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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 6
(Anton C r e u t z e r.) Am 5. März feierte in voller Rüstig
keit der Begründer des Kunstantiquariats und Kunstauktions
hauses Ant. Creutzer, vorm. M. Lempertz in Aachen, Herr Anton
Creutzer, seinen 80. Geburtstag. Herr Creutzer übernahm
1869 die Filiale des Antiquariats Lempertz in Bonn, die sich
durch seine Tatkraft zu einem der größten Häuser im Westen
entwickelte. Im Jahre 1908 zog er sich ins Privatleben zurück.
(Tod bekannter Sammler.) ln Wien starb vor
einigen Tagen die als Sammlerin bekannte Baronin Elisabeth
E x t e r d e. Baronin Exterde sammelte Miniaturen hauptsächlich
von Wiener Künstlern, doch auch ältere französische, ferner
Holzschnitzereien, alte Silbergegenstände, Wiener Porzellan
(Gruppen) und andere Gegenstände der Kleinkunst. Auf der
„Internationalen Miniaturenausstellung“ in Wien im Jahre 1924
war die Verstorbene mit einem Knabenporträt von Lanze-
d e 11 i, sowie mit Miniaturen von Fr. M o y a, C. P h i 1 i p p o t.
Adolf T h e e r (Bildnis des Hofpredigers Sedlaczek) und Joseph
Zumsande vertreten.
(Johann Schöners Globuskarte von 152 3) mit
dem Schiffskurs der Magellanischen Weltumseglung von 1519—
1522 erscheint in einem Faksimiledruck (Größe 270 ; 570 Milli
meter) in Ludwig Rosenthals Antiquariat in München. Das
Original der Karte ist ein Unikum und wurde vor Jahrzehnten
durch die Firma ins Ausland verkauft. Für die Geschichte der
Entdeckungsreisen ist diese Globuskarte von größter Wichtigkeit.
Dieselbe Firma publizierte vor kurzem die Giovanni Verra-
zano-Globuskarte von 1530 in photographischer Nach
bildung und die Hans R ü s t’sche Weltkarte von etwa 1460,
die älteste gedruckte Weltkarte, in koloriertem Faksimiledruck
(Größe 40:282 cm). Beide Karten sind ebenfalls nur in einem
Exemplar bekannt.
(Politische Plakatkunst.) Die Hochschule für
Politik in Berlin hat in einem ihrer Hörsäle eine Ausstellung
von politischen Plakaten des letzten Reichstagswahlkampfes ver
anstaltet und legt zugleich eine Sammlung von Flugblättern,
Propagandazetteln und ähnlichen Dingen vor, die sie aus der
Papierflut des Parteienstreites aufgefischt hat.
(Die älteste Novelle.) Das British Museum besitzt
in seiner Handschriftensammlung das Manuskript einer j a pa
tt i sch e n N o v el 1 e aus dem Jahre 1004. Das Werk zählt
etwa eine halbe Million Worte und dürfte die älteste größere
Novelle der Weltgeschichte sein. Ein englischer Gelehrter
Artur W a 1 e y hat sich an die Arbeit gemacht, um das eigen
tümliche Werk zu übersetzen, aber die Uebersetzung macht
nur sehr langsame Fortschritte, da die Novelle in altjapanischer
Sprache geschrieben ist, die zum großen Teil sogar den Ge
lehrten der Jetztzeit viele Rätsel zu lösen aufgibt. Die Novelle
war seinerzeit von einer Frau namens Murasaski ge
schrieben und behandelt die Liebesgeschichte des Kaisersohnes
Genji,
MUSEEN.
(Ein neues ungarisches Museum.) In Vesprim
in Ungarn ist ein neues Museum errichtet worden, in dessen
Vorhalle das berühmte Mosaik von Balaca eingebaut wurde. Im
selben Raum sind die schön gearbeiteten Steine aus der Kathe
drale des hl. Stefan aufgestellt. Ein Saal bringt die Geologie
des Bakonyer Gebietes zur Anschauung. Die zoologische Samm
lung enthält Knochen von Bakonyer Urtieren. Dann folgen
andere urzeitliche Funde, wie auch solche aus der römischen
Zeit und aus der Zeit der Völkerwanderung, Besondere Erwäh
nung verdienen die kleinen römischen Bronzestatuetten der
Sammlung und unter diesen wieder eine Apollostatuette. Eine
weitere Abteilung enthält Keramik von den ältesten Zelten bis
heute. Bemerkenswert ist auch die ethnographische Sammlung.
Die Kunstsammlung enthält ein Werk Munkacsys nebst Ge
mälden anderer ungarischer Maler, ferner kunstgewerbliche Ob
jekte, ungarische Porzellane usw.
(Die Berliner Nationalgalerie) erwarb von
Rudolf B e 11 i n g, dem Berliner Bildhauer, sein Bildwerk „Drei
klang“. Der Künstler hat die Arbeit für das Museum in Maha
goni ausgeführt.
(Ei n Isabelle Kaiser-Museum.) Isabelle Kaiser
hat in ihrem Testament ihre hinterlassenen Bilder für ein in
Beckenried oder eventuell in Zug zu gründendes Isabelle
Kaiser-Museum bestimmt.
(Kunsterwerbung der Stadt Halle.) Die Stadt
Halle an der Saale hat jetzt eine größere Sammlung neuerer
Bilder im ganzen erworben. Es sind 24 Werke, darunter allein
sieben Bilder von E. L. Kirchner, dann Arbeiten von Erich
Heckei, Oskar Kokoschka, Franz Marc, Emil Nolde, Pablo
Picasso, Karl Schmidt-Rottluff u. a.
VOM KUNSTMARKT.
(Eine neue Schidlof-Auktion.) Vom 31. März bis
3. April findet im Kunstauktionshaus Leo Schidlof in Wien
eine Kunstversteigerung statt, die eine Fülle interessanten Ma
terials bringt. Die beiden ersten Tage der Auktion sind kunst
gewerblichen Gegenständen gewidmet. Es kommen Vitrinen
objekte, insbesondere Dosen, eine 120 Nummern umfassende
Glassammiung, darunter zwei Miidnergläser, ein Dutzend Koth-
gassergläser, größtenteils aus dem Besitze des Künstlers stam
mend, geschnittene Pokale des 18. und 19, Jahrhunderts, Gold
rubingläser, Doppelgläser etc. unter den Hammer. Die Por
zellan- Abteilung enthält vorwiegend Arbeiten der Wiener
Manufaktur, besonders der Sorgenthal-Periode, viele mit Bildern
und Golddekor, ferner Services, Gruppen und Einzelfiguren. Auch
ein paar hübsche Sevres-Vasen sind da, weiters Silbergeräte,
Uhren, Möbel u. a.
Am dritten Tage gelangen orientalische Teppiche,
sowie Gemälde des 17.—19. Jahrhunderts zur Versteigerung.
Unter den letzteren befindet sich die erste Fassung eines be
rühmten Hauptwerkes von Pettenkofen, „Die ungarischen
Freiwilligen“. Die zweite Fassung, in Ocl ausgeführt — die erste
ist ein Aquarell — wurde 1879 von Cornelius Vanderbilt um
50.000 Francs erstanden und ist seit 1902 als Leihgabe im Me-
tropolitain-Museum in New-York ausgestellt. Des weiteren be
gegnen wir unter den Gemälden Damenporträts von Wald
müller, einem polnischen Juden von Isidor Kaufmann, einem
Genrebild von A. Duck, Landschaften von Wynants u. a.
Der vierte Tag gehört den Miniaturen. Wir finden da
Namen und vorzügliche Qualitäten sowohl der Wiener Schule
als auch der internationalen Miniaturenmalerei, so Aubusson,
Cosway, Engleheart, Isabey, Laurent, Millet, Plimer, Robertson,
Smart (ein prachtvolles Kinderbildnis) und den Nachlaß des
Malers Friedrich Johann Gottlieb Lieder.
Gleichzeitig mit diesen Miniaturen kommt die Miniaturen
sammlung des Kommerzienrates Oskar Löwit (Wien) zur Auf
lösung, deren vorzügliche Stücke durch die vorjährige Minia-
turensamnilung in weitesten Kreisen bekannt geworden sind.
Wir erinnern an das brillante Herrenbildnis von Lawrence,
an den herrlichen Smart, an die drei Plimer, an die Werke
von Daffinger, Füger, Hall, Le Gros, Heinsius, Rochard,
um nur die wichtigsten zu nennen. Im Anschluß daran werden
einige im Buchhandel vergriffene Werke über Miniaturmalerei
von Leisching, Lemberger, Schidlof u. a. versteigert.
Besichtigung der Ausstellung vom 22. bis 30. März, die
Miniaturensammlung Löwit kann bis einschließlich 2, April in
Augenschein genommen werden.
(Drei Wiener Sammlungen unter dem Hammer.)
Albert Ken de in Wien versteigert am 30. März drei Wiener
Sammlungen, welche Jahrzehnte währende, unendlich verständ
nisvolle Sammeltätigkeit ins Leben rief. Dem von Frau Alexan-
drine Ken de verfaßten Vorworte zum reichillustrierten Katalog
entnehmen wir folgende Daten: Eine Anzahl von Edelschöpfungen
niederländischer Landschaftskunst wäre in erster Reihe zu nennen.
Allüberall, ob in Haarlem, Utrecht, Leyden oder Amsterdam,
spürte man den Geheimnissen der Landschaft nach, wollte man
ihre wechselnden Stimmungen erjagen, wollte man die Probleme
von Luft, Licht und Schatten richtig erfassen. Die stark von
Hobbema beeinflußte Landschaft von Jan Hackaert bedeutet
wohl einen Höhepunkt dieses Strebens, daneben ein Goyen,
dessen Nebelton fein von Sonne durchleuchtet ist. Nicht minder
bemerkenswert ist ein düsterer, an van der Neer gemahnender
Rombouts, weiters eine Viehweide von Du Jardin und zwei
Werke des Haarlemers Jan Wouverman mit impressionistischen
Licht- und Farbenwirkungen. Gleichfalls aus Haarlem, dem
Herzen Hollands, entstammt Guilom Dubois, mit einer in Gold-
Braun gehaltenen Helldunkellandschaft, ähnliches Clair-Obscur
bei seinen Landsleuten Roelant de Vries und Cornelis Decker.
Von dem Utrechter Claude de Jongh sehen wir eine in grau
blauen Tönen gehaltene, höchst eigenartige Stimmungslandschaft.
Die niederländischen Sittenmaler sind durch David Teniers
dem Jüngern, einem Genrebild voll Humor und Feinheit der
Farbengebung, besonders gut vertreten, ferner durch den
frisch-fröhlichen Dou-Schüler Slin gelandt den Brouwer-Schüler
Craesbek u, a.
Die niederländische Porträtmalerei, welche in der Wieder
gabe des menschlichen Antlitzes gleiche Vollendung erreichte
wie in der Landschaft, findet sich in einigen besonderen Meister
schöpfungen. Voll höchster Kraft des Ausdruckes das Männer
porträt von Verspronck. Weicher in der Modellierung das
Jünglingsbild von Anthonie Palamedes. Kenner früher Malerei
werden sich mit dem spanischen Altar um 1500 beschäftigen,
der sich einst in der Sammlung Erzherzog Franz Ferdinand be
fand, bestehend aus drei länglichen und zwei querlaufenden
Tafeln. Nach Untersuchung von Fachgelehrten haben wir es
mit einem Retablo der kastilischen Schule zu tun. Aus einer
etwas späteren Zeit ist der doppelseitig bemalte Altarflügel der
sogenannten Donauschule, die in ihren Stilelementen mit der
süddeutschen und alpenländischen Schule enge verbunden war,