Bilderkäufer, die gern 
dem italienischen Staate und seinen strengen Ausfuhrbedin 
gungen ein Schnippchen schlagen -wollen. Eines Tages er 
schien bei dem Direktor der Brera Dr. Modigliani eine 
reiche Amerikanerin. Sie hatte in Italien ein Bild gekauft 
— »ein hübsches, aber kunsthistorisch gar nicht bedeutendes 
Bildchen« —• für das sie die vom Gesetz vorgeschriebene Aus- 
fuhrerlaubuis erbat. Der Ausfuhrzoll wird bekanntlich nach 
der Werterklärung bemessen. Die kluge Amerikanerin wollte 
ein wenig sparen und deklarierte das Bild mit 500 Lire. Aber 
sie wußte nicht, daß der Staat das Recht hat, Bilder, deren 
Ausfuhr er verbieten will, zu dem deklarierten Werte zu er 
werben. Das »gar nicht bedeutende Bildchen« — jene Ma 
donna — wurde Dr. Modigliano vorgeführt, und sofort er 
kannte der Kunstgelehrie die Schönheit und die wahre Be 
deutung des Bildes. Es war ein Meisterwerk des Moretto. 
Und in der Tat hatte die Amerikanerin das Bild sehr billig, 
für 18.500 Lire erstanden. Nachdem die Besitzerin noch einmal 
versichert hatte, daß das Bild nur 500 Lire wert sei und nicht 
mehr gekostet habe, gab es eine tragikomische Szene. Der 
Leiter der Brera-Galerie machte von dem Rechte des Staates, 
das Bild zu dem deklarierten Werte anzukaufen, kurz ent 
schlossen Gebrauch. Die kluge Amerikanerin, die eine hohe 
Strafe wegen versuchter Zollhinterziehung zu bezahlen ge 
habt hätte, mußte notgedrungen schweigen und gefaßt ja sagen. 
Ihr bleibt das schöne Bewußtsein, der italienischen Staatskasse 
18.000 Lire erspart zu haben. 
(Bildergutachten und Bilder preise.) In 
einem Berichte über die Newyorker Versteigerung der be 
kannten Gemäldesammlung Leo Hirsch berührt das »Journal 
des Debats« eine interessante Frage, die mit der internationalen 
Entwicklung des kunsthistorischen Gutachterwesens im Zu 
sammenhang steht und gleichsam in der Luft liegt. Es ist die 
alte Frage, in welchem Maße das Gutachten anerkannter 
Autoritäten über die Echtheit eines Bildes den Preis des be 
treffenden Werkes auf dem Kunstmarkte zu beeinflussen ver 
mag. Daß die Gutachten von Autoritäten für den verkaufs 
lustigen Bilderbesitzer und für den Kunsthändler von sehr 
hohem, praktischem Werte sind, ist allgemein bekannt, und da 
mit hängt auch die gewaltige Entwicklung des Gutachterwesens 
w-ährend der letzten Jahrzehnte zusammen. Aber auch hier 
scheinen die Gesetze der Volkswirtschaft zu walten: Je größer 
die Produktion, je geringer die Wirkung. Das französische Blatt 
spielt dabei darauf an, daß die Unzahl der Gutachten, die neuer 
dings produziert werden, deren praktischen Wert für die Gel 
tung des Werkes auf dem Kunstmarkte verringern müsse, was 
ja mit dem wissenschaftlichen Wert des Gutachtens nichts zu 
tun zu haben braucht. Nachdem fast alle alten Bilder, die in 
den Handel kommen, von irgend einer Autorität vorher als 
echt »beglaubigt« werden, verliert diese Attestierung den Cha 
rakter des Außerordentlichen und wirkt nicht mehr unbedingt 
wertsteigernd auf das Kunstwerk zurück. Das französische Blatt 
sucht das mit dern Hinweis auf die Ergebnisse der Versteige 
rung der Sammlung Hirsch zu belegen. Die Sammlung enthielt 
55 Meisterwerke, die alle von Autoritäten, wie Bode, Fried 
länder, Vallentiner und Hofstede de Groot, attestiert waren. 
Man durfte also, ganz besonders in Amerika, auf sehr statt 
liche' Preise rechnen. Allein die Sammlung erzielte alles in 
allem wenig über 34.000 Dollar. »Männerbildnis von Goltzius« 
verkündete der Katalog, und Friedländer bestätigte diese Zu 
schreibung als unbedingt richtig. Das Bild brachte 60 Dollar. 
Bei einem anderen Bilde urteilt der gleiche Sachverständige: 
»So weit ich das prüfen konnte, handelt es sich bei dieser Land 
schaft um ein anmutiges und charakteristisches Werk von 
Thomas Gainsborough.« Dieser Gainsborough wurde mit 
800 Dollar zugeschlagen. Den gleichen Preis erzielte ein Frauen 
portrat, das Vallentiner und Hofstede de Groot als einen echten 
Maes ansprachen, und ein von Bode beglaubigter Tiepolo er 
zielte nicht ganz 300 Dollar. Ein von Vallentiner und Fried 
länder als »echtes und typisches Werk« des Adrian van 
Ostade angesprochenes Gemälde, das nach dem Urteil der 
Sachverständigen noch Spuren des Einflusses des BreuWer 
aufweist, erzielte einen Spottpreis: 5 Dollar. Für 1120 Dollar 
kaufte man eine »bedeutsame und hervorragende Skizze«, in 
der Friedländer »die Hand des großen Meisters Rubens« er 
kannte, während Bode, zwischen Meister und Schüler eine 
Verbindung ziehend, auch eine Mitarbeit des Van Dyck als 
wahrscheinlich ansah. »Was soll man«, so fragt das »Journal 
des Debats«, »zu diesen Preisen sagen, die für Werke bezahlt 
wurden, die die ersten Autoritäten als echt beglaubigten? Sind 
die Amerikaner mißtrauisch geworden? Es scheint fast, als 
verliere der Liebhaber das Vertrauen und als erfüllten ihn so 
wohl beglaubigte Meisterwerke mit Mißtrauen.« 
Heraldik. 
(Das Wappen der Stadt O s s e g g.) Man schreibt 
uns aus Ossegg: Die Wappenirage, die lange unsere Ge 
meindevertretung beschäftigte, ist endlich gelöst. Als Embleme 
werden die alte Eiche, das Stift Ossegg, Bergbau und Land 
wirtschaft im Wappen vertreten sein. Als Stadtfarberi wurden 
Grün-Weiß gewählt. Die Ausführung des Wappens wurde dem 
akademischen Maler S c h ü t z übertragen. 
Numismatik. 
(Numismatische Seltenheiten.) Aus Paris 
wird uns geschrieben: In der letzten Sitzung der Akademie der 
Inschriften beschrieb Theodor Reinach zwei numismatische 
Seltenheiten, die für die Geschichte Kleinasiens von großer Be 
deutung sind. Das eine Stück ist die erste Münze, die irn Namen 
des »Koinon«, einer religiösen Vereinigung, von Kleinarmenien 
(Armenia minor, zwischen dem eigentlichen Armenien und 
Pontus gelegen), das als Distrikt der Provinz Kappadokien eine 
gewisse Autonomie besaß, geschlagen wurde. Die Prägung trägt 
das Bild Trajans und ein doppeltes Datum: das 17. Jahr Trajans 
und das 43. Jahr des autonomen Distrikts. Sie wurde zwischen 
dem Oktober 114 mrad dem Jänner 115 geprägt, fällt also in die 
Zeit, wo Groß-Arnrenien dem Römischen Reiche einverleibt 
wurde. Das andere Stück ist eine Silberdrachme mit der In- 
j schrift des Königs Attalos Epiphanes, scheint also von einem 
paphlagonischen Fürsten dieses Namens zu stammen, der von 
Pompejus im Jahre 64 v. Chr. installiert wurde und im Jahre 41 
starb. Es ist das erste numismatische Denkmal dieses Poten 
taten, von dem man bis jetzt den Beinamen nicht kannte und von 
dem man nicht wußte, daß er den Königstitel trug. 
(Münzfunde.) Der Gutsbesitzer Protze in Ober 
putzkau. Kreis Bautzen, hat eine größere Anzahl Prager 
Groschen aus - dem 13. und 14. Jahrhundert gehoben. — In 
Niederhone. Kreis Eschwege, wurden bei einem Skelett 
drei Erfurter Pfennige aus dem Anfang des 12. Jahrhunderts 
gefunden. 
(Italienische Fälschungen.) Heft 1 der Rir. ital. 
1914, p. 135, publiziert folgende neueste Fälschungen: Des
	        
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