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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 15
weniger scharf kontrolliert wird, mit dieser Fälschung frei
machte, so dürfte der dem Postfiskus entstandene Schaden nicht
unerheblich sein.
(Cervantes-Briefmarken.) In Spanien rüstet
man sich zu den großen Feiern, mit denen im Jahre 1916 der
300. Todestag von Miguel de Cervantes, dem Schöpfer des
Don Quixote begangen werden soll Bereits im kommenden
Jahre wird Spanien zu diesem Zwecke Cervantes-Brief
marken ausgeben; die spanische Postverwaltung hat diesen
Plan soeben angekündigt. Es wird übrigens nicht das erstemal
sein, daß dem Andenken an den unsterblichen Satiriker aut
Briefmarken gleichsam amtlich eine Ehrung dargebracht wird.
Vor neun Jahren, zum 300. Jahrestage der Veröffentlichung des
ersten Teiles des »Don Quixote« gab die Postverwaltung eine
Sonderserie von Marken heraus. Da sah man Don Quixote im
Kampfe mit der Schafherde, im Kampfe mit der Windmühle, sah
ihn mit den Dorfmädchen, auf hölzernem Rosse, im Ochsen
wagen; auch der biedere Sancho Pansa fehlte nicht. Leider
wurden seinerzeit diese originellen Marken sehr schlecht ge
druckt; hoffentlich haben hierin die neuen Cervantes-Marken
ein glücklicheres Schicksal.
Verschiedenes.
(Eine weltberühmte Bernsteinsammlung.)
Nach dem Tode von Professor Dr. Klebs in Königsberg
entbrannte ein heißer Wettbewerb um die kostbare, in ihrer
Art völlig unschätzbare Bernsteinsammlung des Ver
storbenen, wobei sich auch Amerika lebhaft beteiligte. Nunmehr
aber ist zu hoffen, daß dieses Studienobjekt von höchstem
wissenschaftlichen Wert Königsberg erhalten bleibt. Nachdem
das Ministerium, die Provinz Ostpreußen, die Stadt Königsberg
und die königlichen Bernsteinwerke namhafte Beiträge für den
Erwerb der Sammlung beigesteuert haben, erklärten sich jetzt
noch eine Anzahl hervorragender Persönlichkeiten der Provinz,
vor allem Fürst Dohna, Wir'kl. Qeh. Rat Graf Dönhoff,
Kommerzienrat T e p p i c h und andere bereit, durch bedeutende
Geldspenden die sehr hohe Kaufsumme zusammenbringen
zu helfen. Somit scheint der Ankauf der Sammlung, die der
königl. Bernsteinsammlung angegliedert und damit der öffent
lichen Besichtigung freigegeben werden soll, gesichert.
(Zoologische Merkwürdigkeiten.) Aus T ü-
hingen wird uns berichtet: Ein Tübinger namens Kibler
ist von einer längeren Reise pach der Siidsee zurüokgekehrt,
bei der er sich auch, als erster Europäer, sechs Monate im
Innern der Insel Bougadnpille aufgehalten hat. Er unter
nahm dieses Wagnis trotz der Warnungen der Behörden vor
den Inselbewohnern, die Menschenfresser sind. Kibler hat von
seiner Expedition allerhand ethnographisch und zoologisch
merkwürdige Dinge mitgebracht, namentlich bisher noch nir
gends gesehene Arten riesiger Käfer und Schmetter
linge, darunter ganz neue Arten der Ornithoptera.
(Der Briefwechsel Karl Augusts mit
Goethe.) Eine Veröffentlichung des Briefwechsels Karl
Augusts mit Goethe für das Jahr 1915, in dem Weimar
die 100. Wiederkehr seiner Erhöhung zum Großherzogtum
feiert, ist als erster Teil einer umfassenden Veröffentlichung
über Karl August als Neuausgabe in Vorbereitung. Sie wird von
Dr. H. W a h 1 herausgegeben. Später soll sich dem Briefwechsel
noch Karl Augusts politische Korrespondenz und
eine großangelegte Biographie von Erich Mareks an
schließen.
(Römische Funde beim Aachener Dom.) Bei
Ausgrabungen auf dem Gelände des A a c h e n e r Münsters
wurde eine 416 Meter breite römische Bruchsteinmauer sowie
Säulentrommeln aus Sandstein und ein Altarstein mit römischer
Inschrift aufgedeckt. Man vermutet, daß diese Riesenmauer nebst
den übrigen Architekturüberresten zu einem mächtigen römi
schen Tempelbau auf der Flöhe des Pfalzhügels, des heutigen
Markthügels, gehörten.
(Der Mäzen.) Eine tragikomische Geschichte aus dem
Salon der Artistes Francais erzählt ein Pariser Blatt. Ein Herr
besuchte die Ausstellung, der mit Kennermiene alle Bilder
musterte, seinen Katalog eifrig mit Notizen versah und schließ
lich in das Verkaufsbureau ging und dort über zwei Stunden
verweilte. »Was ist der Preis von Nummer X?« —
»3000 Franken.« — »Ich kaufe cs. Was ist der Preis von
Nummer Y?« —■ »6000 Franken.« — »Ich kaufe es.« Und so
weiter. F)er reiche Mäzen kaufte für über 100.000 Franken
Bilder, Seit langem hatte man im Salon einen so interessanten
und großzügigen Besucher nicht gesehen. Ein wahrhafter
Kunstfreund. Kein Wunder, daß die Saaldiener, die Billeteure,
die Katalogverkäufer und auch die Herren vom Komitee sich
besonders tief verbeugten, als der Herr ging. Er reiste nach
Holland. Aber als man ihm jetzt schrieb und seine genaueren
Dispositionen über den Versand der Bilder erbat, erhielt man
eine unerwartete Antwort: »Herr X. ist soeben in ein Irren
haus überführt worden. Damit erledigen sich auch alle seine
Einkäufe.« Traurigen Herzens entfernte man die schönen
Schilder mit dem Vermerk »Verkauft« von den Bildern — und
die Enttäuschung und der Schmerz der Künstler über das Ver
schwinden dieses Mäzens mag sich ausmalen, wer Phantasie
genug hat . . .
Museen.
(Die älteste Ansicht von Florenz.) Das
Kupferstichkabinett der Berliner Museen besitzt das einzige be
kannte Exemplar einer alten Ansicht von Florenz aus dem:
Ende des 15. Jahrhunderts, das als älteste derartige, genaue Ab
bildung der Arno-Stadt für deren Kenntnis unschätzbar ist.
Es ist ein Holzschnitt, dessen Stadtbild von einer Kette mit
Schloß umzogen ist. Jetzt hat Professor Christian H ii Isen,
der ausgezeichnete Archäologe und Topograph, die Quelle
des Berliner Blattes festgestellt. Er fand in einer kleinen
Florentiner Bibliothek, der der Societä Columbaria, das Frag
ment eines Kupferstiches, auf den der betreffende Teil des
Berliner Holzschnittes sicher als Quelle zurückgeht. Gleichzeitig
konnte Hülsen, wie er im neuen Jahrbuch der preußischen
Kunstsammlungen ausführt, diesen Kupferstichplan von Florenz
mit einem Plan identifizieren, den Francesco Rosselli Ende
des 15. Jahrhunderts, geschaffen hat. Danach ist dann erst im
Anfänge des 16. Jahrhunderts der Berliner Holzschnitt gefertigt
worden.
(Neuerwerbungen des Berliner Kunst
gewerbemuseums.) Die Sammlungen des Berliner
Kunstgewerbemuseums haben wieder eine Reihe hervorragen
der Kunstwerke unter ihren Neuankäufen zu verzeichnen. Ein
Erzeugnis der Berliner Eigengießerei, die nach den Freiheits
kriegen hier eine kurze, verdienstliche Tätigkeit entfaltete, ist
eine Statuette Gneisenaus. In die Porzellansammlungen
kamen zwei Werke des Hauptmeisters der Höchster Manu
faktur, J. P. Melchior. Es sind um 1770 entstandene Ton
modelle für Porzellanfiguren. Einem der hervorragendsten
Glasmaler der deutschen Renaissance, dem Landshuter Meister
Hans Wertinger, wird eine neuangekaufte Wafienscheibe
zugeschrieben. Auch eine italienische Glasmalerei wurde er
worben, ein Bild des heiligen Benedikt aus dem Jahre 1506.
Zur selben Zeit entstand in Frankreich ein aus Wolle gewirkter
alter Vorhang, der auf blumigem Grund die Pieta zwischen dem
Evangelisten Johannes und Maria Magdalena zeigt. Italienische
Majoliken, ein venetianischcs, aus Silber tauschiertes Messing
becken, eine Raerener Steinzeugkanne, ein südfranzösischer
Konsoltisch des frühen Rokoko mit den Figuren der Jahres
zeiten seien weiter genannt. Frau Geheimrat S c h ö 11 e r
schenkte dem Museum zwei deutsche Fayencevasen, die eine
aus der Fabrik von S i m o n e t in Frankfurt a. M. um 1700„