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Nr. 13
Internationale Sammler-Zeitun
g
tragen auf dem Haupte je eine römische Stunden
zahl, so daß sie von 5 zu 5 Minuten sich vorwärts
bewegend die ablaufende Stunde und oberhalb des
Kopfes die verflossenen durch 5 teilbaren Minuten
angeben. Ist eine der Figuren bei 60 angelangt, sieht
man bei Null bereits die nächste Figur auftauchen.
Die Viertelstunden werden im Zweiklang auf zwei
Rohrstäbe geschlagen, zur Stunde ertönen nach den
Vierteln die Stundenschläge auf einem chinesischen
Gong. Gleich darauf setzt das Orgelwerk ein, welches
aber auch bei Bedarf durch,, eine Klaviatur mit der
Hand gespielt werden kann. Jeder Figur ist eine be
stimmte Melodie zugcteilt. Da einige der Melodien
nicht mehr zeitgemäß erschienen, wurden sie in letzter
Zeit durch andere ersetzt.
Die Reihenfolge der, historische Persönlichkeiten
darstellenden Figuren und der Choräle ist folgende:
Stunde 1. Kaiser Mark Aurelius, erster Wiener
Schriftsteller und Philosoph, f zu Wien 180 n. Chr.
Melodie: Die Pythische Siegesode des Pindar, 473
v. Chr.
Stunde 2. Kaiser Karl der Große, f 814, Gründer
der St. Peterskirche in Wien. Melodie: Das Hilde -
brandlied um 800 n. Chr.
Stunde 3. Kaiser Leopold der Sechste, f 1230 und
Theodora, Prinzessin von Byzanz. Melodie: Das Ni
belungenlied 1200 n. Chr.
Stunde 4. Walter von der Vogelweide, f 1230.
Melodie: Das Kreuzfahrerlied.
Stunde 5. Rudolf v. Habsburg und Gemahlin,
f 1291. Melodie: Lied des Minnesängers „Unverzagt“
auf Kg. Rudolf v. Habsburg, um 1280.
Stunde 6. Meister Puchsbaum, f 1454. Dombau-
mcister von St. Stephan. Melodie: Es liegt ein Schloß
in Oesterreich; 15. Jahrhundert.
Stunde 7. K. Maximilian der Erste, f 1519. Mel.:
Innsbruck, ich muß dich lassen; um 1500.
Stunde 8. Bürgermeister Andr. v. Liebenberg,
f 1683. Melodie: O du lieber Augustin, Volkslied aus
dem 17. Jahrhundert.
Stunde 9. Graf Ernst Rüdiger v. Starhemberg,
Verteidiger von Wien, f 1701. Melodie: Kriegslied,
17. Jahrhundert.
Stunde 10. Prinz Eugen v. Savoyen, Feldherr,
f 1736. Melodie: Menuett von Joh. Jos. Fuchs.
Stunde 11. Kaiserin Maria Theresia, f 1780 und
Franz I. von Lothr. Mel.: Menuett von W. A. Mozart
1780.
Stunde 12. Josef Haydn, großer Komponist,
geb. 1732, f 1809. Melodie: Choral aus der Schöpfung.
Bei festlichen Gelegenheiten kann man die zwölf
Figuren, begleitet von einem entsprechenden Choral,
innerhalb 18 Minuten vorbeidefilieren lassen. Im Vor
beiziehen heben sich die Gestalten von der großen
Mosaikrückwand sehr schön ab; diese Wand ist aus
Glas, Metall und Marmor, 16 Quadratmeter groß und
mit verschiedenen, sinnigemäßen Wappenschildern
geschmückt.
Der Boden der Uhrbrücke, den wir unter ihr
stehend betrachten, besitzt in Reliefarbeit 4 Sphinxe,
um den Himmelsglobus mit den Tierkreiszeichen, ge
lagert. Nach dem Passieren der Uhrbrücke sehen wir
der Fischhofgasse zugekehrt, die Gegenseite der Uhr.
Dieselbe hat hier ein großes, mit arabischen
Ziffern versehenes, Nachts transparentes, Zifferblatt.
Statt der Säulen bilden Kindergestalten die Träger;
oberhalb der Uhr befindet sich in großen Lettern
die Inschrift „Der Anker“ mit einem vergoldeten
Anker als Bekrönung. Zu beiden Seiten des Ober
baues, stolz aufgerichtet zwei scharf ausblickendc
Falken.
Durch eine schmale Seitentür gelangt man vom
Direktionszimmer aus direkt in die, den Brücken-
innenraum ausfüllende Uhrenkammer, welche durch
eine große Glaswand in zwei Hälften geteilt er
scheint. Gegen den Hohen Markt zu befindet sich das
Figurenwerk mit den Kasten für den Figurenmotor,
Figurenschalter, und Orgelmotor in der Mitte der
Bahn. Durch eines der im äußeren Gange, an der
Schmalseite im Hintergründe befindlichen, elektri
schen Uhrwerke wird alle 5 Minuten ein Kontakt her
gestellt, durch welchen die hier wuchtig anzusehenden
Figuren, die in starkem Kupferblech getrieben und be
malt sind, auf in Schienen rollenden Rädern weiter
bewegt werden. Eine mächtige Kette übermittelt die
Fortbewegung in einer großen elliptischen Bahn. Zur
Stunde wird vom Uhrwerk durch einen Kontakt das
im oberen Mittelteil der Brücke gelegene Schlagwerk
ausgelöst, worauf, wie bereits erwähnt, das Orgel
werk zu spielen beginnt.
In der zweiten Hälfte des Brückenraumes, von
welchen man durch zwei in der Glaswand angebrachte
Türen in den Figürenraum gelangt, befindet sich ein
kleiner, Pianino ähnlicher Kasten mit der Tastatur für
die Orgel und den Lagern, in welche die gelochten
Rollen des zu spielenden Stückes eingeschoben werden.
ln der Mitte, dem Fischhof zugewendet, ist in
einer kastenartigen Verschalung das ebenfalls elek
trisch betriebene Räderuhrwerk für die große Uhr mit
normalem Zifferblatt eingebaut, das Nachts durch
starke Glühlampen transparent erleuchtet erscheint.
Von dieser Uhrenkammer führt eine schmale
Leiter in den aufgebauten mittleren Oberteil, welcher
links zwei Rohrstäbe für die Viertel-, und den chine
sischen Gong für die Stundenschläge enthält und in
dem sich rechts das aus mehr als 1000 Pfeifen be
stehende Flötenwerk der Orgel erhebt.
Die dem Hohen Markt zugekehrte Uhr mit der
Figurenparade kann bei verschiedenen Anlässen
nachts durch 12 Kugelscheinwerfer beleuchtet werden,
ein ungemein effektvoller Anblick.
Wien ist durch diese Uhr, die einer privaten
Initiative ihre Erbauung verdankt, um eine Sehens
würdigkeit reicher geworden.
T)ie Auktion Zoußafow.
Man schreibt uns aus Paris:
Die Versteigerung der Sammlung Jakob Zou-
b a 1 o w ist als eines der großen Kunstereignisse der
Saison angekündigt worden und hat auch den Ruf
gerechtfertigt, der ihr vorangegangen ist. Man er
zielte in der Galerie Georges Petit ganz unge
wöhnlich hohe Preise, um einzelne Nummern ent
brannte ein förmlicher Wettkampf.
Zoubalow ist ein Sammler, der sich gegen die
französischen Museen sehr munificent erwies. So
schenkte er seinerzeit dem Louvre eine Serie der
Skulpturen von der Hand B a r y e s. Die Verwaltung
des Louvre wünschte noch manches andere Stück aus
der Kollektion Zoubalow in ihre Bestände hinüber
wandern zu sehen und hoffte insbesondere eine Mar
morskulptur von Aristide M a i 11 v e u 1, die unter
dem Titel „Jeunesse“ bekannt ist, bei der Auktion er
werben zu können. Aber knapp vor dem Beginn der
Versteigerung wurde bekannt, daß der Eigentümer
das Stück dem Staat geschenkt hatte. Der Louvre