Nr. 16 und 17
Internationale Sammler -Ze'tung
Seite 255
Verschiedenes.
(Kriegsabzeichen.) Aus der Fülle von Kriegsab
zeichen möchten wir zunächst zwei herausgreifen, denen ein
besonderer Erfolg beschicden war: das Schwarz-gelbe
Kreuz und „Gold gab ich für Eisen“. Auf Initiative
und nach den Angaben der Schriftstellerin Alice S c h a 1 e k
hat der Wiener Bildhauer Karl Maria Schwerdtner jun.
ein schwarzes Kreuz entworfen, das aut dem gelben Reichs
adler ruht und in seiner Mitte das Wappen der Stadt
Wien mit dem weiß-roten Schild zeigt. Gefällig von An
sehen, hat sich das Kreuz ungemein rasch eingeführt; bis
nun sind bereits über 300.000 Exemplare zugunsten einer
Ausspeisungsaktion für Wiener Arme abgesetzt worden.
„Gold gab ich für Eisen“ ist der Name für die Ringe, die
teils vom Silbernen Kreuz, teils vom Kriegsfürsorgeamt in
Wien ausgegeben wurden. Ein historisches Erinnerungs
zeichen feiert da seine Auferstehung; wie anno 1814 die
opferwilligen deutschen Frauen ihre Trauringe hergaben und
dafür schlichte eiserne Ringe mit der Inschrift „Gold gab
ich für Eisen" erhielten, so tauschen auch jetzt die Frauen
Wiens ihre goldene Ringe gegen eiserne Reifen ein. Der
Ring des „Silbernen Kreuzes“ enthält außer der Inschrift
kein anderes Symbol, dagegen weist der vom Kriegstürsorgeamt
ausgegebene in der Mitte das Doppelbildnis der verbündeten
Kaiser auf. Die wohlgelungenen Porträts rühren von dem
greisen Medailleur, kaiserlichen Rat Johann Schwerdtner
her, der in diesen schweren Tagen gerne seine Kunst in
den Dienst der Wohltätigkeit stellte. Ein zweiter Ring,
ebenfalls vom Kriegsfürsorgeamt ausgegeben, hat die Form
eines Hufnagels, ist also ein Glücksring, der starken Absatz
findet.
(Heinrich Ranschburg.) Anfangs September ist in
Wien der Inhaber der bekannten Buch- und Kunsthandlung
Gilhofer u. Ranschburg, Heinrich Ranschburg, gestorben.
Ranschburg, der im 54. Lebensjahre stand, hatte 1884
gemeinsam mit Hermann Gilhofer, der sich schon vor
einigen Jahren vom Geschäfte zurückzog, im ersten Wiener
Bezirke eine Buchhandlung errichtet, die er mit einem Anti
quariat verband. Eminenter Geschäftssinn, gepaart mit einem
scharfen Blick für die Liebhabereien der Sammlerwelt, haben
namentlich dem Antiquariat rasch zu einem großen Auf
schwung verholten. Zu internationalem Ruf gelangte das
Geschäft, als es auch Kunstversteigerungen in seinen Wir
kungskreis zog. Besondere Attraktionen waren die Auktionen
Schreiber (Holzschnitte) und Fürst Klemens Metternich.
Auch von den berühmten Sammlungen des Freiherrn
v. Lanna konnte Ranschburg einen Teil, umfassend Bücher
und Aquarelle, in Wien versteigern. Ranschburg führte auch
eine gute Feder. Die ausgezeichnete Arbeit über die „Biblio
philie in Österreich-Ungarn“, die wir 1912 veröffentlichen
konnten, hatte ihn zum Verfasser.
(Tod bekannter Sammler.) In Braunau in
Böhmen starb der Großindustrielle jur. Dr. Eduard Langer,
der als Bibliophile und Bibliograph weithin einen angese
henen Namen hatte. Seine Bibliothek gehörte zu den
reichhaltigsten Privatbüchereien Österreichs. Besonderes
Gewicht legte er auf die Literatur des Braunauer Landes,
dessen Geschichte, Mundart und Dichtung er zum Gegen
stände eingehender Studien machte. Die Ergebnisse legte
er in einem Werke nieder, an dessen Vervollständigung er
mit unendlichem Eifer bis in die Zeit letzte arbeitete. -—■
In Graz ist der Kunstgelebrte Dr. Franz Wibiral im
75. Lebensjahre gestorben. Dr. Wibiral war zuerst als
Advokat in Wien tätig, legte aber vor mehr als
15 Jahren die Advokatur zurück und lebte seit dieser Zeit
zuerst einige Jahre in Meran und dann in Graz. Schon
als Advokat war er als großer Kunstsammler bekannt.
Nach der Zurücklegung der Advokatur widmete er sich
vollkommen seiner Neigung, im besonderen pflegte er die
Schwarz-Weiß-Kunst, wie Kupferstich, Radierungen u. dgl.
In Graz nahm er sich namentlich der Kupferstichsammlung
im Landesmuseum „Joanneum“ an, die er wesentlich ausge
staltet hat. Dr. Wibiral, der die Sammlung bis zu seinem
Tode als ehrenamtlicher Vorstand leitete, hat auch grund
legende Studien über Radierungen van Dycks veröffent
licht. Die Abbreviatur „Wib." vor den Nummern bedeutet
seinen Namen.
Museen.
(Eine neue Büste des Alten Fritz.) Im Vorraum
der Berliner Nationalgalerie wurde dieser Tage zwischen
den aus Anlaß des Krieges dort aufgestellten Bildern Menzels
— die Abfahrt des alten Kaisers zum französischen Kriege
— und Kolitz’ — ein Infanteriekampf bei Metz — eine bedeut
same neue Erwerbung aufgestellt, eine bisher unbekannte
Büste Friedrichs des Großen von der Hand des Weimarer
Hofbildhauers Martin Gottlieb Klauer. Es ist eine kleine
Tonbüste. Der höchst ausdrucksvolle Kopf steht würdig in der
Reihe der Werke Klauers, auf die seit 1907, seit der Entdek-
kung die Bildnissammlung der Nationalgaierie in einem Ton
ausguß, die Aufmerksamkeit sich richtet.
(Ein Museum im Schützengraben.) Die „Tägliche
Rundschau“ in Berlin schreibt: Die „Barbaren“ haben doch
noch manche Gepflogenheiten, die von fern an Kulturmenschen
erinnern. So haben sich unsere Soldaten, wie aus dem Westen
geschrieben wird, in ihren Schützengräben sogar ein Museum
geschaffen, wie es wohl die Welt noch nicht gesehen hat. Es
ist naturgemäß ein echtes, rechtes Kriegsmuseum, da nur
Dinge, die sich auf den Krieg beziehen, hier aufgenommen
worden sind. An einer der schönsten Stellen in den Schützen
gräben ist von den fleißigen Mannschaften ein schöner „Saal“
ausgehoben worden, der vier Meter lang und drei Meter breit
ist. Dieser Raum erhielt den Ehrennamen eines Museums. Die
Wände wurden mit kriegerischen Darstellungen der illustrierten
Zeitungen geschmückt. Außerdem wurde eine Menge Sockel
errichtet, auf denen die Ausstellungsstücke des Museums auf
gestellt worden sind. Es sind hauptsächlich Geschosse, die hier
Aufstellung gefunden haben. Naturgemäß handelt es sich nur
um solche, die in irgendeiner Weise geschichtliches Interesse
haben. An jedem einzelnen aufgestellten „Kunstwerk" be
findet sich ein Zettel, auf dem Name und Art des Ausstellungs
stückes vermerkt sind. Auch andere auf den Krieg bezügliche
Kurstgegenstände haben hier Aufstellung gefunden, -wie z. B.
sehr gelungene Büsten der hervorragendsten Heerführer. Sie
wurden von künstlerisch veranlagten Mannschaften aus allerlei
Material, wie Holz, Kohle, Lehm und Kalk, hergestellt. Der
Eingang dieser seltsamen Stätte wird durch ein großes Schild
geschmückt, auf dem zu lesen steht: „Museum“.
Vom Kunstmarkt.
(Konkurs des Budapester K ü ns 11 er li a u s es.)
Eine interessante, aber wenig erfreuliche Nachricht kommt
aus Budapest. Über das Vermögen des dortigen Künstler
hauses ist von seiten des Budapester Königlichen Gerichts
hofes der Konkurs verhängt worden. Das Künstlerhaus wurde
vor vier Jahren gegründet und hatte den Grafen Geza Tel elcy
zum Präsidenten. Der Vereinigung gehörten viele augezeichnete
ungarische Maler als Mitglieder an. Später jedoch trat eine
Spaltung unter den Mitgliedern ein, die den Austritt der an
gesehensten Künstler zur Folge hatte. Vor zwei Jahren über
siedelte das Künstlerhaus in sein eigenes Heim, in das ehe
malige gräflich Eugen Zichysche Palais in der Rosengasse,