Nr. 11
internationale Samthier -Z ei t üng
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zurückgestellt werden. Eine wissenschaftlich-literarische Tat
ersten Ranges muß damit aus Geldmangel einstweilen unter
bleiben.
(Die Urschrift des ,, Barbier von Sevilla”.)
Der dänische Musikhistoriker Magister Torben Krogh hat
in der Bibliothek des Kopenhagener Musikkonservatoriums
unter den Manuskripten, die der verstorbenen Königin Karo-
line Ämalia gehörten, eine Originalhandschrift ton .Rossinis
ursprünglicher Ouvertüre zum „Baibier von Sevilla" gefunden.
Diese Ouvertüre ist von der jetzt bekannten Fassung sehr
verschieden. Es sei daran erinnert, daß die jetzige Fassung
eine Umarbeitung darstellt, die Rossini vornahm, nachdem
die Originalfassung be ; der Uraufführung 1816 ausgezischt
worden war. In den Notenbeständen der Königin befinden sich
auch die Partituren—zu Rossinis Opern „Tankred" und „Die
diebische Elster". Krogh nimmt an, daß die Königin diese
Werke 1812 von ihrer Italien reise mitgebracht hat, wo sie
diese vom Komponisten erhielt.
(Herausgabe älterer Papsturkunden.) Aus Göt
tingen schreibt man uns: Nach dem Berichte des Geh. Rates
Professor Dr. Kehr, des Vorsitzenden cfer Göttinger Kommis
sion für die Herausgabe der älteren Papst urkunden, haben die
Arbeiten im abgelaufenen Geschäftsjahre so wenig wie im Vor
jahre wesentlich gefördert weiden können. Von -der „Gallia
pontificia“ wird noch auf lange hinaus keine Rede sein können.
Kehr war während der Monate Jänner bis März 1920 im Auf
träge der Reichsregierüng und der preußischen Staatsregierung
in Rom, um die Interessen der deutschen Institute wabrzu-
nehnien. Er ist dabei nicht nur auf das freundlichste aufge-
nommen worden, sondern es wurde ihm auch der Wunsch aus
gesprochen, daß die Arbeiten für die „ltalia pontificia“ mög
lichst bald wieder aufgenommen werden möchten unter Zu
sicherung der amtlichen und privaten Förderung. Das Material
für Band VII der „ltalia pontificia", der Venetien und Istrien
umfassen soll, liegt gesammelt und kritisch gesichtet bereit.
Es ist alle Aussicht vorhanden, daß im kommenden Jahre die
lang unterbrochene Friedensarbeit —• wenn auch nicht in dem
alten Umfange — wieder aufgenommen werden kann.
NUMISMATIK.
(Notgeld mit dem Bildnis Sudermanns.) Die ost-
preußische Stadt Heydekrug hat beschlossen, ihr neues Not
geld, 50-Pfennig-Scheine, mit dem Bildnisse ihres größten
Sohnes, des Dichters Hermann Süd er mann zu zieren. Sud er
mann Hat über Ersuchen der Stadt einige Verse für die Scheine
zur Verfügung gesteht.
(Ein Silbermünzenfund am Wannsee.) Bei den
Ausschachtungsarbeiten des. am Wannsee im Bau befindli
chen Bootshauses der Nordflugwerke Berlin-Teltow ist man in
ein Meter Tiefe auf eine Urne gestoßen, in der sich ungefähr
200 Silbermünzen befanden. Bei näherer Besichtigung stellte
sich, heraus, daß man einen äußerst wertvollen Fund gemacht
hatte. Die Münzen stammen aus den Jahren 1135 bis 1150 und
zeigen die Prägung des Königs Wenzeslaus If. von Böhmen.
Die Nordflugwerke werden diesen Silberschatz dem Museum
überweisen.
PHILATELIE.
(Versteigerung von Feldpostmarken.) Am 4. Juni
findet, im Wiener Dorotheum ei :e Spezialauktion von Wert
zeichen der ehemaligen k. k. Feldpost und k. u. k. Militärpost
in Bosnien, aus den Restbeständen der Haüptanstalt für
Sachdemobilisiernng statt. Besondere Beachtung verdienen:
Vollständige Sätze in Blocks, Paaren und einzeln der Feld
post I., TI., III., Rumänien f... II., Serbien I., II., Monte
negro I., II., Italien I., II., Karlfonds, sowie größere Partien
einzelner Werte. Auch gelangen die Bestände der für Bosnien
vorbereitet gewesenen Buchdruckausgabe zur Feilbietung,
und zwar vollständige Sätze mit dem 1-K-Werte, die für
Spezialsammler infolge der ganz geringen Auflage eine Akqui
sition ersten Ranges bedeuten.
VERSCHIEDENES.
Ein neues Verfahren farbigei Photographie.)
Der Photophysiker Dr. Adolf Traube in München hat neuer
dings ein Verfahren farbiger Photographie erfunden, das er
nach seinem eigenen Namen (Traube 71 uva) Uvachromie
nennt. In München, Wien und an anderen Orten beginnt man
jetzt die Uvachromierfindung praktisch zu verwerten. Die
technisch*- Grundlage der Erfindung ist, wie. Frau Dr. Tietze-
Conrat in der „Kunstehr." berichtet, dieselbe wie die des
Dreifarbendruckes. Das Gemälde wird nacheinander durch
drei Farbgläser, ein blaues, ein gelbes und ein rotes, photo
graphiert. Nach den entwickelten Platten werden Positive
hergestellt, die in drei Farbbädern, einem blauen, einem gelben,
einem roten, eingefärbt werden. Die dreifarbigen Emulsions-
schichten aufeinandergehgt, zwischen sichernden Glasplätt
chen eingeschlossen, ergeben die richtige Farbenkomposition
des Originals. Zur Kontrolle wird mit dem Gemälde zugleich
eine Farbtafel aufgenommen, an deren Schattierungen sich
die Richtigkeit der Farben des Originals auch hinterher bei
der Entwicklung nachprüfen läßt. Nach dem Urteil der ge
nannten Kunsthistorikerin sind die Vorzüge der Uvachromie
gegenüber dem heute gebiäuchlichen Lumiere-Verfahren
beti acht lieh, besonders für die Herstellung von Glasbildern
für den Lichtbilderapparat bei kunstgeschichtlichem Unter
richt und dergleichen. Gerade diesei Unterricht kann gegen
über dem jetzigen Wirtschaften mit farblosen, die Töne oft
verfälschenden Lichtbildern eine ganz neue Belebung erfahren.
(William Strang.) ln Bournemouth starb, zweiur.d-
sechzigjährig, William Strang, einer der hervorragendsten
Graphiker Englands. Ein Schüler von Legros, hat er eine un
gemein fruchtbare Tätigkeit auf allen Gebieten der Schwarz-
Weiß-Kunst entfaltet. Seine bekanntesten Folgen sind: „Der
Erzfeind", Illustrationen zu einer von ihm selbst gedichteten
schottischen Ballade, „Der Tod und die Frau des Pflügers”,
„Der alte Seefahrer", seine Radierungen zu Don Ouixote, zu
Kipling, seine Landschaften aus Flandern. Strang war in den
letzten vier Jahren Präsident der Internationalen Gesellschaft
der Bildhauer, Maler und Graphiker.
MUSEEN.
(Neugestaltung des Kriminalmuseums in Berlin.)
Die schon se it geraumer Z-.it als notwendig erkannte Umge
staltung des Berliner Kriminalmuseums ist vollendet. Fünf
Hauptabteilungen sind eingerichtet worden: die geschicht
liche Abteilung, die u. a. Bilder, Dokumente, auch Material
aus der Revolution enthält, die Abteilung Kriminalistische
Kuriositäten, eine Abteilung für Narkotika, eine, die die
Kapitalverbrechen umfaßt, und schließlich eine für Krimi
nalstatistik. Für das Studium ein unschätzbarer Stoff! Eine
Neuordnung hat auch die Werkzeugsabteilung erfahren, in
der alles zu sehen ist, was Di.be und Einbrecher zur Aus
übung ihres MMiers gebrauchen: Bohrer und Feilen, Sägen,
Hammer, Zangen usw., von der einfachsten bis zur kompli
ziertesten Konstruktion. Zu einer Reihe von Vitrinen sind die
vielen Falsifikate vereint, mit -denen' die Gauner arbeiten,
um Banken und Gesellschaften zu betrügen. In diese Ab
teilung gehören die Diplom- und Ordensschwindeleien, die
Scheckfälschungen, Stempel fälsch ringen und gezinkten Spiel
karten. Eine sehr interessante Abteilung umfaßt die sadistisch-
masochistischen Instrumente und die pornographische Literatur
und Objekte. Tiefe Abgründe menschlicher Leidenschaft und
krankhafter Veranlagung tun sich beim Anblick dieser Samm
lungen auf. Dem Leiter der Neugestaltung, Kriminalkommissar
Dr. Jienke, i-t es gelungen, das Museum so anzuordnen,
daß dem Beschauer die Orientierung ungemein leicht gemacht
wird. Wenn erst der Katalog, der zurzeit noch bearbeitet wird,
und das ebenfalls noch in Vorbereitung befindliche Werk
„Das Kriminalmuseum in Berlin“ vorliegen, wird das Studium
dieses eigenartigen Museums noch weiter erleichtert werden.