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International 
Fig. 2. Dan m i e r, Karikatur auf Karl X. 
welches ohne Gleichen dasteht, — die bürgerliche und 
politische Karikatur. Von ihr ist die Anschauung aller 
Kulturländer bestimmend beeinflußt worden und es 
ist bei fast allen gleichzeitig schaffenden Künstlern an 
derer Länder die Beeinflussung, welche sie durch 
die französischen Humoristen erfahren, so stark 
nachweisbar, daß z. B. die Kunst Dörbecks und 
Hosemanns, um nur zwei populäre Berliner 
Künstler anzuführen, ohne ihre großen Vorbilder 
Henri Monnier und Gavarni nicht denkbar wäre. 
Das Werk Honore Daumiers, gigantisch in sei 
nem Ausmaße, sowohl in künstlerischer Vollendung, 
als in Bezug auf die Zahl seiner Schöpfungen, ist 
heute Gemeingut der gebildeten Kreise geworden, 
jedes Blatt köstlich und unerreichbar an Ausdrucks 
fähigkeit und Verve. 
Eine Sammlung soll nun ihrer Auflösung ent 
gegengeführt werden, wie sie einst nur fürstliches 
Mäzenatentum oder staatliche Mittel, wie sie nur 
angespanntes Interesse für die Schilderung bürger 
licher und politischer Zeitströmungen ohneBegren- 
zung der anzuwendenden Mittel, aufbauen konnte. 
Und auch dann nur, wenn alle Erscheinungen im 
Augenblick ihrer Publikationen erfaßt, bevor eine 
konträre Zeitströmung interessante künstlerische 
Dokumente der Vernichtung zugeführt hatte. Was 
aber der lieberfülle des hier angesammelten Materials 
seine besondere Bedeutung verleiht, ist seine außer 
gewöhnlich gute Beschaffenheit und sein gepflegter 
Fig. 4. D a u nj i e r, Stutzer. 
S a m m 1 e r - Z e i t u n g Nr. 4 
Zustand. Mit ganz geringen Ausnahmen finden wir 
komplette Folgen in den Einbänden der Zeit und mit 
zum Teil illustrierten Originalumschlägen vorgebun 
den, in altem Kolorit und oft mit erklärendem Text, 
wie sie der Sammler von heute spärlich findet, wie sie 
der Kunstmarkt kaum kennt. 
Unter der Fülle von Künstlernamen begegnen 
uns zuerst die Schilderer des bürgerlichen Lebens, 
Victor A d a m, Me nut -Alophe, A n d r i e u x, 
B a u g nict und Leopold B o i 1 1 y, dessen berühmte 
„Grimaces“ noch heute unverminderte Wirkung er 
zielen; der nur in wenigen Sammlungen vertretene 
interessante Auguste Bouquet erscheint mit beachtens 
werten Arbeiten. 
Nun folgen die großen Namen, welche der 
„Caricature“, dem herrschenden politisch-satirischen 
Wochenblatt, seine einflußreiche Geltung und Welt 
ruhm erobert haben. Sie, die das Spießertum, die Ge 
sellschaft und den Snob, den Arbeiter, wie die Welt 
des freien Genießcns und die Männer der hohen 
Politik mit sicherem in Witz und Satire getauchten 
Stift festgehalten: J. Bou ch o t mit seiner „Ecole des 
voyageurs“, „Portes et fenetres“, „Ce que parier veut 
dire“, B o u r d e t mit seinen libertins, Fores t, der 
Uebersetzer Grandville’s, P h i 1 i p o n, der Heraus- 
Fig. 3. D a u m i e r, Zwei Richter und Louis Philipp 
schieben einen mit Akten beladenen Wagen. 
geber der Caricature, Vater alles Uebels, mit „Portes 
et fenbtres“, „Les atnours des differents quartiers de 
Paris“, P i g a 1 mit den „Scenes de Societe“ und 
„Moeurs parisiens“, P 1 a t i e r, P 1 a 11 e 1, Pruche 
mit meisterhaften, sicher wirkenden Folgen. 
Travies zeigt seine philosophierenden Trun 
kenbolde und Johann Gabriel Scheffer singt in 
wundervollen Suiten in der „Grisetiana“ das Lied von 
der kleinen Pariser Arbeiterin, von der graziösem 
Libertine und enthüllt in „Ce qu’on dit et ce qu’on 
pense“ subtilste innere Vorgänge. 
All diese Namen eröffnen nur den Reigeii, denn 
nun tritt Daumie r, der Gewaltige, auf den Plan mit 
einer berückenden Zahl von wunderbaren Einzelblät 
tern, darunter die seltenen frühesten Jugendarbeiten 
und Folgen. Caricature“ von 1831—1834 bietet seine 
äußerst selten gewordenen Schilderungen aus dem 
Parlament, graphische Meisterwerke. Es folgen die 
wuchtigen Porträts französischer Minister und Po 
litiker die „Types parisiens“ und „Tvpes frangais“, das 
prachtvolle kolorierte Exemplar des„Robert-Macaire“ 
und anderes mehr, alles Kostbarkeiten von seltener 
Schönheit des Zustandes, die vor uns ausgebreitet 
liegen.
	        
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