Memaiiomte
Zentraiblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde
Herausgeber: Norbert Ehrlich.
— n mi * i mi
15. Jahrgang. Wien, 15. März 1923. Nr, 6.
Eine EffliffiardenverSteigerung.
Vom 22. bis 24. März veranstaltet das Dorotheum
in Wien eine Auktion, die des Interesses weiter Sammler
kreise sicher ist.
Im Mittelpunkte der Versteigerung steht eine Samm
lung hervorragender deutscher, italienischer und flämi
scher Bronzestatuetten. Man wird da manchen
guten Bekannten aus der berühmten Sammlung Adolf
von Beckerath wiederfinden, die 1916 durch Rudolph
Lepke in Berlin zur Auflösung gelangt ist. Eines der
wertvollsten Stücke ist ein jugendlicher Bacchus mit
Kanne und Becher, wohl eine Arbeit von Alessandro
V i 11 o r i a. Ihr ebenbürtig ist der Herkules von Niccolo
Roccatagliati und ein jugendlicher Bacchus mit
Weinfaß und Schale, der diesem Meister gewiß nahe
steht. Die Art des Francois Dusquesnoy, genannt
Fiammingo, weisen die Figuren der Fides und der
Spes auf, die von FManiscig in „Kunst und Kunst
handwerk“ abgebildet wurden. Ein Unikum ist die Büste
des Feldmarschalls Fürsten Schwarzenberg von Zauner.
Die Künstlersignatur ist mitgegossen und etwas über
ziseliert.
An Keramiken bringt die Auktion eine vorzüg
liche Auswahl sehr früher Arbeiten von fast sämtlichen
bedeutenden italienischen Manufakturen. Hervorheben
möchten wir eine Schüssel, die aus der Werkstätte des
Meisters B e n e d e t to in Siena hervorgegangen ist
und von der der Katalog folgende Beschreibung gibt:
„Große, runde, flache Schüsse! mit breitem Rand, blauer
Trophäenfries auf ausgespartem, weißem Grund. Im
Fond bunte mythologische Darstellung, in Blau, Gelb,
Ocker und Grün: sechs sitzende Musen und Amor unter
einem Baum. Die Rückseite vollständig dekoriert in
Blau, auf dem Rand ein Rankenfries, im Fond in orna
mentaler Umrahmung die Marke „L“ mit einem Strich
durch den Längsbalken.“ Faenza ist mit prächtigen Alba-
rellos in hellen, leuchtenden Farben, Urbino mit Schüs
seln mit bunten mythologischen Darstellungen im Fond
vertreten.
Unter den Holzskulpturen finden wir neben
ausgezeichneten gotischen Arbeiten solche aus Venetien,
Bayern, Salzburg und Südtirol, die mit jenen rivalisieren
können. Venezianisch ist z. B. das große Tympanon
relief mit den Halbfiguren der Madonna mit dem
Kinde zwischen den Heiligen Markus und Lukas, das
mit 50 Millionen bewertet ist. In einem aus dem 17.
Jahrhundert stammenden italienischen Altar in Renais
sanceform sind zwei Bruchstücke von Tizians ver
branntem Gemälde „Der Tod des Petrus Martyr“ ein-
Fig. 1. Girolamo da Gualdo, Madonna succursale.
gefügt, die ein Kenner wie Theodor von F r i m m e 1
als Original erklärt.
Die Abteilung „Alte Gemälde“ ist vorzugsweise
durch Arbeiten deutscher und italienischer Schulen cha
rakterisiert. Bemerkenswert ist die in der Reproduktion
(Fig. 1) wiedergegebene „Madonna succursale“ von
Bernardo Girolamo da Gualdo. In Wolken thront,
von Cherubsköpfen und zwei Engeln umgeben, die
Madonna, welche mit einer Keule den links unten vor.
einer Felslandschaft stehenden Teufel bedroht. Rechts
eine Frau, die mit einem kleinen-Kinde im Arme flüchtet.
Im Hintergrund Landschaft mit See und Burg und
Staffage im Zeitkostüm (ein stehender und ein lauten-