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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 12
Geld entblößt habe“, 840 Mark. Ein dreiviertel Seiten um- (Boccaccio und die amerikanischen Z o 11 -
fassendes Manuskript Schuberts (Lied von Körner „Das beamten.) Auf Anweisung der Washingtoner Behörden
war ich“, für Singstimme und Pianoforte gesetzt) ergab 1000 haben die Zollagentcn New-Yorks die Einfuhr von fünfhun-
Mark. Das 56 Seiten enthaltende Musikmanuskript „Aus der dert Exemplaren einer ungekürzten englischen Ausgabe von
Fremde“, das Mendelssohn zur silbernen Hochzeit seiner „Tausendundeiner Nacht“ sowie von siebenhundert Exempla-
Eltern komponiert hatte, wurde von 2500 auf 5000 Mark ren von Boccaccios „Dekameron", die an New-Yorker
liinaufgetrieben. Das Manuskript desselben Meisters „Duetten Buchhändler adressiert waren, mit Berufung auf den „Obszö-
fiir zwei Sopranstimmen von F. M. B.“ errang 1000 Mark. nitätspäragraphen“ des Zolltarifgesetzes aufgehalten. Die
1 '/> Seiten eines „Liedes ohne Worte“ wurden mit 750 Mark Adressaten appellieren zurzeit bei den höheren Instanzen, um
bezahlt. Für das Manuskript von Richard Wagners Ouver- die moralischen Bedenken des Zollamts zu überwinden,
tiire zu „König Enzio“ (83 Zeilen, sehr zierlich und doch
deutlich geschrieben), wurden 2400 Mark erlegt.
BIBLIOPHILIE.
(Fl amburger Bücherpreise.) Bei der Versteige
rung der Bibliothek Alfred Otto Crasemann durch die
Bücherstube Hans G ö t z in Hamburg wurden, wie uns
von dort geschrieben wird, sehr gute Preise erzielt. Bal
zacs Werke erreichten 260 Mark, M o r 1 i n i, Novellen, mit
sechs Bildern von Bayros, 85 Mark, Goethes „Iphigenie“
von der Doves-Preß 170 M. Von den von Dulac illustrierten
Büchern wurden der Hawthof ne mit 80, der Andersen
mit 75 M über Schätzung gesteigert. Die Fürstenausgabe des
Koran ging auf 120 M. Gut bezahlt wurden auch die Vor
kriegsausgaben des Georg-Müller-Verlages. Von Erstaus
gaben der deutschen Literatur brachten Brentanos ge
sammelte Schriften 270 M, „Gockel, Hinkel und Gackeleja“
185 M, die Märchen 45 M, die Goelheschen Schriften bei
Unger 285 M. Der „Faust“ von 1808 fand dagegen keinen
Abnehmer. Gutzkows erotischer Roman „Die Zweiflerin“
mit einem eigenhändigen Brief könnte 85 M erzielen. Der
erste Hoff m a n n mit sämtlichen Kupfern und Einband
zeichnungen in einem sehr schönen Exemplar erreichte den
Preis von 650 M, ein zweites Exemplar ohne die Nachlaßbände
185 M; Hölderlins seltene Uebertragung des Trauerspiels
des Sophokles ging auf 135 M, Kleists, Zerbrochener Krug
auf 150 M. Ti e c k s Minnelieder mit den Titelkupfern von
Ph. Otto Runge erzielten 100 M. Von den modernen Aus
gaben brachten Rilkes Larenopfer in einem schönen Maro
quinband 150 M, gegenüber 26M für das broschierteExemplar.
Die große 1001-Nacht-Ausgabe war dagegen mit 120 M recht
billig.
(Die größte Filmbibliothek der Welt.) Ob
wohl die Kinematographie erst auf ein Lebensalter von kaum
30 Jahren zurückblickt, hat die Literatur, die sich mit den
Fragen des Films befaßt, den Umfang einer erstaunlich gro
ßen Büchersammlung angenommen. Einer emsigen Sammler
tätigkeit, die sich auf einen Zeitraum von nahezu zwei Jahr
zehnten erstreckt, bedurfte es, um alles, was es an Film
literatur gibt, zusanunenzutragen und zu einer Bibliothek zu
vereinigen, die den Ruhm für sich in Anspruch nehmen darf,
die umfangreichste und vollständigste Filmbibliothek deT Welt
zu sein. Diese Bibliothek befindet sich in B e r 1 i n und wurde
jetzt der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Sie wurde von
dem Verleger der „Lichtbildbühne“, Karl W o 1 f f s o h n, er
richtet und umfaßt die stattliche Zahl von 1367 Bänden. Nach
dreizehn Gruppen geordnet, findet man in dieser Bibliothek
alle Fragen des Films und der Kinematographie vom volks
wirtschaftlichen, ästhetischen oder technischen Standpunkt
aus behandelt. Den wertvollsten Bestandteil dürften die 43
ungedruckten Dissertationen und Diplomarbeiten bilden, die
das Thema „Film“ behandeln. Sie entstanden zum größten
Teil in dem dieser Fachbibliothek angegliederten Archiv, das
in ausgezeichneter Uebersicht angeordnet ist und über alle
aktuellen Fragen der Kinematographie Aufschluß gibt. Eine
Unterabteilung bildet das Fachzeitungsarchiv, in dem sich 172
verschiedene, regelmäßig erscheinende Fach- und Publikums-
Filmzeitungen und -Zeitschriften vorfinden. Sie kommen aus
aller Herfen Länder und sind in allen möglichen Sprachen ge
schrieben. Selbst japanische, hebräische, türkische und grie
chische Fachzeitschriften fehlen hier nicht. Das Filmphoto-
Archiv enthält ungefähr 20.000 Photos aus fast allen nam
haften deutschen und ausländischen Filmen.
(Von der „Eisernen Büchere i“.) Die sogenannte
„Eiserne Bücherei“ in London, die dem Britischen Museum
angegliedert ist und etwa 4 Millionen unersetzbare Bände um
faßt, ist in Gefahr. Sie droht mit ihrem ungeheuren Gewicht
von Tausenden von Tonnen, das jeden Monat durch einen
Bücherzuwachs von rund 30.000 Bänden vermehrt wird, das
Gebäude in die Tiefe zu drücken. Die Sachverständigen sind
der Auffassung, daß die ganze Struktur des Gebäudes unter
den gegebenen Umständen einer dringenden Renovierung
bedarf. Der hierfür erfoderliche Kostenaufwand wird min
destens 25 Millionen Franken betragen.
HANDSCHRIFTEN.
(Das A n h a 11 e r E v a n g e 1 i ü m.) Das aus dem
zehnten Jahrhundert stammende deutsche Pergament
manuskript, das unter dem Namen „Das Anhalte r E v a n-
gelium“ bekannt ist, wurde für 9000 Pfund an einen
Amerikaner verkauft. Das kostbare Manuskript war fast 400
Jahre im Besitze der Herzoge von Anhalt-Dessau.
(Eine Pergamenthandschrift von Rudolf
von Ems.) Die Buchhandlung Karl W. Hiersemann,
Leipzig, hat eine reich illustrierte Pergamenthandschrift
der Weltchronik des Rudolf von E m s erworben, eine um die
Mitte des 13 Jahrhunderts entstandene, von ihrem Bearbeiter
Fieinrich von München bis in die Zeit Karls des Großen fort
geführte-Dichtung. Angesichts der außerordentlichen Selten
heit deutscher Bilderhandschriften profanen Charakters
dürfte das Erscheinen des dem Ende des 14. Jahrhunderts an
gehörenden Kodex auf dem Büchermarkt Aufsehen erregen.
(Neue Tolstoi-Handschriften.) Eine Anzah'
bisher unbekannter Tolstoi-Manuskripte ist vom russischen
Staatsverlag erworben worden u.nd soll in der großen Tolstoi-
Ausgabe veröffentlicht werden. Die neuen Handschriften ent
halten außer einer Anzahl von Kindergedichten philosophische
und musikalische Arbeiten Tolstois, einzelne Fragmente von
Dichtungen, sowie Tagebücher aus den 50er Jahren. Zu den
bedeutendsten dieser neugefundenen Arbeiten gehört eine
Komödie „Die angesteckte Familie“ und die Uebersetzung der
„Sentimentalen Reise“ von Sterne. Sehr interessant sind
auch die „Reisenotizen aus der Schweiz“.
NUMISMATIK.
(Münzversteigerun g.) Adolph Heß in Frank
furt a. M. versteigert am 21. Juni Münzen und Medaillen
neuerer Taler, Reichsmünzen, darunter eine Reihe hervor
ragender Seltenheiten.
PHILATELIE.
(Neuheiten.) Griechenland: 1—10 Lepta Frau
in der Tracht des Dodekannes, 5, 50 und 80 L Isthmus von
Korinth, 20 L Frau in mazedonischer Tracht, 25 L Turm von
Saloniki, 1 und 10 Drachmen Theseustempel, 2 und 25 Drach
men die Akropolis, 3 Drachmen der Panzerkreuzer Averoff,
5 und 15 Drachmen die Akademie.
VERSCHIEDENES.
(Tod bekannter Sa rn m 1 e r.) ln Hove starb die
ser Tage der Teilhaber der Firma E. D. Sassoon & Co.
Flerr Markus David E z e k i e 1. Der Verstorbene war ein
hervorragender Sammler von chinesischem Porzellan, auf wel
chem Gebiete er als Autorität anerkannt war. Das vor nicht
langer Zeit errichtete Museum in Hove besitzt eine Anzahl
von Geschenken Ezekiels von äußerst wertvollen Porzellan-
und Silbergegenständen. Auch seine Sammlung von allitalie
nischen und flämischen Gemälden und Zeitungen ist berühmt
geworden. Besonderes Interesse widmete Ezekiel der jüdi
schen und biblischen Geschichte, über welche seine überaus
reichhaltige kunsthistorische und jüdisch-historische Biblio
thek sehr viele Seltenheiten aufweist.
(Hermann von Bru ining k f.) ln Riga Start»,
77 Jahre alt, der Archivar H. v. B r u i n i n g k, der jedem
bekannt ist, der sich mit der Geschichte der Ostseeprovinzen
beschäftigt hat. Er hat große Verdienste um das Baltische
Ritterschaftsarchiv, insbesondere aber ließ er sich die Pflege
des aus der schwedischen Großmachtszeit herrührenden
Schwedischen GeneralgouverneirientsarchiVs angelegen sein,
das er 1919 während der roten Gewaltherrschaft in Riga durch