MAK
Seite 10 
Internationale Sammler-Zeitung 
Nr. 2 
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sie spielt immer die Krones und da die Krones immer 
herzentzückende, lustentbindende, tatenverkündende Au 
gen hatte und da die Krones die Ungebundenheit des 
Gelüstes mit der Ungebundenheit aller Weiblichkeit zu 
Freikugeln goß und sie mit aller Ungezähmtheit eines 
Naturkindes ins Publikum schleuderte, so konnte die 
Wirkung nicht ausbleiben. Sie war eine kostbare Er 
scheinung als solche, sie traf fast immer das Rechte; 
warum? Weil das Publikum in allen ihren Rollen nur 
sie sah! Ihr Spiel war stets unbändig, aber diese Un- 
bändigkeit erhielt von ihrer Persönlichkeit den Freibrief. 
Sie war unwiderstehlich in ihrer krassen Ueberschreitung 
alles Schicklichen und warum? Weil man ordentlich 
erschrack und verblüfft war von der Keckheit, mit der 
sie die derbsten und widerhaarigsten Ausdrücke und 
Gesten balanzierte, ins Parterre warf, gleich als Eman 
zipation ihrer selbst. Sie war von ungewöhnlicher Be 
gabung, von einer instinktiven Penetration ihrer selbst 
un. *1 die tiefsten Geheimnisse der Individualität des 
Publikums, welches stets mehr durch den Sinnenreiz 
als durch Natur zu packen war, eingeweiht. Sie gab 
ihren Rollen gar nichts vom Dichter und alles von sich 
und da das dem Beifalle zugute kam, so ließen es die 
Dichter gut sein. Sie erwärmte nicht durch Innerlichkeit, 
sie durchdrang nicht durch urwüchsige Laune, aber sie 
zündete; sie war eine glückliche Brandstifterin, sie 
legte Feuer an, die Flammen prasselten, die Funken 
sprühten, aber — die Kunst — eine Asche!“ 
So weit Saphir, der es seiner Gewohnheit gemäß 
nicht lassen konnte, so geistreich als nur immer möglich 
zu sein. Wenn wir die Widersprüche ausscheiden, die 
Paradoxen, in denen sich Saphir gefällt, auf das nor 
male Maß zurückführen, so können wir aus der vorher 
angeführten Charakteristik der Krones entnehmen, daß 
sie, ohne vielleicht gerade eine Schönheit gewesen zu 
sein, dennoch eine blendende Erscheinung, eine ausge 
sprochene Individualität gewesen ist. 
Alle diese Erinnerungen wurden neu bei mir 
lebendig, wie ich vor einiger Zeit eine auf Elfenbein 
gemalte, hühnereigroße Miniatur dieses Wiener Lieblings 
erwarb. Das Bildchen dürfte um das Jahr 1824 ent 
standen und vielleicht eine Jugendarbeit Josef Krie 
hubers sein, der, 1800 in Wien geboren, um diese 
Zeit aus Polen heimgekehrt war und für den Trentsens- 
kyschen Kunstverlag lithographierte, für den bekanntlich 
auch V. v. Schwind in seiner Jugendzeit arbeitete. 
Kriehuber fing um die Mitte der Zwanziger-Jahre an, 
Personen in Aquarell zu porträtieren. Anfangs unterließ 
er es häufig diese Arbeiten zu signieren. Später gehörte 
er zu den bedeutendsten Porträtisten mit dem Litho 
graphenstifte. 
Vor Jahren gingen mir aus einer Familie, die mit 
Krones verwandtschaftlich verbunden war, einige Re 
liquien zu, die aus dem Besitze der Krones stammen. 
So ein paar seidene Spitzenstrümpfe, die im damaligen 
Wien als besonders galant und auch vornehm galten, 
Strumpfbänder mit vielsagenden Versen in französischer 
Sprache, eine Halskette aus dem blonden Haar der 
Künstlerin geflochten, eine Schachtel für Kämme, ein 
paar Kastagnetten aus Ebenholz nnd noch einige Kleinig 
keiten, deren Wert nur in dem unzweifelhaften, ehe 
maligen Besitz der Krones besteht. Diese Gegenstände 
sind inzwischen zum Teil in das J. Böhm’sche Theater 
museum übergegangen, denn authentische Kronesreli- 
quien sind ebenso wie alle Krones-Autogramme heute, 
wo sich alles spezialisieren will, seltene und gesuchte 
Sammlungsobjekte geworden. Auf der Hohen Warte bei 
Wien wurde vor ca. 26 Jahren sogar ein kleines Krones- 
Museum begründet und zwar in demselben Häuschen, 
in dem die Künstlerin zwei Sommer hindurch wohnte. 
An der Außenwand des Hauses Hohe Warte Nr. 37 
hat liebevolle Pietät vor 22 Jahren eine Marmortafel 
gestiftet mit folgender Inschrift: 
„Dieses Häuschen bewohnte Therese Krones in 
den Sommermonaten 1824 und 1826.“*) 
Die Krones war in Freudenthal in Schlesien ge 
boren (am 7. Oktober 1801) als Tochter eines Schau 
spielers, der mit seiner Truppe in den Ortschaften 
herumzog. Von ihrer Geburt an kannte unsere Therese 
nichts anderes als das Theater. Einige Jahre hindurch 
wirkte sie in Olmütz, Brünn, Graz, Laibach und Agram, 
ohne jedoch irgendwo zu einer künstlerischen Bedeu 
tung durchzudringen. Erst als sie im Herbste 1821 an 
das Leopoldstädter Theater in Wien verpflichtet wurde, 
entfaltete sich ihr Talent. In kurzer Zeit war sie der 
erklärte Liebling des Residenzpublikums. 
Die damalige „Theater-Zeitung“, welche t Adolf 
Bäuerle herausgab, dann die „Iris“ und die „Blätter 
für die elegante Welt“, die alle nur mehr oder weniger 
Theaterberichte brachten, beschäftigten sich an hervor 
ragender Stelle mit der Krones, aus deren Privatleben 
sie allerhand rührende Geschichten und Klatsch brachten. 
Unübertrefflich war die Künstlerin als „Jugend“ in 
Raimunds Zaubermärchen „Der Bauer als Millionär“. 
Eine Lithographie in Folio, die um das Jahr 1825 ent 
standen ist, stellt die Krones in einem sehr pikanten 
Kostüm in einer Hosenrolle als „Mädchen aus der Feen 
welt“ dar. Die Krones wäre sicher einer schönen, künst 
lerischen Zukunft entgegen gegangen, wenn nicht ein 
Ereignis eingetreten wäre, das auf ihr frühes Lebens 
ende ein.en düsteren Schatten warf. Es ist das schon 
früher erwähnte Verhältnis mit dem „Grafen“ Jaros- 
zynski, der dann seinen gewesenen Hofmeister, den 
Priester J. K. Blank ermordet und beraubt hat. Dieses 
grauenvolle Ereignis zu erzählen, würde hier zu weit 
führen. Der Wiener Landesgerichts-Präsident Dr. Ludwig 
Altmann hat den „Fall Blank“ aus den Archiven aus 
gezogen und in fesselnder Weise beschrieben. Das Er 
eignis spielte sich im Jahre 1826 ab. Die Krones krän 
kelte durch zwei Jahre, konnte sich nie mehr erholen 
und starb am 28. Dezember 183U an Lungenentzündung 
in Wien. 
Hofrat A. M. Pachinger. 
*) Auf diese Gelegenheit wurde auch eine Medaille geprägt. 
Gottfried Sißfer. 
Nach mehrwöchigem Leiden starb am 25. v. in 
Wien der als Kenner und Sammler von Kunstgegen 
ständen weit über Oesterreich hinaus bekannte Herr 
Gottfried E i ß 1 e r itn 63. Lebensjahre. 
Gottfried Eißler, der bei Wickhoff und Dworak eine 
gründliche Ausbildung in der Kunstgeschichte genossen 
hatte, war ein Bruder des Dr. Hermann Eißler, mit 
dem er den Sinn für alles Schöne und eine un 
bändige Sammellust teilte. 
Die beiden Qrüder, die nebeneinander und mit 
einander sammelten, schufen denn auch im Laufe eines 
Menschenalters eine Sammlung, die zu den Sehens 
würdigkeiten Wiens zählt und auch von Kunstlieb 
habern aus aller Herren Ländern besucht wird. 
Die Sammlung Eißler ist von einer außerordent 
lichen Vielseitigkeit. Neben Gemälden moderner und 
alter Meister sind da hervorragende Werke der Plastik, 
Glasmalereien, Altwiener-Porzellan, Holzschnitte, Kupfer-
	        
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