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Internationale Sammler- Zeitung
Nr. iö
und Früchte. Neben dem Augsburger Beschauzeichen
findet man das Meisterzeichen P. S. und das Befrei
ungszeichen 12.
Gräfin Ottokar Czernin, die Gemahlin des Mini
sters des Äußern, der gute. Genius der Ausstellung,
spendete Kunstwerke in nennenswerter Zahl; neben
einem kleinen Ölgemälde, „Stilleben“ von Hilda
Röhrer, mehrere Porzellantassen aus der Bieder
meierzeit, chinesische Tassen, einen geschnitzten Arm
stuhl, einen Anhänger aus Metall mit dem Bilde des
Gekreuzigten und der Madonna aus der romanischen
Zeit, ein kleines Kabinett aus Lack mit Flügeltüren und
Laden, auf einem Postamente ruhend, bunt bemalt,
holländisch, sowie mehrere hübsche Kleinigkeiten.
Aus dem Besitze des Fürsten Palffy sind in der Aus
stellung zwei Albareilos, zwei italienische Majoliken,
die auf weißem Grunde antike Medaillonporträts in
Gelb, Blau und Grün darstellen, weiters zweiApotheker-
töpfe mit der Darstellung des h. Franziskus in Blau
malerei, ebenfalls italienische Majoliken aus dem
17. Jahrhundert sowie zwei Albareilos, Engelsköpfe
in Grün, Blau und Gelb, Cartouchcn und szenische
Darstellungen.
Eine reiche Auswahl von Biedermeierreliquien
spendete einer der bekanntesten Wiener Sammler,
Dr. Albert Figdor, der sich auch mit Altwiener Por
zellan umstellte. Fürstin Trauttmansdorff ent-
äußerte sich eines kleinen Kästchens mit Doppeltür,
das innen Laden mit Wellenleisten hat und auf dessen
Dfclcel ein Löwe ruht. Das Kästchen mit Metallbc-
schlägen stammt aus dem 17. Jahrhundert.. Sehr
schönes Porzellan gab Herr Karl Mayer, einer der
größten Wiener Porzcllansammler, der Auktion: Einen
Porzellankorb, weiß mit Manganblumen und grünen
Henkeln, durchbrochen, Wiener Blaumarke um 1760,
eine tiefe große Schale, weiß mit Streublumen, Wiener
Blaumarke, um 1780, eine Kaffeetasse mit Untertasse,
geradwandig, violett mit vergoldeten Randornamenten,
Blaumarke, um 1807, und eine Kaffee-Ober- und Unter
tasse, weiß, mit Golddekor und einem Stiefmütterchen
in einem Medaillon, Blaumarke 1801. Fürstin Feste
tics spendete schönes Porzellan aus der Berliner
Manufaktur, und Fürst Palffy das schönste unter den
Porzellanstücken, ein Soli taire-Kaffeeservice, be
stehend aus Kaffee- und Milchkanne, Zuckerschale,
Ivaffeeschalc und Tasse, blauweiß mit Golddekor,
Altwien, Blaumarke um 1807, im Empirestil. Herrlich
ist aber auch das von der Fürstin Fcstetics gespendete
Räuchcrfaß mit einem knienden Genius aus Biskuit,
Flügel, Füße und Henkel vergoldet, mit Blattorna
menten bemalt, aus der Berliner königlichen Manu
faktur im Empirestil. Frau von Schiff-Suvero
widmete reiche Brokatstücke und Leinenstickereien,
und Graf Wallis Brokate.
Ich bin dessen sicher, daß die Kunstauktion, zu der
die einzelnen Stücke mit so großer Liebe zusammen
getragen wurden, das lebhafteste Interesse der Sammler
wecken und dem wohltätigen Zwecke eine sehr be
deutende Summe zuführen wird. Wenn schon nicht
die prächtigen Gegenstände diese Wirkung ausüben
sollten, ans goldene Herz der Wiener hat noch niemand
vergebens appelliert.
Die Gemäldesammlung Adalbert von Kolasinskis.
Am 5. Juni d. J. findet in Rudolph Lepkes Kunst-
Auktionshaus in Berlin die Versteigerung der Gemälde-
Sammlung Adalbert von Kolasinskis statt.
Zeigte die schon im März d. J. veranstaltete um
fangreiche Versteigerung von Werken des Kunst
gewerbes aus demselben Besitz, daß der Warschauer
Künstler und Sammler ein feinsinniger Kenner war,
so legt die jetzt zur Auktion gelangende Sammlung
seiner Gemälde erst recht von seinem Geschmack und
Verständnis Zeugnis, ab. Wie sein Vater und Groß
vater war auch der im Jahre 1852 geborene Adalbert
von Kolasinski ein befähigter Maler, dem der gebührende
Erfolg nicht versagt geblieben ist. Er malte zunächst im
Sinne seines Vaters und Großvaters Blumenstücke
und religiöse Szenen, um sich dann später aus eigener
Neigung und auf Anraten angesehener Kunstfreunde
ganz dem Wiederherstellen alter Meisterwerke aller
Schulen zuzuwenden.
Als einer der geschätztesten und beschäftigsten
Restauratoren war ihm reiche Gelegenheit gegeben,
sich auch dem Sammeln alter Gemälde zu widmen.
Dementsprechend enthält seine ebenso mannigfaltige
wie gute Sammlung neben primitiven Italienern und
frühen Niederländern sehr viele Arbeiten aus der Blüte
zeit der flämischen und holländischen Schule des
17. Jahrhunderts, darunter Landschaften von Gillis
van Coninxloo und Joos des Mompcr, Alexander
Keirrinx und Gillis d’ Hondecoeter, Genrebilder
von Godfried Schalcken und dem älteren Frans van
Mieris, eine Marine von Pieter Mulier d.. Ä.; ferner
sind zu nennen: Werke des Utrechter Abraham Bloe-
maert, ein Interieur des „Pseudo van de Venne"
genannten Antwerpner Unbekannten. Aber auch die
Meister des italienischen Barock und Rokoko sind würdig
vertreten, darunter der sehr seltene Veronese G’ovanni
Ceschini mit dem schönen Bilde eines Geige spielenden
Engels aus dem Jahre 1634 und der am Hofe Stanis
laus Poniatowskis tätig gewesene Marcello Baccia-
relli mit einem geistreichen Entwurf zu einem Decken
gemälde. Dazu kommen feine Proben der französischen
Kunst des 18. Jahrhunderts — unter anderem ein
Hafenbild von Joseph Vernet •—, die zum Teil aus
Polen stammen, wo damals wie überall in Europa die
höfische Kultur Frankreichs bewundernd nachgeahmt
wurde.
Auch deutsche Maler des 16. bis 18. Jahrhunderts sind
in dieser Warschauer Sammlung zahlreich anzutreffen.
Hervorzuheben wären ein „Herkules am Spinnrocken“
des älteren Lucas Cr an ach, datiert 1531, zwei aus
gezeichnete Bildnisse des Herzogs Ludwig von Württem
berg und seiner Gemahlin von der Hand eines süd
deutschen Meisters aus dem 16. Jahrhundert, zwei
Pastelle Johann Heinrich Schroeders und ein nächt
liches Zigeunerlager von Johann Konrad Seekatz.
Ein stimmungsvolles, modernes Bild, das umfangreiche
Gemälde „Rückzug von Moskau“ von Jul. Falat, bildet
den Abschluß der großen Gemälde-Sammlung Adalbert
von Kolasinskis.
Die Ausstellung findet vom 1. bis 4. Juni d. J.
von 10 bis 2 Uhr statt. Der mit etwa 50 Ab
bildungstafeln ausgestattete wissenschaftliche Katalog
(Nr. 1784) ist zum Preise von M 12.— durch die
Firma Lepke, Berlin, W 35, Potsdamerstraßc 122 a/b
zu beziehen.