MAK
Internationale 
$ammler-2ßifunf( 
Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde. 
Herausgeber: Norbert Ehrlich. 
7. Jahrgang. Wien, 15. März 1915. Nr. 6. 
Kuriositäten von der Leipziger Messe. 
Bei dem allgemeinen Interesse, das in diesem Jahre 
der Leipziger Kriegsmesse entgegengebracht 
wurde, mag auch darauf hingewiesen werden, daß das 
Leipziger Stadtgeschichtliche Museum 
seit Jahren bemüht ist, eine möglichst vollständige 
Sammlung historischer und künstlerischer Dokumente 
der Messe anzulegen. Direktor Professor Dr. Kurz- 
w e 11 y beabsichtigt, in dem Museum eine Reihe 
neuer Abteilungen zu schaffen, die das geistige mrd 
wirtschaftliche Leben Leipzigs behandeln, und hier 
wird auch die Leipziger Messe ihren Platz finden. 
Für diese Abteilung ist bereits ein reichhaltiger 
Bestand vorhanden. 
Von hohem Werte sind die Originale der kaiser 
lichen Privilegien und der Verordnungen des Rates 
aus alter Zeit. So Verspricht am 20. Juni 1593 Herzog 
Friedrich Wilhelm zu Sachsen, daß die 
Handels- und Kaufleute, welche die Niederlage und 
Jahrmärkte Leipzigs besuchen, vom Kaiser freie 
Strecke, Sicherheit und Geleit haben sollen. Herzog 
Albrecht zu Sachsen erhält das Privileg von 
Kaiser Maximilian, jährlich drei Jahrmärkte ab 
zuhalten, die gleichbedeutend mit der Neujahrs-, 
Oster- und Michaelismesse sind. Das Privileg wird 
von Karl V. mehrmals bestätigt. Ein gedrucktes 
Rundschreiben des Bürgermeisters und Rates der 
Stadt Leipzig vom 28. April 1647 an die Kaufleute 
teilt mit, daß „der Kriegshandlung halber“ eine Ver 
schiebung des Neujahrsmarktes stattfindet. Am 
2. Jänner 1681 geben Bürgermeister und Rat bekannt, 
daß wegen der „von Gott dem Allmächtigen über 
diese Stadt verhängten Plage der Pestillentz“ die 
Michaelismesse nur „von wenig Frembden besuchet 
worden“. Nachdem nun die Seuche völlig verschwunden 
ist, ladet der Rat zum Besuche der Neujahrsmesse 
ein, die in den Februar verschoben ist. 
Sehr interessant sind auch die M e ß r e k 1 a m e n 
der alten Zeit. Auf der Messe von 1736 wurde ein 
Pferd zur Schau gestellt, daß nach einem vorhandenen 
Kupferstich neben dem Pferdekopf noch mit zwei 
menschlichen Armen und Beinen versehen war. Eben 
falls aus dem 18. Jahrhundert stammt der Kupfer 
stich, auf dem das erste in Deutschland gezeigte 
Rhinozeros zu sehen ist. „Es wird allen resp. Lieb 
habern in Leipzig kundgetan, daß anjetzo allhier 
ankommen ist ein lebendiger Rhinoceros, der nach 
vieler Gedanken der Behemoth sein solle, nach der 
Beschreibung Hiobs, Cap. 40, v. 10. Es ist das erste 
Thier dieser Sorte, welches hier gewesen ist. Dieses 
Wunder Thier ist dunkelbraun . . . auf der Nase hat 
es sein Horn, womit es die Erde viel geschwinder 
kan umgraben, als niemahls ein Bauer mit dem 
Pflug thut.“ 
Die Leipziger Messe hat vielfach den Malern und 
Zeichnern Gelegenheit zu künstlerischer Darstellung ge 
boten. Da ist es denn besonders ein Künstler, den man mit 
Recht als den Maler der Leipziger Messe ansprechen kann: 
Georg Emanuel 0 p i z, der in neuerer Zeit mehr und 
mehr geschätzt wird. Opiz, der 1775 in Prag geboren 
wurde, lebte von 1820 bis zu seinem 1841 erfolgten 
Tode in Leipzig. Er wär ein feiner und humorvoller 
Darsteller des Volkslebens, und so hat er in Leipzig 
eine Reihe jetzt hochbezahlter Aquarelle geschaffen, 
in denen er die charakteristischen Erscheinungen und 
Typen des Meßtreibens festgehalten hat. Diese gab 
er dann später gesammelt als farbige Radierungen 
unter dem Titel „Meßszenen“ heraus. Auch der als 
„Maler der Völkerschlacht“ bekannte Heinrich Geißler 
hat seine Kunst der Messe gewidmet und eine Sammlung 
von zehn kolorierten Blättern herausgegeben, die sich 
gleichfalls im Museum befinden. In späterer Zeit hat 
sich besonders G. Sund bl ad mit der Messe 
beschäftigt und figurenreiche Tuschezeichnungen an 
gefertigt, die wohl als Vorlagen für Zeitungsillustra 
tionen anzusehen sind. Sein großes Erinnerungsblatt 
zur vierhundertjährigen Jubelfeier der Leipziger Messe 
1866 mag seinerzeit viel gekauft worden sein. 
Die Sammlungen enthalten ferner noch mannig 
fache Kuriosa, wie z. B. die Abschiedsgedichte der 
Zettelträger, mit denen sich diese dem Publikum 
empfehlen. Und recht bezeichnend ist auch ein 
„Leipziger Meß-Barometer“, der die Ergebnisse einer 
etwas flauen Messe in folgender Weise mitteilt: 
Alte und neue Luderdore sind alle im Mond, 
(Louis d’Ors) 
Silber, 
Wechsel 
der Credit 
Krebse (im Buchhandel) 
Die faule Messe 
wo ein Pfandleiher wohnt, 
auf ewig prolongiert, 
total krepiert, 
Herr erlöse uns von dem Übel, 
Hol* der Düwel! 
Trotz mancher schwerer Zeiten, wie sie hier zum 
Ausdruck kommen, hat sich die Leipziger Messe 
ständig weiter entwickelt und ihre Lebenskraft gerade 
in der eben abgeschlossenen Kriegsmesse von neuem 
glänzend bewiesen. Dr. L. St.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.