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Internationale Sammler-Zeit u n?.
Nr. 9
Jakob Stampfer, Hans Kels, David Enderlein u. a. charak
terisiert. Den R-enaissanc-emedaillen schließt sich noch eine
Reihe von wiirtlembergischen Münzen an, in der alle Fürsten
des regierenden Hauses von Eberhard II. bis auf die Gegen
wart unter Einschluß der Nebenlinien und w-ürttembergischen
Stände vorhanden sind.
Philatelie.
(Englische Nachporto marken.) Eine neue
Gabe beschert der englische Generalpostmeister den Brief
markensammlern, Bisher wurde in England das Nachporto oder
»Strafporto« —- der Name ist ja nicht unberechtigt, da der
Empfänger nicht etwa allein das fehlende Porto, sondern das
Doppelte entrichten muß, also gleichsam für die Unachtsamkeit
des Absenders »bestraft« wird — nicht anders wie in Deutsch
land erhöben: ein Blaustiftschnörkel auf dem ungenügend fran
kierten Brief mußte als Quittung für das entrichtete Mehrporto
genügen. Dem Beispiele anderer Staaten folgend, gibt die eng
lische Postverwaltung nunmehr regelrechte Nachporto
marken heraus; sie werden von der Post auf die ungenügend
frankierten Sendungen aufgeklcbt und der Empfänger wird
fortan, wenn er Markenfreund ist, wenigstens eine Entschädi-
gpng für das unliebsame Nachzahlen von Porto haben. Die
neuen Marken sind von G. W. E v e entworfen und unter
scheiden sich von allen anderen britischen Marken dadurch,
daß sie kein Herrscherporträt tragen. Statt des Bildnisses des
Königs Georg zeigen sie einen Wappenschmuck, in dem
die Rose, die Distel und das Kleeblatt auftauchen, die Wahr
zeichen Englands, Schottlands und Irlands. Dabei tragen sie
keine Landesbezeichnung. Zur Ausgabe gelangen einstweilen
Marken zu % und 1 Penny sowie zu 2 und 5 Pence.
Verschiedenes.
(Eine Wagner-Sammlung in Parma.) In
Bologna ist kürzlich der Arzt Dr. Bassi, ein begeisterter
Wagner-Verehrer, gestorben, der eine große Zahl von Manu
skripten und Erinnerungen an den Bayreuther Meister zu einer
interessanten Sammlung vereinigt hat. Nach seinem Tode
setzte sich der Maestro Gugliclmo Z u e 11 i mit den Erben in
Verbindung, und es gelang ihm, die Sammlung für die Musik
bibliothek des Konservatoriums in Parma zu erwerben, wo
sie in nächster Zeit zur Aufstellung gelangen wird.
(Ausstellung von Gobelins.) Aus Berlin wird
uns berichtet: Eine Ausstellung echter Gobelins veranstaltet
gegenwärtig die Firma Rudolf H e r t z o g in ihrem Ausstel
lungssaal, der durch Ausstattung mit geschnitzten Möbeln,
Stoffen und Ruhesitzen in einen Kunstsalon verwandelt ist.
Als höchst interessante Stücke können zwei ältere Tapisserien
der flämischen Renaissance gelten, das eine den »Abschied des
Ulysses«, das andere einen Fürsten, vermutlich Otto den
Großen, darstellend, dem Abgesandte fremder Völker Ge
schenke überbringen. Eine breite Wandfläche nimmt ein nach
Rubens geknüpfter Gobelin ein: »Agamemnon 'bringt dem
Achilles die Briseis zurück.« Gegenüber befinden sich zwei
Gobelins: »Jesus im Tempel« nach Professor Hofmann (Dres
den) und »Herbst« nach Lebrun. Weiter finden- wir Stücke,
wie »Das Blindekuhspiel« und »Venus und Adonis«. Ihnen
reihen sich Schäferszenen nach Watteau und Boucher an.
Schöne Dekorationsstücke sind auch flämische Gobelins nach
Teniers, die Volksszenen in realistischer Auffassung darstellen.
Ein Prachtstück in Farbenwirkung und Ausführung ist ein
Gobelin in gotischem Stil, der nach altfranzösischen Motiven
eine Musikaufführung zum Gegenstände hat. Ein besonderes
Kabinett inmitten des Ausstellungsraumes ist mit Möbeln im
Stile Louis XV. eingerichtet; ihnen passen sich die Dekora
tionen der Wände mit Gobelins an, zum Beispiel mit einer Szene
aus der Oper »La Favorite«, »Hochzeit und Taufe um 1750 bis
1780«, »Apfelernte«, »Klostergarten« und Jagdstücke. Groß ist
die Zahl der Gobelins im Verduregeschmack nach flämischen
Meistern.
Museen.
(Ein Gemälde von Champaigne im Kaiser
Friedrich-Museum.) Im Saal der englischen und fran
zösischen Gemälde des Kaiser Friedrich-Museums in Berlin
ist ein Werk des Philippe de Champaigne (1602 bis 1674)
zur Aufstellung gelangt, das aus dem englischen Kunsthandel
als Geschenk in den Besitz des Museums gekommen ist. Das
Bild stellt einen betenden Herrn in Halbfigur nach links ge
wendet dar und bildete vielleicht das Gegenstück zu einer
religiösen Darstellung, Es zeigt diesen aus Brüssel gebürtigen
Niederländer, der in Paris ganz in den Ideen- des Jansenismus
von Port Royal aufging, von seiner besten Seite. Denn durch
den schlichten Ernst seiner Farbe und die ruhige Strenge der
Zeichnung ist Champaigne einer der bedeutendsten Bildnis
maler, die Frankreich im 17. Jahrhundert besessen hat.
(Stuttgarter La n d e s ge we r-b-e m u s e u m.) Die
Sammlungen des Landesgewerbemuseums in Stuttgart
haben auch im letzten Jahre in allen -ihren Abteilungen mannig
fache -Bereicherungen erfahren. Am reichsten sind die Uhrcn-
sammlung, die Keramik, besonders die Gefäßkeramik und die
keramische Plastik — genannt seien ein fünfarmiger unbemalter
Kandelaber aus dem berühmten Sul-kowski-Service, der sitzende
Jüngling mit Blumenkorb und sein weibliches Pendant, Modelle
des Meißner Plastikers Kandier — und besonders die Metali-
abteilung vermehrt worden. Die Silbersammlung hat nicht
weniger als sieben gute Silbergefäße vom Verein der Museums
freunde erhalten, das Hauptstück der -Erwerbungen bildet das
spanische gegossene Louis XVI.-Ci-borium (zweite Hälfte des
18. Jahrhunderts), das Verwandtschaft mit Zeichnungen von
Jean Francois Forty hat. Auch die noch bescheidene Email-
sarrimlung erhielt einen außergewöhnlich großen Zuwachs, und
die Auktion Oppler, die schon die Eisensammlung namhaft
vermehrte, gab dem Museumsvorstand Gelegenheit, die Möfoel-
und Holzabteilung entscheidend zu bereichern. Von den beiden
Abteilungen, die der Initiative Prof. Pazaureks ihr Ent
stehen verdanken, ist die Plakatsammlung, die in dem
Jahre uni etwa 600 Stück bereichert wurde, inventarisiert und
neu geordnet worden. Ihre fruchtbare Wirkung auf das Schaffen
der jungen Stuttgarter Künstler ist in deren Wettbewerbs
erfolgen unverkennbar. Neben ihr entsteht eine. O r na me n t-
st.ichsammlung, deren weitere Pflege die Sorge der
nächsten Jahre sein wird. Auch die persönlichste Schöpfung
des Museumsleiters, die Abteilung der -G e s c h mack s-
Verirrungen, erfreut sich einer ungeminderten Beliebtheit,
die sieh nicht nur in der regen Benützung und dem eingehen
den Studium durch die Besucher, sondern auch in der frei
willigen Mitarbeiterschaft zu ihrer Vermehrung äußert.
(■Erweiterung des Germanischen Museums
in Nürnberg.) In der Woche nach Pfingsten wird der Ver
waltungsausschuß des Germanischen Museums in Nürnberg
zusammentreten, um über den Entwurf zu einem Erweiterungs
bau Beschluß zu fassen. Der bekannte Dresdener Architekt
Bestelmeyer, der aus Nürnberg gebürtig ist, hat einen
Entwurf aufgestellt, der inzwischen von einer Kommission ge
prüft und als zur Ausführung geeignet anerkannt ist. Der Ver
waltungsausschuß wird daraufhin die endgiltige Entscheidung
zu treffen haben. Ein geeignetes Nachbargrundstück ist bereits
für den Erweiterungsbau aus freiwilligen Spenden erworben,
für den- Bau sind jedoch einstweilen noch keine Mittel vor
handen. Die Kosten dürfen sich auf rund L8 Millionen Mark be
laufen, die sich auf vier Jahre verteilen würden. Man hofft, daß
die erforderliche Bausumme durch das Reich, den bayerischen
Staat und die Stadt Nürnberg aufgebracht wird. Das Reich
unterstützt das Germanische Museum alljährlich durch einen
Zuschuß zu den Verwaltungskosten in der Höhe von 120.000 Mk.