MAK
Seite 158 
Internationale Sammler-Zeitung 
Nr. 20 
Diese Versteigerung ist für zwei Tage (18. und 
19. November) festgesetzt. Der Besichtigung sind 
die Objekte vom 11. November an zugänglich. 
Schließlich bereitet das Kunstauktionshaus Leo 
Schidlof noch eine dreitägige Auktion von Gemäl 
den und Kunstgegenständen vor, welche für 
den 9., 10. und 11. Dezember in Aussicht genom 
men ist. 
Es wird noch Gelegenheit sein, auf diese Auktion 
zurückzukommen. 
c Die SKünstferfamitie Stoßt. 
Die Galerie F r o m m e in Wien erscheint nun 
zum drittenmal auf dem Kunstmarkt. Der junge In 
haber dieser Galerie, Herr Hermann F r o m m e, der 
von dem schönen Ehrgeiz erfüllt ist, seinen Versteige 
rungen internationalen Ruf zu verschaffen, bringt am 
5. November eine erlesene Auswahl aus dem künstle 
rischen Nachlaß Michael S t o h 1 s, dessen treue 
Hüterin seine Enkelin bisher war. Das Vorwort hat 
Dr. Leo Grünstein verfaßt, der mit gewohnter 
Gründlichkeit ein Bild der angesehenen Künstlerfamilie 
Stohl gibt. Er geht dabei weit über Wurzbach hin 
aus, den er in vielen Punkten erweitert, in anderen 
berichtigt. Beste Vorarbeit für das große Künstler- 
lexikon, das Grünstein schon so manchen wertvollen 
Beitrag dankt. 
Dr. Grünstein wertet mit Recht als den bedeu 
tendsten Repräsentanten der Familie Stohl den 1813 
in Wien geborenen und 1881 daselbst verstorbenen 
Michael Stohl, der lange als Hofmaler in St. 
Petersburg lebte und mehr als 800 Aquarellkopien 
nach bedeutenden Gemälden alter Meister ausführte, 
deren Originale er in den Galerien von Wien, Dresden, 
Cassel, Madrid, Sevilla, London und Petersburg stu 
diert hatte. Ueber die zur Versteigerung bei Fromme 
gelangenden Arbeiten Michael Stohls schreibt Grün 
stein: „Das reichhaltige Versteigerungsmaterial seines 
Nachlasses bringt uns Michael Stohl vor allem als 
Bildnismaler näher. Wir finden hier zumeist 
Einzelbildnisse oder Porträts seines engeren Freun 
deskreises. Sie weisen vielfach, dem Datum ihrer 
Entstehung entsprechend, die untrüglichen Merkmale 
des Zeitcharakters und der zeit üblichen Darstellungs 
mittel auf. Zunächst ist es die Malkunst eines Daf 
finger, welcher Stohl mit bemerkenswerter Einfüh 
lung nachstrebt. Wir sehen dies etwa in dem feinen 
Miniaturbildnis seines Vaters, in dem flotten, zum 
Teil noch skizzenhaft angelegten Doppelporträt seiner 
Eltern, ferner in dem Selbstbildnis des Malers, das 
getreulich einer Originalminiatur Daffingers nach 
gebildet wurde, wie auch in dem als Gegenstück ge 
dachten und duftig hingesetzten Miniaturkonterfei 
seiner Gattin und nicht zuletzt in den kleinen und 
reizvollen Bildnisstudien, welche die Züge seines viel 
geliebten Töchterchens Ida zeigen. Die miniaturisti- 
sche Malkultur der Zeit gab überdies auch den Bild 
nissen, die Stohl von Amilcare Daveno, vom Grafen 
Waldstein und noch etwa von dem eindringlich 
charakterisierten Bauernkopf des Tiroler Freiheits 
kämpfers Pater Haspinger angefertigt hatte, ihr spe 
zifisches Gepräge. 
Von den berühmten Kopien M. Stohls legen 
einige Nachbildungen bekannter Originalgemälde von 
Raphael, Fra Bartholomeo und insbesondere von 
Tiepolo ein beredtes Zeugnis ab. Unter den Aqua 
rell a n d s c h a f t e n mit reichem Prospekt und 
Veduteninhalt, die Stohl von seinen häufigen Studien 
reisen heimgebracht, .wären hier noch einige Blätter 
anzuführen, die sich durch Leichtigkeit des Ent 
wurfes und eine hübsch abgestufte Farbigkeit aus 
zeichnen. Wir meinen den „Blick auf Rom mit der 
Engelsburg“, eine „Ruine in Pompeji“ oder die „Land 
schaft mit dem Ausblick auf den Watzmann, Göll und 
Untersberg“, welch letztere trotz ihrer nur leichten 
Untermalung, eine recht hübsche und abgeschlossene 
Bildwirkung übt. 
Neben Michael Stohl tritt uns in der vorliegenden 
Sammlung auch sein älterer Bruder Franz entgegen 
(1799 1882). Kein Berufsmaler und doch eine künst 
lerische Persönlichkeit von außerordentlicher Spann 
kraft, nützte er seine unzweifelhafte Befähigung für 
die Bildniskunst nur in den Mußestunden aus, die sein 
Beamtenstand ihm übrig ließ. Seine Eignung zur 
Bildnismalerei erweisen schon die beiden Porträt 
zeichnungen, die sich von ihm im Nachlasse Michael 
Stohls vorgefunden haben. Das leicht und sicher hin 
geworfene Selbstbildnis en miniature, das ihn als 
einen jungen, vornehmen und eleganten Herrn dar 
stellt und das fast hauchartig durchgeführte und fein 
charakterisierte Porträt seiner ersten Gattin, 
Katharina geb. Lenz, ln der überaus feinen Kopie, 
welche von Franz Stohl nach dem „Wunderlichen 
Heiligen“ von S c h w i n d in aquarellierter Feder 
zeichnung angefertigt wurde, sehen wir wohl eine 
jener interessanten künstlerischen Aeußerungen, die 
der innige Freundschaftsbund der Beiden zu wieder- 
holtenmalen angeregt und gefördert haben mag. Mit 
welch liebevollem Verständnis und mit welch kunst 
technischer Reife Franz Stohl sich in die künstlerische 
Handschrift einer wesentlich verschiedenen Maler 
persönlichkeit zu vertiefen wußte, bemerken wir auch 
noch an einer aquarellierten Zeichnung nach Law 
rence, einem Bildnis des Fürsten Schwarzenberg. 
Der Nachlaß Michaels Stohls verweist ferner noch 
auf ein drittes Mitglied der Künstlerfamilie, auf 
Heinrich Stohl (1826—1889). Es sind zumeist 
frisch und flott gezeichnete Familienporträts, welche 
u. a. seinen Onkel Michael, dessen Gattin, und die oft 
gemalte Cousine Ida (die später die Frau seines 
Bruders Lukas wurde), ferner den 17jährigen Lukas 
selbst, der in freier Natur sitzend, mit jugendlichem 
Eifer die zusammengetragenen Pflanzen ordnet und 
auch noch als besonders charakteristische Leistung, 
die lebensklug herben Züge seiner Stiefmutter Elisa 
beth zur Darstellung brjngen. Einige Architekturland 
landschaften aus der Heimat und aus dem wohl 
vertrautem Süden, wie etwa der reichstaffierte 
Kirchenplatz in Verona, vermögen freilich nur eine 
ganz beiläufige Vorstellung von den seinerzeit viel 
gerühmten Architektur- und Interieurbildern des 
Künstlers zu geben. Einen anregenden Blick in seine 
„Werkstatt“ gewährt uns noch eine bunte Folge von 
Blumenstudien, die in einem umfangreichen Skizzen 
buch vorliegen. 
Der Nachlaß Michaels Stohls enthält zuletzt noch 
eine Anzahl von Kunstwerken, die vielfach von be 
freundeter Hand dem Malerkollegen gewidmet wur 
den. Wir heben hier vor allem einige Bildnisse hervor, 
die Michael Stohl selbst darstellen und von namhaften 
Zunftgenossen herrühren. Ein Miniaturaquarell von 
Daffinger gibt die empfindsam weichen und 
traumhaft versponnenen Züge des 23jähr igen Künstlers 
mit seltener Anmut wieder. Die reifere und zugleich
	        
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