Nr. 3
Seite 19
Internationale Sammler-Zeitung
Erwähnung begnügen. Daß in einzelnen neuen
Schriften dem tüchtigen Künstler mehr Hufmerk*
samkeit gewidmet wird, wurde oben angedeutet,
und das Wiederauftauchen des Selbstbildnisses
von 1521 in der Sammlung Coray--Stoop läßt hoffen,
daß man künftighin dem Vittore Belliniano auch
in den Kompendien der Kunstgeschichte gerecht
werden wird.
< Ll.nßekannte c Dürerßifder.
Der Hellersche Altar, der einst im Dominikaner
kloster in Frankfurt a. M. stand und dann in alter Zeit
in der Münchener Residenz verbrannt ist, enthielt ein
Selbstbildnis Dürers: der Künstler hatte sich im
Hintergründe stehend mit einer Inschriftstafel dargestellt.
Für diesen Altar, der im Aufträge des Frankfurter Kauf
manns Jakob Heller und unter Mitarbeit Matthias
Grünewalds entstand, hat Dürer in vielen, heute
überall zerstreuten Entwürfen die mühevolle und jahre
lange Malarbeit höchst sorgfältig vorbereitet. Professor
Heinrich Weizacker, der jetzt über die Kunstwerke
jenes alten Frankfurter Klosters ein umfängliches Werk
veröffentlicht, hat bei seinen Forschungen auch das
bisher unbekannte, eigenhändig gezeichnete Selbst
bildnis des Meisters gefunden. Es hat sich in den
Petersburger Sammlungen der Eremitage, leider in
schlechtem Zustande, erhalten. Das Kupferstichkabinett
der Berliner Museen besitzt eine spätere Kopie des
Werkes.
Das Kunsthistorische Museum in Wien hat von
einem polnischen Maler, der aus Italien kam, einen
ebenfalls unbekannten Dürer erworben. Es ist eins der
schönsten Frauenbildnisse, das wir von Dürer kennen,
signiert mit dem Monogramm des Meisters und datiert
aus dem Jahre 1505. Seine Entstehung fällt also
in die Periode der zweiten italienischen Reise Dürers
1505 bis 1507.
Das Bild stellt eine junge interessante Venezianerin
mit blonden Locken und in einem karminroten Gewände
mit zwei dunkelgrünen Maschen dar. Es ist ein kleines
Brustbild von etwa 30 cm Höhe, und wie alle Bilder
aus dieser Zeit, auf Holz gemalt. Die Malerei ist von
einer vollendeten Technik und außergewöhnlicher Fein
heit der Ausführung. Merkwürdig ist nur, daß es von
Dürer selbst nicht ganz vollendet wurde, da das eine
der beiden dunkelgrünen Mäschchen bloß untermalt ist.
Darüber, warum es Dürer selbst nicht vollendet hat,
können bloß Hypothesen aufgestellt werden, deren
Lösung kaum gelingen wird.
Das Bild ist glänzend erhalten. Die Uebermalungen
sind bereits von dem Verkäufer beseitig worden. Ueber
den Anschaffungspreis herrscht keine Klarheit. Während
uns ein hervorragender Kunsthändler mitteilt, daß für
den Dürer 10 0.000 Schweizer Franken ge
zahlt wurden, versichert der Kustos dieses Museums,
Regierungsrat Dr. B a 1 d a ß, in einem Interview, daß es
im Wege eines Tauschgeschäftes erworben
wurde. Worin dieses Tauschgeschäft bestanden hat, wird
nicht gesagt. Die Frage nach der Art dieses Tausch
geschäftes ist aber nicht unberechtigt, zumal Gerüchte
wissen wollen, daß das Kunsthistorische Museum für
den Dürer einen der besten Waldmüller gegeben habe.
Wird Herr Regierungsrat Baldaß darauf Antwort geben?
Auf unsere Frage, ob der im Umlauf befindliche falsche
Pettenkofen wirklich, wie behauptet wird, von ihm
„expertisiert“ wurde, ist er sie bisher schuldig geblieben.
Das Kunsthistorische Museum hatte bisher sieben
Werke von Dürer; ursprünglich waren es neun, aber
im 18. Jahrhundert gingen dem Institut zwei verloren,
das heißt, eines schenkte Kaiserin Maria Theresia
der Galerie der Stadt Prag und es ist daher jetzt
czechoslowakischer Besitz, das zweite vertauschte
Kaiser Josef II. mit der Galerie in Florenz gegen
Werke italienischer Meister. Das neue, nun achte Bild,
bietet für das Kunsthistorische Museum auch noch
deshalb einen besonderen Reiz, weil es eine Art Gegen
stück zu einem daselbst befindlichen Männerbildnis
Dürers bildet.
J-lltwiener Südhnüster.
Unter diesem Titel hat Frieda Pollak-Sorer
im Verlage M a n z in Wien ein Bändchen mit zwei
unddreißig farbigen Tafeln nach alten Originalen mit
Stickmustern für Petit Points herausgegeben; denen
noch fünf weitere Bändchen, im Ganzen 200 Muster,
folgen sollen.
In der Einführung behandelt die Verfasserin die
Geschichte der Stickmustervorlagen, die die Geschichte
eines beliebten Sammelzweiges ist. Die ältesten
deutschen Stickmustervorlagen stammen darnach aus
dem Jahre 1527 von dem Drucker Jorg Gastei aus
Zwickau. Ihm folgte bald Peter Quentel mit einer
Neuauflage des vorerwähnten Werkes. Das anmutigste
Modellbuch der Renaissance aber hat der Formen
schneider Johann Schwarzenberg gedruckt, ln
Frankreich haben der Italiener Francesco Pellegrino
und Ducerceau Stickmustervorlagen geschaffen,
aber sie waren fast durchwegs Nachahmungen deutscher
Vorbilder. In der Barockzeit aber tritt Frankreich an
die erste Stelle. Lebrun, Bonnemer, und Bai I ly
haben Zeichnungen geschaffen, nach denen kostbare
Stickereien au petit point ausgeführt wurden. Ducer-
ceaus Sohn, Paul Androuet, beschränkte sich nicht
mehr auf ausländische Vorbilder, sondern entwarf eigene
Ideen und das Buch „Liures de Fleurs propres pour
Peintres et Brodeurs“ von Jean V o u q u e r bedeutet
jedem Bibliophilen einen kostbaren Schatz. Das Rokoko
war durch China beeinflußt, welche Richtung sich auch
in den Stickmustervorlagen bemerkbar machte. In der
späteren Rokokozeit erschien ein durch Zeichnungen
erläutertes Heft „L’art du Brodeur“ von Charles Ger-
main de St. A u b i n.
In Deutschland bedeutete der dreissigjährige Krieg
eine Unterbrechung der Schaffung von edlen Stick
mustern. Aber schon 1666 veranlaßte der Nürnberger
Verleger Christian W e i g el einige kunstsinnige Frauen,
sich im Entwürfe von Stickmustern zu betätigen und
so hat die Organistentochter Amalia Beer Stickmuster
vorlagen unter dem Titel „Wohlanständige Frauenzimmer
Ergötzung“ herausgegeben. Später aber machte sich der
französische Einfluß in Deutschland stark geltend und
in den Jahren 1750—1800 gaben die deutschen Ver
leger allenthalben Zeitschriften heraus, in denen es von
Anleitungen zur Herstellung von Stickereien und Petit
Points nach französischem Muster nur so wimmelte.