Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 9
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bildnissen eine ansehnliche Probe seines Könnens ab.
Aus der großen Zeit der englischen Bildnismalerei
wirbt ferner Eng leheart, der hervorragende
Rivale Cosways, um unsere Aufmerksamkeit. Aus der
Empirezeit sind ein Männerbildnis von H a y t e r und
aus den Tagen eines bereits anbrechenden Roman
tizismus ein realistisches Htiftbild der Herzogin von
Portland von Emma K e n d r i c k bemerkenswert. Als
der letzte namhafte Vertreter englischer Miniatur
kunst wäre noch Sir William Ross, der vielumwor
bene Hofmaler der viktorianischen Zeit, zu nennen,
von dem sich in der Sammlung zwei Damenbildnisse
befinden.
Geringer an Umfang, jedoch in qualitativer Hin
sicht nicht minder bedeutend, erscheint die Auslese
französischer Miniaturmalerei.
Ein weibliches Porträt von M i g n a r d weist
noch auf das höfische Repräsentationsbild der
Barockepoche hin und läßt in der etwas üppig gera
tenen Dame mit den großen dunklen Augen eine
Variante des von Mignard bevorzugten Frauentypus
der Maria Mancini, einer Nichte des Kardinals Maza-
rin, erkennen. Eine Pergamentminiatur aus dem
17. Jahrhundert gibt in treffsicherer Maltechnik die
Züge des Jean de Racine wieder. Ein Kunstwerk von
apartem Reiz bietet eine in Silber montierte, kaum
6V2 cm lange Dose, welche von Nicolas van Blaren-
b e r g h e mit sechs miniaturfeinen und fast nur mit
der Lupe sichtbaren Darstellungen geschmückt wurde,
die den seinerzeit als Sensation empfundenen ersten
Aufstieg des Luftballons der Brüder Montgolfier in
mehreren Szenen von graziöser Eindringlichkeit schil
dern und gleichzeitig auch die Porträts der beiden
Brüder zeigen. Dem Stilcharakter des Empire ent
sprechen: ein trefflich beobachtetes Damenbildnis von
Augustin, ein mit entschiedenem Realismus durch
geführtes Frauenporträt seines Rivalen D u c h e s n e,
und das mit Schwung und natürlichem Empfinden
hingemalte Porträt einer jungen turbangeschmückten
Dame, welches die Signatur des aus Frankreich stam
menden polnischen Hofmalers Bcchon trägt. Auf
eine ungenannte, jedoch sehr begabte Miniaturistin
aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts, möglicherweise
aus der Schule Augustins, geht ein Tableau mit einem
Gruppenporträt und sechs Einzelbildnissen zurück,
unter welch letzteren wir die Künstlerin selbst und
den engeren Kreis ihrer Verwandten oder Bekannten
vermuten dürfen. Aus der Spätzeit der französischen
Miniaturkunst heben wir noch ein Damenbildnis der
Amelie D’ a u b i g n y hervor.
Mayr, der auch die Altwiener Malerei großen
Formates mit in den Kreis seiner Sammeltätigkeit
einbezogen hatte — eine Versteigerung seiner Ge
mälde von Gauermann, Fendi, Danhauser, Waldmiil-
lcr, Pettenkofen u. a. erfolgte bereits ein Jahr nach
seinem Hinscheiden — ließ kaum eine Gelegenheit
vorbeiziehen, ohne die Bestände seiner stets bevor
zugten einheimischen Miniaturensammlung zu
mustern, bezw. zu vermehren. So erwarb er in einem
farbenkräftigen Bildnis von Meytens (Kaiser
Franz I.) ein charakteristisches Beispiel der österrei
chischen Spätrokokominiatur, ebenso reihte er mit
dem ausdrucksvollen, scharfprofilierten Brustbild des
Textdichters der Zauberflöte, Emanuel Schikaneder,
eine miniaturistische Kostbarkeit aus der Mozartzeit
seinem Kunstbesitze ein. Und dieses unbeirrbare Ver
ständnis für qualitative Kunst trieb ihn gleichzeitig
an, dem Auffinden der Porträtminiaturen eines
Füger besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Es
erübrigt sich heute auf die Qualität der einzelnen
Bildnisse des näheren hinzuweisen, wie etwa auf den
Kaiser Leopold, den schon Laban als die schönste
Miniatur Fügers bezeichnet hat, es bedarf auch keiner
neuerlichen stilistischen Bemühung, um seinem nicht
minder wirkungsvollen Gegenstück, dem höfisch
dekorativen Porträt des Kaiser Joseph, gerecht zu
werden. Wir wollen darum nur feststellen, daß die
Sammlung Mayr von Füger ein reizendes Kinderköpf
chen mit Puppe, den Sohn des Künstlers darstellend,
eine Porträtminiatur der Kaiserin Maria Karolina und
das prächtige, mehr zeichnerisch aufgebaute Konter
fei des Freiherrn v. Ertal, Kurfürsten von Mainz, ihr
Eigen nennt. Von den Künstlern der Fügerschen
Richtung, bezw. von denen, deren Anfänge im Zeichen
Fügers vor sich gingen, fehlt kaum ein Name von
Rang und Bedeutung. Noch in die Fügerzeit reicht
das interessante Oelbildnis des Fürsten Paul Eszter-
häzy hinein, das von dem sowohl als Schauspieler und
als Maler bekannten Joseph Lange herrührt. Von
A g r i c o 1 a ist eine bis ins kleinste Detail durchge
arbeitete Miniaturkopie nach Raphaels Selbstbildnis
und ein mit hauchartiger Zartheit ausgeführtes
Miniaturköpfchen der Maria Preindl zu sehen, einer
der bekanntesten amoureusen Damen des alten Wien,
welche Agricola übrigens zu wiederholtenmalen im
Bilde festgehalten und unter anderem auch in der be
kannten Radierung als „Tausendgüldenkraut“ der
Nachwelt überliefert hat. Hummel ist durch ein
Brustbildnis des Joseph Bonaparte, der ältere Lie
der unter anderem auch durch ein meisterlich durch
komponiertes Damenbildnis von altwienerischem
Charme und wohlabgestimmter Farbigkeit, vertreten.
Johann E d e r lenkt unsere Aufmerksamkeit auf das
Gürtelbild einer jugendlich schönen, schleierumwo-
benen Gräfin Apponyi, Gabriel Decker auf das mit
gewinnender Naturtreue erfaßte Bildnis des Miniatur
kopisten G o e s 11, Carl Marko auf ein charmantes
Miniaturporträt seiner Frau. Von D a f f i n g e r sind
acht Miniaturen vorhanden, Früharbeiten und Werke
seiner Reifezeit. Es befinden sich darunter: das
jugendlich forsche Selbstporträt mit der stutzerhaft
eleganten Aufmachung der Dreißigerjahre, das durch
seine Farbigkeit hervortretende Oelbildnis seiner Gat
tin aus reiferen Jahren, welches in ihrem voller ge
wordenen Gesicht den wunderbaren Glanz der Augen
und den sinnlichen Schwung der Lippen mit gewohn
ter Meisterschaft wiedergibt, ferner das duftige Em
pirebildnis eines jungen Mädchens, das fälschlich als
Porträt der Sophie Müller bezeichnet wurde, das
blondgelockte schwärmerisch aufblickende Köpfchen
der Sängerin Wilhelmine Schröder-Devrient, der
Tochter der berühmten Tragödin, weiters das mit all
den Ausdrucksmitteln Daffingerscher Verschöne
rungskunst fertiggestellte Hüftbild einer Dame in
einer Landschaft und noch einige Herrenbildnisse,
denen die spezifischen Merkmale seiner bodenständi
gen Milieuschilderung und Charakterwiedergabe eig
nen. Von den Schülern Daffingers stellt sich Peter
gleich mit neun Miniaturen ein. Es sind durchwegs
Frauenbildnisse, die mit gereiftem Geschmack und
technischem Können gemalt sind und die dem nur
wenig differenzierten Realisierungsbedürfnis der Zeit
mehr oder minder strengen Tribut entrichten. Wir
nennen etwa: das lebenssprühende Bildchen einer
feschen, 'riegelsamen Wienerin, die über dem pech
schwarzen, lockengeringelten Haar einen breiten,
modischen Seidenhut trägt, von welchem ein gestick
ter weißer Gazeschleier tief in den Rücken herabfällt,
ferner das mondäner wirkende Brustbild der Schau
spielerin Schaffer vom alten Carltheater, die jugend
lichen Porträtköpfe der Gräfinnen Erdödy, das Bild
nis der Tochter des Dichters Collin und auch noch das
reizvolle Gürtelbild einer schlanken, jungen Dame in
rosa Kleid, die am Scheitel ihres glattfrisierten Haares