Ausstellungen immer zu geschehen pflegt, nicht geeignet, über den wirk-
lichen dermaligen Stand der weiblichen Handarbeit in Italien aufzuklären.
Es sind fast ausnahmslos Pracht- und Schaustücke, von leidlicher Aus-
führung. Auch hat man die in der ersten Hälfte des Jahrhunderts im
Süden so sehr beliebte Porträtstickerei wie es scheint ziemlich aufgegeben.
Auch eine Kunstgewerbeschule hat sich an der Ausstellung betheiligt:
die von Palermo; sie hat es aber für gut befunden, neben drei oder
vier eigenen Leistungen - Imitationen natürlicher Blumen und erbar-
mungswürdigen Nadelmalereien - eine große Collection japanischer
Arbeiten auszustellen.
Beweist dies nun die Nothwendigkeit, für das italienische Publicum
eine Anzahl tüchtiger alter Arbeiten einmal beisammen zu sehen, so ist
umsomehr zu bedauern, dass es sich die Gelegenheit nur in sehr geringem
Maße zu Nutze gemacht hat. Die Betheiligung war Anfangs so spärlich.
dass man kurz nach der Eröffnung bereits daran dachte, die Ausstellung
wieder zu schließen. Man half sich nach bewährtem Recepte mit musika-
lischen Concerten; das rührige Comite brachte es auch dahin, dass die
Ausstellungsräume im Palazzo delle belle arti für die Frühjahrssaison
zum Rendezvous der eleganten Welt an Sonntagnachmittagen wurden.
Von den ausgestellten Gegenständen erweckte weitaus das größte Interesse
die Wolldecke, unter welcher Garibaldi geschlafen hatte. Freilich trägt
einen Theil der Schuld auch das Comite. das dem Publicum das Lernen
möglichst schwer gemacht hatte. Die Aufstellung war ganz bunt und
unsystematisch; der Laie, der nur Heterogenes nebeneinander sah, fand
keine Gelegenheit, durch Vergleichen zu unterscheiden und zu erkennen.
Der Katalog erschien sehr spät, zwei Monate nach Eröffnung, einen vor
Schluss der Ausstellung, Die Redaction hatte sich's damit unglaublich
bequem gemacht: voran stand eine Note des Inhalts, dass nur die Angaben
der Aussteller abgedruckt sind und die Redaction alle Verantwortlichkeit
für die Richtigkeit derselben ablehnt. Da ist es nicht zu verwundern,
dass eine richtige Bestimmung hie und da geradezu die Ausnahme bildet.
Daneben wimmelt es an Fehlern aller Art: Kalifen regieren in Palermo
am Ende des 12. Jahrhunderts (S. x31), ein Teppich wird beschrieben
als gewebt in Beauvais, verso la meta del secolo XVII sui disegni di
Bouche, Epoca Luigi XV. Wie sollte das Publicum aus solchem Unsinn
klug werden? - Der dem Specialkatalog vorangeschickte Excurs über
die italienische Textilkunst ist eine Compilation aus Müntz und einigen
italienischen Localschriftstellern und bis auf wenige locale Notizen völlig
werthlos.
QVL
Die kaiserliche Villa im Thiergarten.
I Von Dir. Dr. A. Ilg.
Im Sinne moderner Anwendung des Renaissancestils, mit beson-
derer Zuneigung zu dessen französischer Nuance, baut sich die Villa
Hermes, wie Ihre Majestät den herrlichen Sitz genannt hat, mit Eck-
thürmen und mächtig vortretendem Mittelrisalit, ohne strenge Symmetrie
leicht, freundlich und heiter empor. Sowohl im Erd- als im Nobelgeschoss
liegen hier wie auf allen vier Seiten des Hauses den särnmtlichen Ge-
mächern Austritte in's Freie vor, indem theils Balcons, theils aber ziera
liche Lauben von reichgeschmiedetem Eisenwerk, letztere also in zwei
Stockwerken übereinander, der Architektur eingefügt sind, die durch ihre
feine, graziöse Formenwelt höchst erfreulich belebt wird. Eben dieselben
geschmackvollen Eisencorridore verbinden dann die Schmalseiten des
Hauses im Erdgeschoss mit den im Hofe stehenden Stall- und Küchen-
gebäuden und bilden zugleich, von Grün umsponnen, festliche Einfahrts-
portale in den weiten Raum dieses Hofes. Ihre Farbe ist ein helles, zum
Steinton gut passendes Grau mit mattgelben Andeutungen der Gliederung.
Sie sind von Gridl meisterhaft hergestellt, von dem auch die schönen
Gitter der vergoldeten Balcons und Fensterparapete herrühren, welche
in reichen Verschlingungen das Monogramm des Allerhöchsten Kaiser-
paares enthalten.
Die Giebel der seitlichen Pavillons schmücken Kindergestalten, von
Weyer in Sandstein gehauen, jenen des Risalits aber die schönen sitzenden
Figuren der Flora und Diana von der Hand desselben Küntlers; der
große Balcon ruht hier auf toscanischen Säulen von grauem böhmischen
Granit, zwischen welchen elegante Bronzevasen stehen; der Fußboden
unter dem Balcon gleichwie in den sämmtlichen Eisenlauben um das
Gebäude ist mit bunten, schön dessinirten Thonfliesen aus der Wiener-
berger Fabrik gepflastert. Einige Stufen abwärts in den von Inspector
Rauch geschmackvoll ersonnenen Gartenanlagen ist dem Ausgange des
großen Parterresaales eine halbrunde, von Steinbalustraden umfriedete
und mit Bronzevasen besetzte Terrasse vorgelegt, deren Mittelpunkt eine
schlanke Brunnenschale einnimmt. Aus derselben erhebt sich die aus
Marzanastein gehauene Gruppe eines Putto mit einem Crocodil, dessen
Rachen der plätschernde Strahl entsteigt - eine trelfliche Composition
Victor Tilgner's. Besonders elegant nimmt sich von dieser Seite das
rechtsseitige Stiegenthürmchen aus, über dessen Eingang die Inschrift:
l-Salvelu grüßt und dessen feines Kuppeldach aus weißem Stein schuppen-
artig gefügt ist. Tiefer unten im Gartenparterre bezeichnet heute noch
ein Blumenbeet die Stelle, wo die ihrer Vollendung entgegengehende
Marmorfigur des Hermes von Ernst Herter - hier gleichsam als Wächter
aufgestellt - ihren Platz finden wird, der schöne, freundliche Hüter,
von dem das prachtvolle Gebäude seinen Namen führt.