MAK
Seite 164 
Internationale Sammler-Zeitung 
Nr. 21 
alten Meister wandelnde Wiener Canon. Von den 
Realisten Trübner, Maries, Lenbach und 
Leibi sind nur wenige und nicht besonders bezeich 
nende Bilder da; stärker ist der Freund Leibis und 
Trübners, Karl Schuc h, vertreten, der wie so viele 
erst nach seinem Tode zur verdienten Anerkennung 
gelangt ist. Von den Franzosen kann die Galerie die Namen 
D a u m i e r (Sancho Pansa und Zirkusszene), Delac 
roix, David (Napoleon auf dem großen Sankt Bern 
hard), Gericault, Courbet, Corot, Millet, 
Pisarro, Renoir aufweisen, von französischen Bild 
hauern R o d i n mit zwei in seiner Art die Charakte 
ristik bis aufs äußerste treibende Büsten (Gustav Mahler 
und Henri Rochefort). 
Von sonstigen Künstlern, die der Galerie das Ge 
präge geben, seien noch Rahl, Amerling, Karl 
Haider, Lampi, Daffinger, der Tiermaler 
Gau ermann und zuletzt, nicht als letzter, der treff 
liche Maler des Morgenlandes Karl Leopold Müller 
erwähnt. 
2Die C C0lener Hifderfätscfiungen. 
Ein Schöffensenat hat sich mit den Wiener Bilder 
fälschungen befaßt, über die wir seinerzeit unsere Leser 
informiert hatten. Angeklagt waren der nach Polen zu 
ständige Bilderhändler Philipp Überall und der aus 
der Tschechoslowakei zugewanderte Johann M a r k y- 
t a n, zahlreiche Personen durch den Verkauf falsch 
signierter Bilder geschädigt zu haben. Unter anderen 
zahlte Herr Gustav Schlumberger für einen 
falschen Pettenkofen, „Zigeunerzelt“ betitelt, 30 
Millionen, Otto L i e b e r tn a n n für einen falschen 
Danhauser, „Dichterliebe“ 34 Millionen und Samuel 
Tugendhat für einen anderen, unechten Danhauser, 
„Schusterwerkstätte“, 30Mill. Kronen. Einige geschädigte 
Käufer hatten sich nicht gemeldet. Ueberdies hatten die 
Angeklagten den Kunsthändlern Paul Engel und S. 
Kende elf Kopien als Zeichnungen von der Hand 
Straßgschwandtners, eine wertlose Kopie als echtes 
Kriehuberbild, eine andere Kopie als echtes Ranftlbild 
zum Kaufe angeboten und dem Kunsthändler Anton 
Hrdlischka einen falschen Kriehuber zum Verkauf 
übergeben, doch sind ihnen die Händler nicht herein 
gefallen. 
Ueber die Entlarvung der Fälscher erzählt die An 
klage: Im Herbst 1923 schlossen Ueberall und Marky- 
tan einen Vertrag dahingehend, als sie künftighin den 
Bilderhandel auf gemeinsame Rechnung betreiben. 
Ueberall sollte an dem erzielten Gewinn mit 70 Prozent, 
Markytan mit 30 Prozent beteiligt sein. Am 24. Jänner 
d. J. wurde Markytan auf Veranlassung des Antiquitäten 
händlers S p i r a, dem er ein falsch signiertes Bild von 
Alt als echt angeboten hatte, angehalten und gleich 
dem ihm auf der Straße erwartenden Ueberall verhaftet. 
In der Wohnung Markytans fand die Polizei zahlreiche 
Fälschungen, darunter falsch signierte Waldmüller- 
Kopien und mehrere fälschlich als Pettenkofen signierte 
Zeichnungen vor. Alsbald kam zutage, daß die beiden 
gewerbsmäßig falsch signierte Bilder als echt abgesetzt 
hatten. Die Täuschung gelang ihnen deswegen so gut, 
weil Markytan bei vielen Bildern sich Gutachten von 
namhaften Sachverständigen, in denen die Echtheit 
dieser Bilder bestätigt wurde, zu erschleichen wußte, 
indem er sich als kriegsinvalider Oberleutnant einführte 
und ihnen vorspiegelte, daß die Bilder im langjährigen 
Besitz von Privatpersonen gewesen seien. Mit den 
Käufern der Bilder trat Markytan in der Regel nicht 
selbst in Verbindung, sondern durch Mittelspersonen, 
die er veranlaßte, die Bilder in ihre Wohnung zu 
nehmen und als ihr langjähriges Besitztum auszugeben. 
Die Bilder waren teils von minder geschätzten Malern, 
teils auf seine Bestellung hergestellte Kopien. Die 
falschen Straßgschwandtnerbilder ließ Ueberall vom 
akademischen Maler Schuster nach Lithographien 
des Originals herstellen. Schuster lieferte die Kopien 
unsigniert. Den falschen Pettenkofen, ein „Zigeunerzelt" 
darstellend, hatte Ueberall zum Kustos der Gemälde 
galerie Dr. Bai daß gebracht und von ihm ein Gut 
achten über die Echtheit des Bildes erwirkt. Trotzdem 
zweifelte der Kunsthändler K e n d e an der Echtheit 
und holte ein Gutachten der Sachverständigen Doktor 
Weixlgärtner und Dr. H a b e r f e 1 d ein 4 die er 
klärten, daß das Bild nicht von Pettenkofen herrühre. Um 
das wertlose Bild loszuwerden, brachte es Markytan 
zum Wäscheerzeuger Herz, der die ihm bekannte 
Generalsgattin Prohaska darauf aufmerksam machte. 
Sie übernahm das Bild zum kommissionsweisen 
Verkauf, veräußerte es wirklich an die Inhaberin der 
Kunsthandlung Lebel, Frau Lucie Spitzer, um 25 
Millionen und diese wieder an Herrn Schlumberger 
um 33 Millionen. Bei einem Besuche des Direktors 
der akademischen Gemäldegalerie Dr. Eigenberger 
in der Wohnung Schlumbergers wurde das- Bild als 
unecht erkannt. Auch Dr. Baldaß zog sein Gutachten 
als irrig zurück. (Bei der Verhandlung erklärte er 
übrigens, daß er noch heute zweifle, ob das 
Bild unecht sei.) Ueberall gab Herrn Schlumberger 
zur teilweisen Schadensgutmachung ein Alt - Bild, das 
sich später ebenfalls als unecht herausstellte. Beim 
Verkaufe des falschen Danhauser, „Dichterliebe“, be 
diente sich Ueberall eines Gutachtens des Professors 
Maurer. Als das Bild bei der Firma Schidlof zur 
Auktion kam, wurde es von dem Kunsthändler Julius 
Lichtblau als eine wertlose Kopie wiedererkannt, 
die er einige Monate vorher ohne Signatur um einige 
hunderttausend Kronen hatte verkaufen lassen. 
Die Angeklagten wurden nach viertägiger Ver 
handlung des vollbrachten und versuchten Betruges 
schuldig erkannt und Ueberall zu achtzehn Monaten 
schweren Kerkers und zur Landesverweisung, Markytan 
zu sechs Monaten schweren Kerkers verurteilt. Man 
hat aus den Zeitungen nicht erfahren, ob den beiden 
Schwindlern Milderungsgründe zugebilligt wurden, ein 
erheblicher Milderungsgrund wären aber zweifellos die 
— Experten, die ihnen Handlangerdienste geleistet 
haben. 
Giovanni und Goiiardo Segantini. 
Gottardo Segantini muß um die Autor 
schaft eines seiner Bilder kämpfen, das einfach im 
Kunsthandel seinem Vater Giovanni zugeschrieben 
und unter dieser falschen Flagge verkauft worden ist. 
Die Angelegenheit ist so seltsam und für gewisse 
Experten kennzeichnend, daß wir den Ausführungen 
Gottardo Segantinis, die die „Frankl Ztg.“ (in ihrer 
Nr. 753 vom 8. Okt.) veröffentlicht, auch an dieser 
Stelle Raum geben. 
Gottardo schreibt: „Vom größten Sammler der Werke 
Giovanni Segantinis bekomme ich den Katalog Nr. 105 
von Rudolf Bangel G. m. b. H. Frankfurt a. M. zuge-
	        
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